§ 648a BGB – die Streitwertdiskussion


Zumindest im Garten- und Landschaftsbau scheint § 648a BGB ein Schattendasein zu führen. Verständlich ist dies nicht,

erlaubt die Vorschrift es dem Auftragnehmer doch eine Sicherheit für den noch offenen Werklohn zzgl. weiterer 10 % für etwaige Nebenforderungen zu erlangen. Zwar muss er die Kosten dieser Sicherheit gegenüber dem Auftraggeber tragen, lebt fortan jedoch in der Gewissheit, seine Ansprüche notfalls gegenüber dem Bürgen durchsetzen oder die in anderer Form gewährte Sicherheit verwerten zu können. Zumeist wird über die Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB erst dann diskutiert, wenn auf der Baustelle Probleme auftauchen.

Vereinzelt wird die Ansicht angetroffen, wenn man ohnehin bereits über Schlussrechnungsbeträge streitet, sei die Anforderung einer Sicherheit nach § 648a BGB nicht mehr möglich, zumindest aber sinnlos. Beides ist falsch. Zunächst bestimmt das Gesetz mittlerweile in § 648a Abs. 1 Satz 3 BGB, dass der Anspruch des Unternehmers auf Sicherheit nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass das Werk bereits abgenommen wurde. Damit kann eine Sicherheit auch noch nach Abnahme verlangt werden. Außerdem ist die Forderung der genannten Sicherheit in diesem Verfahrensstand durchaus sinnvoll. Zunächst bestimmt § 648a Abs. 1 Satz 3 BGB, dass die Sicherheit auch dann zu stellen ist, wenn der Besteller weiterhin Erfüllung verlangen kann. Auch nach der Abnahme kann die Sicherheit bei ausstehenden Mängelbeseitigungsleistungen nicht verweigert werden. Nach § 648 Abs. 1 Satz 4 BGB darf der Auftraggeber zudem dem Sicherheitsverlangen keine Aufrechnungsrechte entgegenstellen, solange diese nicht rechtskräftig entschieden oder durch den Auftragnehmer anerkannt sind. Damit sind die Möglichkeiten des Auftraggebers, die Stellung der Sicherheit zu verhindern, deutlich geringer als seine Möglichkeiten, die Zahlung der Vergütungsforderung abzuwenden.

Es kommt vor diesem Hintergrund durchaus vor, dass im Rahmen eines Klageverfahrens nicht nur die Vergütung sondern parallel eine Sicherheit nach § 648a BGB eingeklagt wird. Dies geschieht in der Hoffnung, über die Sicherheit aufgrund des Ausschlusses der vorstehend genannten Einwendungen und Einreden ein relativ kurzfristiges Teilurteil zu erhalten und so zumindest erst einmal abgesichert zu sein. In diesem Zusammenhang ist die Diskussion darüber entbrannt, wie sich die Forderung der Sicherheit auf den so genannten Streitwert auswirkt. Dieser ist für die Frage der Kosten des Verfahrens von einiger Relevanz: Je höher der Streitwert ist, umso höher wird die gesetzmäßige Vergütung der Rechtsanwälte nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), umso höher sind jedoch auch die Gerichtskosten. Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte mit Beschluss vom 22.02.2012 – 4 W 34/11 festgestellt, dass die beiden Werte, also diejenigen der Vergütungsklage und der Klage auf Stellung der Sicherheit, nicht zu addieren seien. Sie seien auf den gleichen Streitgegenstand ausgerichtet, so dass der höhere der beiden Werte die Grundlage für die Streitwertfestsetzung bilde. Wird also ein Restvergütungsanspruch i.H.v. 10.000,00 € und eine Sicherheit i.H.v. 11.000,00 € verlangt, läge der Streitwert bei 11.000,00 €. Anders sah dies das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 05.06.2012 – 23 W 30/12. Hiernach sollte eine Addition der einzelnen Beträge stattfinden. In unserem Beispiel läge der Streitwert demnach bei 21.000,00 €. Nun hat sich auch das Oberlandesgericht Stuttgart in die Diskussion eingemischt. Wie auch das Oberlandesgericht Brandenburg vertritt das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 26.03.2013 – 10 W 14/13 die Ansicht, dass für die Festsetzung des Streitwertes allein die Höhe des Anspruchs mit dem größeren Wert relevant ist. In unserem Beispiel läge der Streitwert demnach also bei 11.000,00 €.

Wie genau sich die anderen Gerichte positionieren werden, ist derzeit nicht zu prognostizieren. Allerdings sollte die Streitwerthöhe nicht davor abschrecken, die Sicherheit zu fordern, kann sie, wenn sie gestellt wird, bei späterer Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers Gold wert sein.

Die Baunebenkosten und deren Umlage

Der Unternehmer hat sich bereits daran gewöhnt: Bei nahezu jedem Bauvertrag, welcher ihm von größeren Auftraggebern oder von solchen Auftraggebern, die durch Architekten beraten sind, präsentiert wird, wird eine Umlage für Wasser, Baustrom und gegebenenfalls Sanitäreinrichtungen vereinbart. Gerade in letzter Zeit sind uns jedoch vermehrt Klauseln über den Weg gelaufen, bei denen es offenbar nicht mehr für notwendig gehalten wird, die einzelnen Leistungen, für welche die Umlage verlangt werden soll, näher zu bezeichnen. Dann heißt es beispielsweise, dass 0,75 % des Schlussrechnungsbetrages als Kostenanteil für Baunebenkosten von der Schlussrechnungssumme in Abzug gebracht werden. Auch Klauseln, wie „Bauumlagekosten: 0,75 %“ sind uns bereits zur Überprüfung vorgelegt worden.

Nun muss man wissen, dass sich der Auftragnehmer diese Abzüge, selbst wenn sie vertraglich vereinbart sind, nicht generell gefallen lassen muss. Ist beispielsweise eine Bauumlage für Wasser vereinbart, nutzt der eingesetzte Auftragnehmer jedoch gar kein Wasser von den dort vorhandenen Zapfstellen, muss er sich an der Bauumlage auch nicht beteiligen. Diese stellt nämlich lediglich ein Angebot für die Unternehmer dar, die fraglichen Einrichtungen zu nutzen. Tun sie dies, müssen sie den Verbrauch mit der Umlage vergüten, ohne dass es auf die konkrete Verbrauchsmenge ankäme.

Verwendet man aber eine der vorstehenden, nicht genau bezeichneten Klauseln, weiß der Unternehmer nicht, für welche Leistungen er sich überhaupt den Abzug gefallen lassen muss. Insofern besteht eine Ungenauigkeit, die das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 10.01.2013 – 21 U 14/12 als in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr hinnehmbar angesehen hat. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Klausel gegen § 307 BGB verstößt, da sie nicht klar und verständlich sei. So könne der Unternehmer gar nicht erkennen, welche Baunebenkosten überhaupt erfasst sein sollen. Insofern könne nicht einmal ausgeschlossen werden, dass dem Auftragnehmer Kosten für Leistungen auferlegt werden sollen, die er gemäß der VOB/C, DIN 18299 bereits als Nebenleistung in natura erbringen muss (z.B. die Baureinigung des eigenen Arbeitsbereichs). Würde die Umlage zusätzlich hierauf erstreckt, müsste er quasi doppelt zahlen: einmal dadurch, dass er seine Baustelle sauber hält und einmal über die Umlage, ohne dass der AG erkennbare Leistungen erbringt.

Das Gericht stellte – ohne dies entscheiden zu müssen – zudem heraus, dass auch problematisch sein könne, dass der Auftragnehmer ein Entgelt zahlen müsse, unabhängig davon, in welcher Höhe überhaupt Verbrauchskosten angefallen seien. Leider musste das Oberlandesgericht Hamm diese Frage nicht beantworten, so dass sie offen blieb.

Für den Auftragnehmer bedeutet dies, nicht alle Abzüge kritiklos zu akzeptieren. Wir halten es für wichtig, zu überprüfen, ob diese überhaupt berechtigterweise vorgenommen wurden. Gerade dann, wenn man im Einzelfall ohnehin über eine Restvergütung streiten muss, lohnt es sich, auch unberechtigte Umlagen zur Diskussion zu stellen.

Verstehe deinen Anwalt – Glaubhaftmachung

Ein Wort, wie es sich nur Juristen ausdenken können: Glaubhaftmachung (zugegeben: auch Behördenvertreter wären zu dieser Wortschöpfung fähig gewesen). Mit der Bedeutung des Begriffs verabschieden wir uns jedoch direkt wieder aus der durch Fakten und Beweise geprägten Welt des Juristen und begeben uns zu den Philosophen. Ja, auch der Jurist ist zu philosophischen Höhenflügen befähigt. Während ein so genannter „Vollbeweis“ es erforderlich macht, dass eine Begebenheit quasi feststeht (zumindest zur Überzeugung des Gerichts), schwebt die Glaubhaftmachung in anderen Sphären. Es genügt die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ des Nachweises der Richtigkeit einer Behauptung. Endlich darf der Richter einmal aus dem (vollen) Bauch heraus entscheiden, ob er diese Wahrscheinlichkeit ebenso annimmt, wie die Partei, die sich darauf beruft. Ausreichend zur Glaubhaftmachung ist vielfach übrigens die „Eidesstattliche Versicherung“ einer Prozesspartei. Das sieht dann so aus, dass beispielsweise der Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens auf einem isolierten Zettel an Eides statt versichert, dass der ganze Müll, den sein Anwalt im Schriftsatz geschrieben hat, auch wirklich stimmt. *Tusch* Glaubhaftmachung gelungen! Leider funktioniert das nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen, etwa für die Frage, ob ein selbständiges Beweisverfahren zulässig ist. Um am Ende des Tages den Werklohn zu erhalten, muss dann doch der volle Beweis der Berechtigung angetreten werden.

Erschienen im Mai 2013 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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