Im Rahmen eines VOB/B Vertrages ist es dem Auftraggeber gestattet, Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen. Damit weicht der Text der VOB/B deutlich von den Inhalten des BGB ab.
Dort kann eine Anordnung gemäߧ 650 Abs. 2 S. 1 BGB erst dann erfolgen, wenn die Parteien in einer 30-tägigen Verhandlungsphase keine Einigung erzielen konnten. Damit hat der Auftraggeber im VOB-Vertrag einen deutlichen Vorteil: Er muss keine Fristen einhalten und kann – zumindest bei Annahme der Wirksamkeit des § 1 Abs. 3 VOB/B – seinen Wunsch nach einer Leistungsänderung umgehend verfolgen.
Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine Einigung über die Vergütung erzielt haben oder ob überhaupt ein Angebot über eine geänderte Vergütung vorliegt. Dass das nicht jedem Auftragnehmer passt, dürfte auf der Hand liegen. Auftraggeber indessen sollten nicht zu sorgsam mit ihrem Anordnungsrecht umgehen. Dass das BGB nämlich durchaus in den VOB-Vertrag hineinreichen kann, zeigt nun der Beschluss des OLG Schleswig vom 12. Dezember 2022 (1 U 54/22), der aufgrund der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH mit Beschluss vom 21. August 2024 – VII ZR 5/23 nunmehr rechtskräftig geworden ist.
Textform vorgesehen
Die dortige Anordnung, die auf § 1 Abs. 3 VOB/B basierte, erfolgte mündlich. Das BGB sieht aber für die Anordnung einer Vertragsänderung die Textform zwingend vor. In diese Wunde legte das OLG Schleswig seinen Finger bereits in dem vorangegangenen Beschluss vom 10. Oktober 2022, indem es diese Formvorgabe des BGB auch im VOB-Vertrag anwendete. Tatsächlich kann man auch durch eine vertragliche Vereinbarung nicht von der gesetzlichen Form abweichen, da eine gesetzliche Formvorgabe stets einen Schutzzweck erfüllen soll. Lediglich in Ausnahmefällen kann die Verletzung einer Formvorschrift später geheilt werden.
VOB/B noch nicht angepasst
Daher ist die Ansicht des OLG Schleswig stringent, wenngleich nicht unumstritten. So wird eingewandt, dass die Systematik der Nachtragsanordnungen der VOB/B sich von der Nachtragssystematik des BGB derart unterscheidet, dass das Formerfordernis bei Nachträgen nach dem BGB nicht auf die Nachträge der VOB/B übertragen werden könne. Hiermit wird den Baubeteiligten erneut eineUnsicherheit auferlegt.
Da die VOB/B noch immer nicht auf das Bauvertragsrecht des Jahres 2018 angepasst ist, tun sich immer wieder Diskrepanzen zwischen diesen Regelwerken auf, die die Parteien nicht selbst entscheiden können. Hier ist die Frage, ob Anordnungen nach § 1 Abs. 3 VOB/B und im Ergebnis auch nach § 1 Abs. 4 VOB/B dem Textformerfordernis des § 650b Abs. 2 S. 1 BGB unterliegen.
DEGA-Tipp: Auftraggeber veranlassen, Anordnungen in Textform auszusprechen
Trotz der Unsicherheiten kann hierin durchaus eine Chance liegen. Unter Hinweis auf die vorliegende Entscheidung können Auftraggeber veranlasst werden, Anordnungen eindeutig und mindestens in Textform auszusprechen. Damit werden sie gezwungen, faktisch auch eine Aussage zur zusätzlichen Vergütungspflicht zu treffen, wenngleich eine konkrete Vergütungsvereinbarung zur Höhe noch nicht erfolgen muss. Jedenfalls aber kann sich der Auftraggeber, der sich mit einer Aufforderung, die Anordnung in Textform zu erteilen, konfrontiert sieht, nur schwerlich dagegen wehren. Zumindest läuft er dann Gefahr, dass die Anordnung nicht formgerecht ausgesprochen wurde und eine Verweigerung der Ausführung zu Recht erfolgt.
Erschienen im Februar 2025 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.