Anmeldung von Bedenken – Teil 2


Verhalten nach der Bedenkenanmeldung

Wie wir in der vergangenen Ausgabe festgestellt haben, ist es das zentrale Ziel der Bedenkenanmeldung, den Auftraggeber zu informieren, zu schützen und zu warnen. Er soll in die Situation versetzt werden, eine drohende Schadenssituation abzuwenden. Über die Konsequenzen der Bedenkenanmeldung haben wir jedoch noch nicht gesprochen.

Schaut man sich in diesem Zusammenhang § 13 Nr. 3 VOB/B an, wird man zunächst erschrocken sein. Hiernach soll der Auftragnehmer doch tatsächlich für Mängel haften, die auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers zurückzuführen sind. Gleiches gilt für Mängel, die entstanden sind, weil die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Materialien oder aber die Vorleistungen anderer Auftragnehmer mangelhaft gewesen sind. Erleichterung stellt sich erst ein, wenn man die Vorschrift bis zum Ende gelesen hat. Die Mängelhaftung tritt nämlich dann nicht ein, wenn der Auftragnehmer seine Bedenken nach § 4 Nr. 3 VOB/B ordnungsgemäß angemeldet hat.

Neben die Schwierigkeiten der korrekten Formulierung, die wir im letzten Heft behandelt haben, tritt das Problem des korrekten Verhaltens nach Absendung der schriftlichen Bedenkenanmeldung. Dies beginnt schon damit, dass der Auftragnehmer den Zugang seiner Bedenkenanmeldung beim Auftraggeber nachweisen muss.

Das Problem des Zugangs

Hierbei stellt sich zunächst die Frage, was überhaupt unter einem Zugang einer Erklärung zu verstehen ist. Zugegangen ist ein Schriftstück dann, wenn es in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Dies muss so geschehen, dass der Empfänger unter den üblichen Erwartungen vom Inhalt der Erklärung Kenntnis nimmt. Dass er sich das Schreiben tatsächlich durchliest, ist allerdings für den Zugang nicht erforderlich. Selbst wenn er das betreffende Schreiben also ungeöffnet in den Papierkorb wirft, ist es ihm dennoch zugegangen.

Eine der häufigsten Einwendungen der Empfänger eines Schriftstücks ist es, schlichtweg zu behaupten, das Schriftstück nie empfangen zu haben. Zumeist befindet sich der Auftragnehmer in diesen Fällen in Beweisnot. Er hat niemals gesehen, dass ein Postbote tatsächlich den Brief in den Briefkasten seines Auftraggebers geworfen hat. Das Dilemma wird umso größer, wenn man sich vor Augen führt, dass auch ein Faxsendebericht bei Gericht nicht als volltauglicher Beweis anerkannt ist. Hier gibt es jedoch einen Trick: Versenden Sie die Bedenkenanmeldung vorab per Telefax. Sodann lassen Sie einen Ihrer Mitarbeiter bei dem Empfänger anrufen und dort nachfragen, ob das Telefax, welches soeben versendet wurde, angekommen ist. Wird dies bejaht, sollte der Mitarbeiter hierüber einen handschriftlichen Aktenvermerk auf dem Faxsendeprotokoll notieren. Er sollte dabei den genauen Zeitpunkt des Anrufs, den Namen des Gesprächspartners und den Inhalt des Gesprächs notieren. In einem Gerichtsverfahren kann dann nicht nur der Faxsendebericht vorgelegt werden. Zusätzlich kann der betreffende Mitarbeiter die Versendung und den Eingang des Faxes beim Auftraggeber als bestätigen.

Parallel zum Telefax empfiehlt sich zudem die Absendung als Einschreiben/Rückschein, wobei in einem Postausgangsbuch von einer hierfür zuständigen, als Zeuge dienenden Person zudem notiert werden sollte, welches Schreiben konkret versendet wurde. Ansonsten setzt man sich der Gefahr aus, dass der Empfänger behauptet, nur ein leeres Blatt oder ein anderes Schriftstück erhalten zu haben.

Zurück zur Bedenkenanmeldung

Wie geht es aber weiter, wenn der Auftraggeber die schriftliche Bedenkenanmeldung erhalten hat? Falsch ist es sicherlich, eine Bedenkenanmeldung zu versenden und just im gleichen Moment mit den Arbeiten fortzufahren, die man selbst als kritisch angesehen hat. Aus dem Zweck der Bedenkenanmeldung, den Auftraggeber vor Mängeln zu schützen, ergibt sich, dass diesem eine Reaktionsfrist verbleiben muss.

Häufig reagieren Auftraggeber tatsächlich auf die Bedenkenanmeldung. Allerdings geschieht dies regelmäßig in sehr unkonstruktiver Art und Weise. Zumeist – und dies kennt jeder Landschaftsgärtner – wird ein Schreiben versendet, mit dem die Bedenken pauschal und ohne inhaltliche Auseinandersetzung zurückgewiesen werden. Damit macht der Auftraggeber deutlich, dass er auf den bisherigen Vertragsinhalt bzw. seinen bisherigen Anordnungen besteht. In diesen Fällen ist § 4 Nr. 1 Abs. 4 VOB/B anzuwenden. Der Auftragnehmer hat also die verlangte Leistung grundsätzlich auszuführen. Von einer Haftung für spätere Schäden ist er nach § 13 Nr. 3 VOB/B jedoch befreit. Zu empfehlen ist in diesen Fällen regelmäßig, nach Erhalt der Mitteilung des Auftraggebers diesem gegenüber schriftlich die anweisungsgemäße Fortsetzung der Arbeiten zu bestätigen und darüber hinaus jegliche Verantwortung für etwaige Schäden, die aus der Fortführung der Leistung resultieren, abzulehnen.

Vorsicht: gesetzliche oder behördliche Bestimmungen

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn die Anweisungen des Auftraggebers gegen gesetzliche oder behördliche Bestimmungen verstoßen. Hierauf sollte der Auftragnehmer in seiner Bedenkenanmeldung deutlich hinweisen und seine Arbeiten – unabhängig von anders lautenden Anweisungen – einstellen. Dass er zur Leistungsverweigerung berechtigt und verpflichtet ist, ergibt sich in diesen Spezialfällen aus § 4 Nr. 1 Abs. 4 Satz 1 VOB/B.

Übrigens: DIN-Vorschriften oder solche der FLL stellen weder gesetzliche noch behördliche Bestimmungen dar. Ein bloßer Verstoß gegen diese führt daher nicht zur Anwendung des § 4 Nr. 1 Abs. 4 Satz 1 VOB/B.

Aus dem bereits kennen gelernten Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) wird dem Auftragnehmer zudem ein Leistungsverweigerungsrecht zuerkannt, wenn bei weisungsgemäßer Fortführung der Arbeiten ein erheblicher Leistungsmangel oder ein nicht nur geringfügiger Schaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch die Ausführung der Anordnungen des Auftraggebers unmittelbare Gefahr für Leib und Leben Dritter droht. Gerade in diesem Fall ist besondere Vorsicht angebracht. Die Arbeitseinstellung ist auch aus Sicht des Auftragnehmers nahezu zwingend: Wenn der Auftraggeber eine mangelhafte Leistung wünscht, ist dies grundsätzlich seine Sache. Wirkt sich aber die Mangelhaftigkeit so aus, dass Dritte zu Schaden kommen können oder der Auftragnehmer klar rechtswidrig handelt, sich vielleicht sogar einer Strafverfolgung aussetzt, kann eine derartig mangelhafte Bauweise nicht verlangt werden.

Hierzu ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, unsere Beispielsfirma Grünes Glück soll an einem Kinderspielplatz eine aufwändige Bepflanzung ausführen. Unter anderem soll eine Pflanze zum Einsatz kommen, deren Früchte leicht mit einer bei Kinder beliebten Obstsorte verwechselt werden können. Die Früchte der geplanten Pflanzen sind jedoch hochgradig giftig und können bei Kindern sogar zum Tode führen. Richtig ist es, in diesem Fall Bedenken anzumelden. Ordnet der Auftraggeber dennoch die Verwendung der genannten Pflanzen an und werden diese tatsächlich eingepflanzt, besteht für den Landschaftsgärtner ein hohes Risiko. Wird tatsächlich ein Kind verletzt oder sogar getötet, kann dies dazu führen, dass die Firma Grünes Glück wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht haftet, sich gegebenenfalls sogar wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung strafbar macht.

Doch nicht nur im Bereich bereits fertig gestellter Leistungen lassen sich derartige Problemfälle finden. So kann zur Vermeidung von Verletzungen im Einzelfall eine besondere Sicherungsmaßnahme während der Bauausführung zwingend erforderlich sein. Wenn diese isoliert vergütungspflichtig, jedoch nicht ausgeschrieben ist, wird man nicht darum herumkommen, diesbezüglich Bedenken anzumelden. Teilt der Auftraggeber diese Bedenken nicht und wird schlussendlich die Sicherung nicht angebracht, haftet der Landschaftsgärtner dennoch gegenüber Dritten, die hierdurch zu Schaden kommen.

Deswegen besteht Einigkeit, dass der Auftragnehmer im Fall der Gefahr für Leib und Leben tatsächlich ein Leistungsverweigerungsrecht hat. Er muss in diesen Fällen jedoch zwingend darauf achten, nicht nur seine Bedenken anzumelden, sondern zugleich eine entsprechende Behinderungsanzeige zu versenden. Weist der Auftraggeber die Bedenkenanmeldung zurück, empfiehlt sich ein weiteres Schreiben, in dem der Umfang der Bedenken nochmals deutlich mitgeteilt wird und zudem eine (weitere) Behinderungsanzeige erfolgt.

Verzögerungen

In vielen Fällen verzögert der Auftraggeber die von ihm aufgrund der Bedenkenameldung zu treffende Entscheidung oder reagiert einfach überhaupt nicht. Teilweise wird insoweit vertreten, dass ein Auftragnehmer dann befugt ist, nach angemessener Wartezeit mit der Leistungsausführung fortzufahren. Wir halten dies jedoch für gefährlich.

Nach unserem Dafürhalten sollte bereits innerhalb der Bedenkenanmeldung eine Frist zur Rückäußerung gesetzt werden. Diese sollte angemessen gewählt sein, also sowohl die Dringlichkeit der Fortführung der Leistungen berücksichtigen, als auch dem Auftraggeber genügend Zeit zur Prüfung und Entscheidung lassen. Nach Ablauf dieser Frist ist es sinnvoll, den Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass man aus seiner fehlenden Erklärung den Schluss ziehe, dass er die Bedenken nicht teile. Sodann sollte man ihn informieren, dass man nunmehr mit den Leistungen fortfahre, wie sie beschrieben oder angeordnet wurden, jedoch von der Haftung frei sei. Auch hier empfiehlt es sich dem Auftraggeber gegebenenfalls noch eine Reaktionsfrist von kurzer Dauer zuzugestehen. Dies kann geschehen indem man darauf hinweist, dass man am folgenden Tage ab 8.00 Uhr mit den Leistungen fortfahren wird, soweit man keine anderweitige Rückmeldung erhält. Hierdurch wird dem Auftraggeber nochmals eine letzte Gelegenheit zur Reaktion gegeben.

Insoweit sei aber nochmals betont: In den oben beschriebenen Problemfällen, nämlich der Gefahr für Leib und Leben, des wahrscheinlichen Eintritts eines hohen Schadens oder bei dem Verstoß gegen gesetzliche oder behördliche Vorschriften, ist dieser Weg nicht zulässig. Dort empfiehlt sich allein die Arbeitseinstellung.

Vorschläge und neue Anordnungen

Wie wir bereits mitgeteilt haben, sollte der Landschaftsgärtner, wenn er die ursprüngliche Planung nicht zu verantworten hat, mit der Bedenkenanmeldung im Regelfall keinen Verbesserungsvorschlag unterbreiten. Hierfür könnte er nämlich im Nachhinein als Planungsverantwortlicher in Haftung genommen werden.

Dies kann durchaus kritisch sein. Stellen Sie sich etwa vor, es soll eine Böschung errichtet werden, hinsichtlich derer erhebliche Bedenken bezüglich der Standsicherheit bestehen. Richtig ist, wenn der Landschaftsgärtner diese Bedenken schriftlich mitteilt. Unterbreitet er jedoch einen Vorschlag zur Stabilisierung der Böschung, so ist er hieran haftungsrechtlich gebunden. Wird dieser Vorschlag sodann seitens des Auftraggebers akzeptiert, von dem Landschaftsgärtner ausgeführt und stellt sich schlussendlich heraus, dass die Standsicherheit der Böschung auch mit dieser Maßnahme nicht erreicht werden kann, wird dieser Umstand auf dem Rücken des Landschaftsgärtners ausgetragen werden. Dies gilt es zu vermeiden. Von Änderungsvorschlägen ist daher grundsätzlich Abstand zu nehmen.

Ordnet der Auftraggeber eine neue Ausführung oder neue Materialien aufgrund der Bedenkenanmeldung an, darf der Auftragnehmer seine Hände nicht in den Schoss legen. Vielmehr sind auch diese neuen Anordnungen, etc. wiederum darauf zu prüfen, ob Bedenken bestehen. Wenn dies der Fall ist, muss der Landschaftsgärtner wiederum Bedenken anmelden. So ist mit jeder neuen Anordnung oder Umplanung zu verfahren.

Erschienen im Mai 2008 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.

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