Außerhalb der Geschäftsräume geschlossene Verträge


Eine relativ relevante Fallgruppe haben wir im Rahmen der Auseinandersetzung mit den außerhalb der Geschäftsräume geschlossenen Verträgen innerhalb der DEGA Nr. 7 noch ausgespart: Nicht selten wird sich folgendes abspielen: Bei dem Landschaftsbauunternehmen meldet sich ein Verbraucher und berichtet, er plane die Umgestaltung oder Neuerrichtung seines Gartens. Daraufhin stimmt der Landschaftsbauunternehmer mit dem Kunden einen Termin in seinem Wohnhaus ab, bei welchem verschiedene Varianten durchgesprochen und die Grundlagen der Planung abgestimmt werden. Nachfolgend, vielleicht auch nach mehreren Terminen vor Ort, begibt sich der Unternehmer in seine Büroräume und verfasst ein detailliertes Vertragsangebot, welches er dem Kunden auf dem Postweg zukommen lässt. Der Verbraucher erhält dieses Angebot, bewertet es, zeichnet gegen und sendet das gegengezeichnete Angebot an das anbietende Unternehmen zurück. Damit – dies dürfte allen klar sein – ist der Vertrag erst einmal zustande gekommen. Es fragt sich jedoch, ob auch hier ein Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume anzunehmen ist, da der Kunde die Geschäftsräume des Unternehmers in diesem Beispiel zu keinem Zeitpunkt betreten hat. Dennoch wird dieser Fall nicht unter den § 312b BGB fallen, der die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge definiert. Hintergrund ist, dass der Regelfall der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge dann vorliegt, wenn beide Parteien bei Vertragsunterschrift außerhalb besagter Geschäftsräume körperlich anwesend sind, sich also treffen. Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Sodann werden unter § 312 BGB Abs. 1 S. 1 Nr. 2-4 weitere Regelfälle definiert, die ebenfalls zu außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen führen. Auch diese sind vorliegend nicht gegeben. Tatsächlich ist diese Bewertung auch korrekt, da eine Drucksituation, in welcher sich der Verbraucher verpflichtet fühlen könnte, den Vertrag abzuschließen, gar nicht existent ist.

Man muss den vorstehenden Fall jedoch nur leicht modifizieren, um zu einem Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume zu gelangen. Hier ist tatsächlich Vorsicht geboten. Stellen wir uns vor, nicht der Verbraucher meldet sich beim Unternehmer, sondern der Unternehmer spricht den Verbraucher unmittelbar vor Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume persönlich und individuell an. Wenn dann im unmittelbaren Nachgang der Besuch beim Kunden stattfindet, das Angebot per Post versandt und von diesem unmittelbar gegengezeichnet und zurückgesandt wird, liegt nach § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB tatsächlich ein Vertrag außerhalb der Geschäftsräume vor.

Wir können als Zwischenfazit festhalten, dass es teilweise von Nuancen der Fallgestaltung abhängen kann, ob ein außerhalb der Geschäftsräume geschlossener Vertrag anzunehmen ist oder nicht. Wir halten es für wichtig, dass jedes Unternehmen fortan den genauen Hergang der Vertragsanbahnungsphase und des Vertragsschlusses für jeden einzelnen Auftrag eines Verbrauchers dokumentiert, damit später genau dargelegt werden kann, wie es zu dem Vertragsschluss gekommen ist.

Noch etwas ist von einiger Wichtigkeit: In einzelnen Punkten besteht bereits jetzt Streit in der rechtlichen Literatur, was dazu führt, dass in gewissen Fallkonstellationen nicht genau prognostizierbar ist, wie das später entscheidende Gericht hierüber denkt. Wir halten es für sinnvoller, den Verbraucher in Zweifelsfällen über ein Widerrufsrecht zu belehren. Zwar würde dies dazu führen, dass dieses Widerrufsrecht, bestünde es nicht aus gesetzlichen Gründen, vertraglich eingeführt wird, jedoch kann der Unternehmer nach 14 Tagen sicher sein, dass es erloschen ist. Würde er in einem derartigen Fall sich auf diejenige Ansicht verlassen, die einen außerhalb der Geschäftsräume geschlossenen Vertrag ablehnt und setzte sich schlussendlich bei Gericht jedoch die genau gegenteilige Ansicht durch, bestünde ein gesetzliches Widerrufsrecht. Da der Unternehmer hierüber jedoch nicht informiert hätte, weil er sich auf die ablehnende Ansicht verlassen hat, bestünde dieses Widerrufsrecht ein Jahr und 14 Tage. Die Tatsache, dass Leistungen bereits ausgeführt wurden, ändert hieran nichts, wie wir in DEGA Nr. 6/2014 bereits dargestellt haben.

Nun hatten wir auf die Informationspflichten bei Vertragsabschlüssen und die bestehenden Widerrufsrechte bereits hingewiesen. Man wird sich allerdings die Frage stellen müssen, was eigentlich geschieht, wenn in bereits bestehenden Verträgen Änderungen vereinbart werden müssen. Hier hatten wir bereits in der Vergangenheit dargestellt, dass der Unternehmer gegenüber einem Verbraucher auf die VOB/B verzichten und als Grundlage BGB-Werkverträge abschließen sollte. Allein dies entspricht der Forderung des § 310 Abs. 3 BGB. Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches ist aber, dass ein einmal geschlossener Vertrag nicht einfach einseitig geändert werden kann. Hierzu bedarf es vielmehr des Konsenses der Vertragsparteien. Anders ausgedrückt: Erbittet ein Verbraucher eine Zusatzleistung oder wünscht er, dass eine vertraglich bereits vereinbarte Leistung geändert wird, wird, wenn sich der Unternehmer hierauf einlässt, eine (neue) vertragliche Vereinbarung hierüber geschlossen. Damit müssten eigentlich auch insofern die verbraucherschützenden Normen Anwendung finden. Schauen wir uns den typischen Ablauf eines Nachtragsverlangens an, zeigt sich die wirkliche Problematik: Üblicherweise ist es nämlich nicht so, dass der Unternehmer und der Verbraucher in den Büroräumen des Unternehmers einen Vertrag zur Änderung des Ausgangsvertrages abschließen. Vielfach – dies entspricht zumindest unserer Erfahrung – wird der Mitarbeiter auf der Baustelle direkt angesprochen und die Änderungsleistung wird unmittelbar ausgeführt oder aber der Geschäftsführer wird zum Auftraggeber bestellt. Dort bespricht man die Änderungen und es erfolgt kein weiterer schriftlicher Kontakt. Streng genommen handelt es sich dann jedoch um einen Vertragsabschluss außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers in Bezug auf den fraglichen Nachtrag. Legt man insofern einen strengen Auslegungsmaßstab an, bedeutet dies, dass der Kunde nicht nur ein Anrecht darauf hat, dass ihm der Nachtragsinhalt in Textform übermittelt wird. Ihm müsste dann auch zumindest in Bezug auf den vereinbarten Nachtrag ein Widerrufsrecht zustehen. Wird er über dieses nicht belehrt, besteht besagtes Widerrufsrecht für einen Zeitraum von einem Jahr und 14 Tagen bezogen auf den Nachtrag. Bedauerlicherweise wird dieser Umstand in der Literatur derzeit offenbar nicht diskutiert. Ein entgeltlicher Vertrag mit einem Verbraucher, wie ihn § 312 Abs. 1 BGB zur Eröffnung des Anwendungsbereichs der verbraucherschützenden Vorschriften verlangt, wird jedoch zu bejahen sein. Die Ausnahmen des § 312 Abs. 2 BGB sind hier ebenfalls ersichtlich nicht einschlägig. Vor diesem Hintergrund ist zumindest kein gesetzlicher Grund erkennbar, warum vereinbarte Zusatzleistungen oder die Vereinbarung von Leistungsänderungen den vorstehend und in den vergangenen Ausgaben der DEGA diskutierten Problembereichen nicht unterfallen sollten. Zwar mag es sein, dass die Rechtsprechung in Zukunft gewisse Erleichterungen in diesem Zusammenhang vorsieht. Dies kann jedoch nach diesseitiger Ansicht nicht sicher prognostiziert werden. Man mag sich hierbei vor Augen führen, dass gerade Nachtragsleistungen aus Verbrauchersicht erhebliche Überraschungen, insbesondere massive Preissteigerungen beinhalten können, so dass sicherlich ein gewisses Schutzbedürfnis angenommen werden könnte. Vor diesem Hintergrund und nach den vorstehenden Hinweisen zum Umgang mit einer nicht wirklich sicheren Einordnung als Vertrag außerhalb der Geschäftsräume, empfiehlt es sich, das Belehrungssystem auch bei Nachträgen zu praktizieren oder dafür Sorge zu tragen, dass die Situation eines außerhalb der Geschäftsräume abgeschlossenen Nachtrages nicht eintritt. Denkbar wäre es insofern, unter anderem entsprechend dem oben genannten Beispielsfall zu agieren: Die Wünsche des Kunden können gerne vor Ort aufgenommen werden. Sodann wird das konkrete Nachtragsangebot auf dem Postweg oder durch Verwendung anderer Fernkommunikationsmittel unterbreitet und der Verbraucher gebeten, das Angebot durch Gegenzeichnung zu akzeptieren und zurückzusenden. Geschieht dies, ist der Nachtrag nicht nur nachweislich beauftragt. Nach vorstehenden Erörterungen fehlt es zudem an einem außerhalb der Geschäftsräume geschlossenen Vertrag, so dass zumindest die Widerrufsmöglichkeit mit Sicherheit nicht eröffnet ist. Außerdem hat man mit einem derartigen Vorgehen die Verpflichtung des § 312f BGB erfüllt, wonach dem Verbraucher das Vertragsdokument zu übergeben ist. Hierbei empfiehlt es sich freilich, nach Zugang des gegengezeichneten Nachtrags nochmals eine Auftragsbestätigung zu versenden.

Verstehe deinen Anwalt – Der Unternehmer

Das schutzbedürftige und geradezu friedliche Geschöpf, welches wir als Verbraucher bezeichnen, lebt in der ständigen Gefahr, von einem der gefräßigsten und brutalsten Vertreter seiner Art überrannt und – zumindest finanziell – vernichtet zu werden. Seine Zerstörungskraft kann im Tierreich nur mit derjenigen des Tyrannosaurus Rex verglichen werden. Das Leben des Unternehmers ist bis ins Kleinste nachgezeichnet: Namhafte Privatsender widmen ihm ganze Dokumentationsreihen, in welchen seine Unmenschlichkeit in voller Breite betrachtet werden kann. Der Unternehmer ist allein profitorientiert, was gerne mit dem Fachbegriff der so genannten „Geldgeilheit“ veranschaulicht wird. Das Gesetz selbst lässt die Gefährlichkeit des Unternehmers nicht ansatzweise erahnen, wenn man sich nur auf dessen Definition beschränkt: Danach ist der Unternehmer eine natürliche oder juristische Person bzw. eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Gut, dass wir alle über das wahre Wesen des Unternehmers hinreichend informiert sind. Es gilt: Nähert sich ein Unternehmer – auf den Boden werfen, Kopf bedecken und hoffen, dass er vorüber zieht.

Erschienen im August 2014 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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