Auch wenn dies im BGB-Vertrag nicht ausdrücklich geregelt ist, sind Bauleistungen stets nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik auszuführen. Während die VOB die anerkannten Regeln der Technik in § 13 Abs. 1 S. 2 ausdrücklich als Leistungssoli erwähnt, wird es innerhalb des BGB schlicht in die „vereinbarte Beschaffenheit“ hineingelesen.
Die Gerichte gehen dabei davon aus, dass die Parteien, sofern nichts anderes vereinbart ist, stets die Einhaltung eines gewissen Mindeststandards wünschen, nämlich eben diese anerkannten Regeln der Technik.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sollen DIN-Normen eine widerlegbare Vermutung in sich tragen, dass die dort geregelten technischen Vorgaben den anerkannten Regeln der Technik entsprechen; zumindest gilt dies im Rahmen „echter“ DIN-Normen, die nach der zentralen Norm der DIN 820 unter Einhaltung des dortigen Verfahrens verabschiedet wurden.
Bei Hersteller- oder Verarbeitungsrichtlinien hingegen handelt es sich um Vorgaben, die gerade nicht von einem möglichst neutralen und großen Kreis diskutiert und verabschiedet wurden. Dort regelt der Hersteller, welche Leistungen nach seinem Dafürhalten ausgeführt werden sollten, wenn sein Produkt bestimmungsgemäß verwendet wird.
Hersteller will Schäden vermeiden
Dabei hat er etwas anderes im Blick als das Deutsche Institut für Normung. Dem Hersteller geht es regelmäßig darum, dass sein Produkt so ideal wie möglich eingesetzt wird und dass Schäden daran weitgehend vermieden werden. So ist es gar nicht selten, dass die Vorgaben des Herstellers mitunter sogar deutlich weiter reichen als dasjenige, was nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik nötig gewesen wäre.
Die Frage stellt sich, ob ein Abweichen von diesen Herstellerrichtlinien automatisch einen Baumangel bedeutet, wenn dennoch die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Diese Frage hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg mit Urteil vom 7. Februar 2023 (4 U 77 /21) entschieden. Das Gericht sah zwar einen Mangel als gegeben an, knüpfte ihn aber ausdrücklich nicht an die Herstellervorgaben. Stattdessen betonte das OLG, dass bei einem Abweichen von diesen erst dann ein Mangel angenommen werden könne, wenn die Herstellervorgaben zwischen den Parteien auch konkret vereinbart worden wären. Wenn dies, wie in dem zu entscheidenden Fall, nicht gegeben ist, führt ein Verstoß gegen die Vorgaben des Herstellers noch nicht per se zu einer Mangelhaftigkeit der Leistung. Erst dann, wenn dieser Verstoß zugleich die anerkannten Regeln der Technik verletzt, ist nach Ansicht des Gerichts ein Mangel existent.
Oft finden sich solche Diskrepanzen zwischen Herstellervorgaben und Regeln der Technik bei der Plattenverlegung. Manche Hersteller geben spezielle Einbautechniken vor, während auch andere Aufbauten zum Ziel führen könnten. Ohne konkrete Vereinbarungen sind dann auch die anderen Möglichkeiten gegeben, sofern der Auftragnehmer die Wahl hat.
DEGA-Tipp: Hersteller sind nicht automatisch aus der Haftung
Nicht selten versuchen sich Hersteller damit herauszureden, sie seien aus der Mängelhaftung für das Produkt befreit, da man nicht exakt nach den Herstellerhinweisen gebaut habe. Eine solche Ansicht könnte man nur dann richtigerweise vertreten, wenn das Produkt einer ganz besonderen Behandlung bedarf und aus diesem Grund die Einhaltung der Herstellerhinweise zwingend ist. In diesen Fällen wird auch hinsichtlich der Funktionalität der Bauleistung eine Einschränkung der vertraglich vereinbarten Bauweise auf die Herstellerrichtlinien erfolgen. In den Fällen jedoch, in denen schlicht das Produkt mangelhaft ist, kann der Hersteller durch Verwendungsvorgaben seine Haftung nicht einschränken.
Erschienen im Mai 2024 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.