Bauzeit – Vertragsklauseln II


Mit großer Kreativität versuchen die Auftraggeber von Bauleistungen, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Rechtslage zu ihren Gunsten zu modifizieren, teilweise sogar auf den Kopf zu stellen.

Auch wenn viele derartiger Klauseln unwirksam sind, gibt es immer wieder auch Fälle, in welchen der Auftragnehmer sich den entsprechenden Regelungen unterwerfen muss. Obwohl viele Landschaftsgärtner dies in der Praxis kaum realisieren, ist es stets unabdingbar, das „Kleingedruckte“ zu lesen und wenn möglich zu beachten. Sollten die wirtschaftlichen Folgen gravierend sein, bleibt in Zweifelsfällen nichts anderes übrig, als sich fachkundigen Rechtsrat einzuholen. Darauf, dass eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Auftraggebers bereits auf den ersten Blick „unfair“ erscheint, sollte man sich nicht verlassen.

Eingriffe in die Dispositionsfreiheit

Wir hatten bereits festgestellt, dass es grundsätzlich Sache des Auftragnehmers ist, wie er die Erbringung seiner Leistungen organisatorisch abwickelt. Solange er den Fertigstellungstermin einhält, kann er über den Einsatz von Personal, Maschinen und Material frei disponieren. Ist beispielsweise eine Fläche von 1.000 m² zu pflastern, so kann er einen Mitarbeiter mehrere Wochen lang von Hand arbeiten lassen oder aber die Fläche mit mehreren Mitarbeitern maschinell fertig stellen.

Nach § 5 Abs. 3 VOB/B hat der Auftraggeber lediglich dann, wenn die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können, weil Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile unzureichend sind, das Recht, den Auftragnehmer aufzufordern, unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Ein darüber hinausgehendes Eingriffsrecht in die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers steht dem Auftraggeber nicht zu.

Es gibt nun Klauseln, mit denen Auftraggeber sich die Möglichkeit einräumen lassen wollen, entsprechende Eingriffe vorzunehmen, beispielsweise die Verpflichtung des Auftragnehmers, dann, wenn der Auftraggeber hierzu auffordert, sein Personal in dem vom Auftraggeber geforderten Umfang aufzustocken. Derartige Regelungen sind regelmäßig unwirksam.

Klauseln zur Behinderungsanzeige

Relativ häufig finden sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Regelungen zur Gestaltung der Behinderungsanzeigen. Da diese vielfach zulässig sind, empfiehlt es sich, die entsprechenden Formalitäten wenn möglich streng zu beachten. Voraussetzung hierfür ist, dass man sich die Vertragsregelungen auch gründlich durchgelesen hat.

Wenn die Einhaltung der vorgegebenen Formalien letztlich „nur“ auf zusätzlichen, überschaubaren Verwaltungsaufwand hinausläuft, werden sie meistens nicht zu beanstanden sein.

Dementsprechend ist die Klausel, wonach Behinderungsanzeigen auch dann der Schriftform benötigen, wenn die Behinderung offenkundig ist, wirksam. Die Forderung, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber die zeitlichen Auswirkungen der Behinderung auf seine Leistungserbringung und insbesondere die sich hieraus voraussichtlich ergebende Verzögerung des Fertigstellungstermins mitteilen soll, wird ebenfalls nicht zu beanstanden sein.

Nach unserer Einschätzung darf der Auftraggeber vom Auftragnehmer auch Informationen darüber verlangen, welche Maßnahmen zur Beschleunigung er im Rahmen seiner Leistungserbringung kostenfrei erbringen kann und mit welchen gesondert zu vergütenden Beschleunigungsmaßnahmen der Fertigstellungstermin noch eingehalten werden kann.

Sämtliche dieser Klauseln belasten den Auftragnehmer nur mit überschaubarem Verwaltungsaufwand und benachteiligen ihn dementsprechend nicht unangemessen. Umgekehrt hat der Auftraggeber ein nachvollziehbares, im Einzelfall ganz erhebliches wirtschaftliches Interesse an dem Vorliegen derartiger Informationen, um weitere Entscheidungen zum Umgang mit der Behinderung treffen zu können. Man muss sich in diesem Zusammenhang nochmals vor Augen halten, dass die Behinderungsanzeige als solche ja dem Auftraggeber (und nicht dem Auftragnehmer) dienen soll.

Unwirksam sind demgegenüber regelmäßig solche Vertragsklauseln, die unabhängig von der Kausalität des Verstoßes gegen Formalien für die Bauzeitverzögerung bzw. einen Schaden des Auftraggebers dazu führen, dass der Auftragnehmer haftet. Steht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, dass dann, wenn der Auftragnehmer eine Behinderung nicht schriftlich bzw. auch bei Offenkundigkeit nicht anzeigt, die Behinderungsfolgen nicht eintreten und der Auftragnehmer an dem ursprünglichen Fertigstellungstermin festgehalten wird, insbesondere für ein Überschreiten desselben auch verschuldensunabhängig haften soll, so sind derartige Klauseln unwirksam. War eine Behinderung tatsächlich und nachweislich offenkundig und hätte der Auftraggeber sie also unabhängig von einer schriftlichen Behinderungsanzeige in jedem Falle berücksichtigen können und müssen, so kann allein die fehlende Einhaltung der Formalien nicht zu einer Verlagerung der Haftung auf den Auftragnehmer führen. Dies würde tatsächlich zu einer unangemessenen Benachteiligung führen.

Generell kann nur nochmals dringend dazu geraten werden, jede Behinderung unverzüglich und schriftlich mit der notwendigen Ausführlichkeit anzuzeigen. Dann muss man sich mit den ganzen Problemen der Offenkundigkeit und der Einhaltung irgendwelcher Formalien nicht mehr vertieft befassen.

Klauseln zur Einschränkung von Behinderungstatbeständen

Welche Umstände zu einer in der Risikosphäre des Auftraggebers liegenden Behinderung fallen, hatten wir bereits ausführlich erörtert.

Die auftraggeberseitigen Versuche, die Behinderungen des Auftragnehmers einzuschränken, sind meist zum Scheitern verurteilt. Die Klausel „Massenmehrungen und -Minderungen und Zusatzleistungen berechtigen nicht zu einer Verlängerung der Ausführungstermine“ benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen, denn es liegt im Verantwortungsbereich des Auftraggebers, wenn er während der Ausführung Zusatzleistungen beauftragt, welche naturgemäß sehr schnell zu zeitlichen Verzögerungen führen können. Der Hinweis, dass etwaige bauübliche Störungen in Kauf genommen werden müssen und nicht zu einer Behinderung bzw. zu einer Verschiebung des Fertigstellungstermins führen können, ist ebenso wirkungslos, denn es ist bereits nicht klar, was unter dem Begriff „bauübliche Störungen“ verstanden werden kann. Auch die Klausel, dass höhere Gewalt oder andere für den Auftraggeber unabwendbare Umstände nicht zu einer Behinderung führen, geht ins Leere. Letztlich würde hiermit die Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 c) VOB/B auf den Kopf gestellt.

Differenzierter zu betrachten sind Klauseln, in welchen darauf hingewiesen wird, dass während der Leistungserbringung durch den Auftragnehmer gleichzeitig eine Vielzahl von anderen Gewerken auf der Baustelle tätig sind und dass der Auftragnehmer sich hieraus ergebende eventuelle Störungen und Behinderungen zeitlich und finanziell einkalkulieren muss.

Wird diese Klausel allgemein und ohne jegliche Konkretisierung bzw. Konkretisierungsmöglichkeit für den Auftragnehmer verwendet, ist sie aus den vorhergehend bereits dargestellten Umständen sicherlich unwirksam. Hat der Auftragnehmer jedoch durch entsprechende Informationen seitens des Auftraggebers bei Angebotsabgabe bzw. Vertragsschluss konkrete Kenntnisse über die Möglichkeit, Inhalt und Umfang derartiger Störungen, dann wird er sich dann, wenn genau diese Störungen sich später realisieren, an der betreffenden Vertragsklausel festhalten lassen müssen. Allerdings wird man in derartigen Konstellationen eventuell sogar ohne eine solche Klausel davon ausgehen müssen, dass der Auftragnehmer diese ihm bekannten Umstände von Anfang an zu berücksichtigen hat.

Klauseln zu den Behinderungsfolgen

Sämtliche vertraglichen Regelungen, wonach unter bestimmten Umständen keine Behinderung des Auftragnehmers eintreten bzw. kein Anspruch auf Verschiebung des Fertigstellungstermins bestehen soll, finden sich in entsprechender Art und Weise auch in der Form, dass der Auftragnehmer die ihm zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz bzw. Entschädigung nicht oder nur eingeschränkt geltend machen darf. Regelmäßig heißt es dann, dass bestimmte Umstände dem Auftragnehmer keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung oder Mehrkosten gewähren.

Natürlich sind auch derartige Klauseln, welche zwar nicht den Behinderungstatbestand als solchen in Abrede stellen, aber stattdessen die sich aus diesem Tatbestand eigentlich ergebenden Rechtsfolgen zulasten des Auftragnehmers modifizieren bzw. abbedingen sollen, ebenfalls unwirksam.

Dies betrifft beispielsweise Klauseln wie „Alle höhere Gewalt, Betriebsstörungen und Ursachen, die der Auftraggeber nicht zu vertreten hat, entbinden den Auftraggeber von Schadensersatzansprüchen jeglicher Art“ oder „Eine Verlängerung der Ausführungsfrist wegen Behinderung oder Unterbrechung (auch infolge Witterungseinflüssen) begründet keinen Anspruch auf besondere Vergütung“.

Auch die Klausel „Bei Stilllegung der Bauarbeiten infolge höherer Gewalt oder durch Umstände, die von keiner Seite abzuwenden sind, sind gegenseitige Ersatzansprüche bzw. Zusatzforderungen ausgeschlossen“ ist unwirksam. Zwar trifft der Ausschluss von Ansprüchen vorliegend beide Seiten; aufgrund der gesetzlichen Risikoverteilung, wonach der Auftragnehmer nur unter bestimmten Umständen und verschuldensabhängig haftet, der Auftraggeber aber für sämtliche anderen Risiken (teilweise auch verschuldensunabhängig) haftet, liegt dennoch eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers vor.

Schließlich sind auch Einschränkungen des Kündigungsrechts des Auftragnehmers aufgrund von ihm nicht zu vertretender bauseitiger Verzögerungen unwirksam. Die Klausel „Eine auch länger als drei Monate dauernde Unterbrechung berechtigt den Auftragnehmer nicht zur Vertragskündigung oder zu Nachforderungen bzw. Schadensersatz“ bedeutet eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers, denn selbst eindeutig dem Auftraggeber und dessen Verschulden zuzuordnende Ursachen sollen hier zu einem vollständigen Anspruchsausschluss des Auftragnehmers führen.

Erschienen im März 2012 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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