Darf bei Mängeln die Zahlung verweigert werden?


Angebliche Mängel der Leistung werden spätestens dann behauptet, wenn der Unternehmer seine Vergütung haben möchte. Nicht selten wird behauptet, es seien Mängel vorhanden und man zahle bis zu deren Beseitigung gar nichts. Geht das überhaupt?

Mängel nach der Abnahme

In Bezug auf die Fälligkeit der Vergütung formuliert § 641 Abs. 3 BGB in der bis zum 31.12.2008 gültigen Fassung, das der Auftraggeber von der Schlusszahlung „mindestens“ das Dreifache der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zurückhalten darf, wenn Mängel vorliegen. Der Begriff „mindestens“ darf dabei nicht erschrecken. Er wird allgemein als Regelwert angesehen, von dem nur in besonderen Spezialfällen abgewichen werden darf.

Die Neufassung

Die immense Höhe des Zurückbehaltungsrechts wird bereits seit geraumer Zeit als zu hoch kritisiert. § 641 Abs. 3 BGB wurde daher reformiert und sieht in der seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung nunmehr vor, dass der Auftraggeber nur noch „in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten“ zurückhalten darf.

Der Gesetzgeber wollte mit dieser Fassung der Unart entgegentreten, dass hohe Geldbeträge wegen vergleichsweise kleiner Mängel zurückgehalten werden können. Durch den Hinweis, dass dieser Faktor nur „in der Regel“ gilt, hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass sowohl ein geringerer, als auch ein höherer Betrag nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles angemessen sein kann. Es ist zu erwarten, dass die Gerichte nur in seltenen Ausnahmefällen von der Vorgabe des Doppelten abweichen werden. Gehen Sie bitte davon aus, dass dieser Satz in den „üblichen“ Fällen nicht überschritten, jedoch auch nicht unterschritten wird.

Ob die Neufassung das gewünschte Ziel des Gesetzgebers erreichen wird, ist fraglich. Wie in der Vergangenheit wird ein zahlungsunwilliger Auftraggeber häufig einfach die Mängelbeseitigungskosten so hoch beziffern, dass sich der von ihm gewünschte Einbehalt ergibt. Ohne Sachverständigengutachten lassen sich diese Angaben meistens nicht widerlegen.

Die Beseitigung durch Dritte

Manchmal kommt es vor, dass der Unternehmer sein Recht zur Beseitigung von Mängeln verwirkt hat, etwa weil er die gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung nicht eingehalten hat. Der Auftraggeber kann dann zwischen diversen Vorgehensweisen wählen. Häufig wird er den Mangel durch einen Dritten beseitigen lassen und den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Darunter fallen insbesondere die Kosten, die ein Nachfolgeunternehmen für die Mängelbeseitigung abrechnen wird.

Hat sich der Auftraggeber bereits für eine solche Vorgehensweise entschieden, kann er nicht mehr das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zurückhalten. Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass das hohe Zurückbehaltungsrecht des § 641 Abs. 3 BGB unter anderem den Zweck verfolgt, den Auftragnehmer zur eigenen Mängelbeseitigung anzutreiben, also Druck auf ihn auszuüben.

Des Druckzuschlages bedarf es dann freilich nicht mehr, wenn die Mängelbeseitigung vom Auftragnehmer gar nicht mehr verlangt wird, etwa weil bereits ein drittes Unternehmen diese Leistungen ausführt. In diesen Fällen darf sich der Auftraggeber des Druckzuschlag nicht mehr bemächtigen, da sein Zweck weggefallen ist. Deshalb wird der Auftraggeber vom Auftragnehmer lediglich Vorschusskosten in Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen dürfen.

Die Zahlung an den GU

In der letzten Ausgabe der Campos haben wir § 641 Abs. 2 BGB kennengelernt. Der Generalunternehmer musste hiernach den Schlussrechnungsbetrag auszahlen, wenn er selbst eine entsprechende Bezahlung oder Abnahme seines Auftraggebers erhalten hat oder auf eine entsprechende Anfrage mit angemessener Fristsetzung nicht oder nicht wahrheitsgemäß antwortet. Zur Illustration mag folgendes Beispiel herangezogen werden:

Unsere Beispielsfirma Grünes Glück GmbH arbeitet für einen Generalunternehmer, die Groß & Maul AG. Diese erhält nun nach der Fertigstellung der Leistung die volle Vergütung von ihrem Auftraggeber. Als die Grünes Glück GmbH daraufhin Zahlung verlangt, verweist die Groß & Maul AG auf einen tatsächlich existierenden Mangel und meint, das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten einhalten zu können. Kann das sein, wenn sie selbst bereits vollständig bezahlt wurde?

Auch dann, wenn der Auftraggeber der Groß & Maul AG den Mangel noch nicht gerügt hat, wird man bedenken müssen, dass er innerhalb der Gewährleistungsfristen weiterhin die Beseitigung des Mangels verlangen könnte. Für den GU besteht also ein gewisses Risiko. Doch darf er trotz Erhalt der Zahlung durch seinen Auftraggeber die Bezahlung der Firma Grünes Glück zumindest zum Teil zurückhalten?

Tatsächlich enthält § 641 Abs. 2 S. 1 BGB lediglich Fälligkeitsregeln. Die sonstigen gesetzlichen Regelungen werden dadurch nicht ausgehebelt. Damit bleibt auch § 641 Abs. 3 BGB weiterhin anwendbar, sodass die Groß & Maul AG tatsächlich das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zurückhalten darf. Die gilt selbst dann, wenn ihr Auftraggeber von dem Zurückbehaltungsrecht keinen Gebrauch macht.

Leider ist durch die Neufassung damit noch immer keine auftragnehmerfreundliche Klärung herbeigeführt worden.

Erst dann, wenn der Auftraggeber des Generalunternehmers auf seine Mängelrechte in Bezug auf den fraglichen Mangel endgültig verzichtet, wird § 641 Abs. 3 BGB nach Treu und Glauben ausgeschaltet werden können. Vorher kann der GU dieses Recht weiter ausüben.

Allzu euphorisch sollte man angesichts der Neufassung des Gesetzes also nicht sein.

Erschienen im März 2009 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.

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