Gerade Auftraggeber versuchen es immer wieder: Mit allen Tricks soll vermieden werden, dass die vertraglichen Vereinbarungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen angesehen werden.
Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen regelmäßig dann vor, wenn Klauseln zur mehrfachen Verwendung vorformuliert sind. Abzugrenzen ist dies von individuell verhandelten Klauseln. Ausgedient hat bereits der Trick der bloßen Bestätigung am Ende von Vertragswerken, dass sämtliche Klauseln individuell ausgehandelt wurden. Solche Klauseln machen AGB regelmäßig nicht zu Individualtexten.
Nur auf den ersten Blick haben Verwender solcher Klauseln durch das Urteil des KG vom 23.04.2010 – 7 U 117/09 einen Sieg errungen. Zwar wurde die beim BGH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 22.03.2012 – VII ZR 79/10 zurückgewiesen, jedoch ist zu berücksichtigen, dass der zugrundliegende Sachverhalt einige Besonderheiten aufwies. Das Verhandlungsprotokoll, um welches es hier ging, enthielt tatsächlich den Hinweis, dass die Vertragsbedingungen individuell ausgehandelt wurden. Dies sollte jedoch durch den Auftragnehmer isoliert unterschrieben werden. Zudem war die Möglichkeit, genau diese Klausel, die auf das individuelle Aushandeln verwies, zu streichen, textlich deutlich hervorgehoben. Hiermit endete die Prüfung des Gerichts jedoch nicht: Es nahm auch das äußere Erscheinungsbild des Verhandlungsprotokolls genauestens ins Visier. Dort waren eine Vielzahl handschriftlicher Streichungen, Ergänzungen und Änderungen aufgeführt worden, die erkennen ließen, dass die Bestätigung des individuellen Aushandelns tatsächlich der Wahrheit entsprach. Im Übrigen hatte sich der dortige Beklagte gegen die Behauptung der dortigen Klägerin, der gesamte Inhalt des Verhandlungsprotokolls sei individuell ausgehandelt worden, kaum gewehrt. Das Gericht hatte ihn sogar darauf hingewiesen, dass er zur Frage des AGB-Charakters des Verhandlungsprotokolls in Abgrenzung zum individuellen Aushandeln mehr vortragen müsse, als lediglich das individuelle Aushandeln zu bestreiten. Mit anderen Worten: Der Beklagte hätte Gelegenheit gehabt, durch detaillierten und abweichenden Vortrag die Behauptung des individuellen Aushandelns trotz der eingangs genannten Umstände zu widerlegen. Entscheidend war also nicht die genannte Klausel, sondern der Gesamteindruck.
Ebenfalls interessant ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des OLG Brandenburg vom 04.07.2012 – 13 U 63/08. Dort war in den Vertragsbedingungen eine Vertragsstrafenklausel enthalten, die nach AGB-rechtlichen Gesichtspunkten unwirksam gewesen wäre. Der dortige Auftraggeber stellte sich auf den Standpunkt, es handele sich gar nicht um AGB. Vielmehr läge ein individuelles Aushandeln dieser Klausel vor. Dies begründete er damit, dass die Parteien in dem Bauvertrag die Vertragsstrafenregelung zunächst gestrichen haben und handschriftlich sodann die gleiche Regelung erneut einfügten, dabei den Hinweis aufnahmen, die Vertragsstrafe sei verhandelt worden und gelte zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer als vereinbart. Das Gericht stellte sich richtigerweise auf den Standpunkt, dass die bloße Streichung und sodann inhaltsgleiche Übernahme des vorformulierten Textes an anderer Stelle nicht ansatzweise ein individuelles Aushandeln erkennen ließe. Ein solches läge nur dann vor, wenn die fragliche Klausel dem ganzen Inhalt nach vom Verwender, hier also dem Auftraggeber, ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Vertragspartner, hier also dem Auftragnehmer, Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt worden wäre. Hierbei müsse zumindest die reale Möglichkeit bestanden haben, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingung zu beeinflussen.
Aus Sicht des Verwenders Allgemeiner Geschäftsbedingungen genügt es also nicht, bloße Bestätigungsklauseln des individuellen Aushandelns aufzunehmen. Das individuelle Aushandeln muss sich (auch) in sonstiger Hinsicht aus dem Vertrag oder den Umständen des Vertragsschlusses ergeben. Dabei genügt es nicht, dass lediglich über die einzelnen Klauseln gesprochen wurde. Sie müssen vielmehr inhaltlich zur Disposition gestellt werden. Dies hätte regelmäßig die Streichung oder Änderungen, insbesondere der den Vertragspartner besonders belastenden Klauseln, zum Ergebnis, was zumeist ersichtlich nicht der Fall ist.
Beauftragung „dem Grunde nach“
Wer kennt dies nicht? Kaum hat man eine Baumaßnahme für einen öffentlichen oder gewerblichen Auftraggeber in Angriff genommen, hagelt es Nachträge. Der gewissenhafte Auftragnehmer geht nun so damit um, dass er die Nachträge fein säuberlich aufgliedert, verpreist und unter Nachweis seiner Kalkulationsgrundlage ein Nachtragsangebot an den Auftraggeber sendet. Wenn von dort überhaupt eine Rückmeldung erfolgt, heißt es gerne, der Nachtrag werde „dem Grunde nach“ beauftragt. In Kenntnis dessen, dass aufgrund von § 18 Abs. 5 VOB/B allein wegen der Tatsache, dass die Preise nicht endverhandelt sind, die Arbeiten nicht eingestellt werden dürfen, fügt sich der Auftragnehmer in sein Schicksal und führt den Nachtrag aus. Kaum hat er sodann jedoch die 1. Abschlagsrechnung gestellt, in welcher besagter Nachtrag abgerechnet wird, erhält er das Prüfexemplar mit einer kompletten Streichung und dem Hinweis zurück, die Preise seien noch nicht vereinbart worden.
In einem kürzlich vom BGH entschiedenen Fall (Beschluss vom 24.05.2012 – VII ZR 34/11) konnte der dortige Auftragnehmer den Ball zumindest teilweise zurückspielen. Dort hatte der Auftraggeber eine Anordnung erteilt, der der Auftragnehmer Folge leisten musste. Der Auftragnehmer hatte die von ihm sodann ausgeführten Leistungen in seiner Abschlagsrechnung abgerechnet und – nachdem diese innerhalb der Frist des § 16 Abs. 1 VOB/B nicht beglichen wurden – mit Fristsetzung angemahnt. Da der Auftraggeber ein recht kompliziertes und langwieriges Prüfverfahren für Nachträge installiert hatte, waren die Nachträge auch nach Ablauf dieser Nachfrist nicht beglichen. Der Auftragnehmer ging also hin und forderte nach Abschluss der Baumaßnahme Zinsen für die verzögerte Nachtragszahlung. Wie bereits zuvor das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.01.2011 – 4 U 91/10) erteilte der BGH dem Versuch des Auftraggebers, die Zinsen abzuwenden, eine brüske Abfuhr. Der BGH formulierte, dass sich die Frage, ob ein Auftragnehmer eine Abschlagszahlung auf eine im Rahmen eines Nachtrags erbrachte, vertragsgemäße zusätzliche Leistung im Sinne des § 2 Abs. 6 VOB/B auch dann verlangen könne, wenn sich die Parteien über deren Vergütung noch nicht geeinigt haben, stelle sich nicht. Vielmehr sei der Auftragnehmer mit der Anordnung der zusätzlichen Leistung und der nachfolgenden Ausführung berechtigt, diese auch ohne erfolgte Preisvereinbarung abzurechnen. Der Anspruch auf Vergütung entstehe nämlich bereits mit der Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, also mit der Anordnung der Leistung. Solange eine Preisvereinbarung nicht getroffen sei, sei die Höhe der Vergütung nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B zu ermitteln. Sollten die Parteien sich später auf eine andere Vergütungshöhe einigen, trete diese an die Stelle der zuvor ermittelten Vergütungshöhe. Dies gelte jedoch rückwirkend, so dass angenommen wird, dass die Abschlagsrechnung mit diesem Betrag bereits damals fällig war und auch Verzug eintreten konnte. Dementsprechend konnte der dortige Auftragnehmer die aufgelaufenen Zinsen als Verzugsschaden geltend machen.
Interessant kann dieses Urteil noch aus einem anderen Aspekt sein: Wenn nämlich tatsächlich die Verzugsfolgen unabhängig von der Preiseinigung eintreten, bedeutet dies nach unserem Dafürhalten, dass auch § 16 Abs. 5 Nr. 5 VOB/B gelten müsste. Es würde dann für den Auftragnehmer ein Rechtsgrund zur Arbeitseinstellung bestehen, wenn der Auftraggeber den berechtigten Betrag nicht innerhalb der vereinbarten Zahlungsfrist und einer in einer nachfolgenden Mahnung gesetzten angemessenen Nachfrist begleicht. Der Auftraggeber geht hier also ein durchaus relevantes Risiko ein, wenn er die von ihm angeordneten Nachträge trotz fehlender Preisvereinbarung nicht einmal ansatzweise bezahlt. Jedoch muss sich auch der Auftragnehmer vor Augen halten, dass die Arbeitseinstellung wegen nicht gezahlter Abschlagsrechnungen stets riskant ist. Stellt sich nämlich später heraus, dass beispielsweise berechtigterweise Zurückbehaltungsrechte des Auftraggebers geltend gemacht wurden, etwa weil er aufgrund existenter Mängel das regelmäßig Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten (§ 641 Abs. 3 BGB) einbehalten durfte, könnte die Arbeitseinstellung rechtswidrig gewesen sein. Dies kann im ungünstigsten Fall sogar zu einer wirksamen außerordentlichen Vertragskündigung des Auftraggebers führen. Vor der Arbeitseinstellung wegen nicht geleisteter Abschlagszahlungen ist also eine genaueste Überprüfung der Risiken durchzuführen.
Verstehe Deinen Anwalt – Das billige Ermessen
Was nichts kostet, ist auch nichts (hat meine Oma schon immer gesagt). Kaufe gute Mittelklasse (sagt meine Schwiegermutter). Günstig sollte es schon sein (sage ich), aber billig ist teuer (sagt wiederum meine Schwiegermutter). Was hat das mit dem billigen Ermessen zu tun? Nichts (ich brauchte nur eine Einleitung)! Bei dem billigen Ermessen handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der beispielsweise in § 317 Abs. 1 BGB verwendet wird. Dort ist geregelt, dass dann, wenn einem Dritten die Bestimmung einer Leistung (oder Gegenleistung) überlassen ist, er diese im Zweifel nach „billigem Ermessen“ treffen muss. Gemeint ist damit, dass bei der Entscheidung die Interessen aller Vertragsparteien ausgewogen berücksichtigt werden sollen. Die Billigkeit bezeichnet also eine gerechte Entscheidung, in Bezug auf den Preis also einen fairen, der Leistung entsprechenden Preis. Siehste Schwiegermama, es heißt nicht „billig ist teuer“, sondern „billig ist gerecht“.
Erschienen im August 2012 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.