Stellen wir uns vor, ein Landschaftsgärtner wird mit größeren Arbeiten an der Außenanlage eines Objektes betraut, für welches der Auftraggeber einen Architekten eingesetzt hat.
Wie üblich kontrolliert und überwacht der Architekt die Baumaßnahme und – wie leider ebenfalls üblich – diskutiert er mit dem Unternehmer die nach seiner Sicht durchzuführenden Änderungen oder Erweiterungen. Wie fast alle Auftragnehmer folgt unser Landschaftsgärtner selbstverständlich den Anweisungen des Architekten und wundert sich später, dass der Auftraggeber die damit einhergehenden Nachträge nicht vergüten möchte.
Weiß der Auftraggeber Bescheid?
Wie ist es denn nun, wenn der Auftraggeber sich auf den Standpunkt stellt, der Architekt habe gar keine zusätzlichen Leistungen beauftragen dürfen? Einen derartigen Fall hatte das Oberlandesgericht Brandenburg mit Urteil vom 08.12.2016 – 12 U 192/15 entschieden. Das Gericht hat zunächst betont, dass der Architekt nicht bereits kraft seiner Bestellung bevollmächtigt sei, den Auftraggeber bei Abschluss von Verträgen zu vertreten oder rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben. Eine originäre Vollmacht des Architekten fehlt insbesondere dann, wenn erhebliche Änderungen anstehen. Dies muss sich jeder Landschaftsgärtner hinter die Ohren schreiben: Allein die Tatsache, dass ein bauleitender oder bauüberwachender Architekt eingesetzt ist, bedeutet mitnichten, dass dieser bevollmächtigt ist, Nachträge zu erteilen. Betrachtet man die Leistungsphase 8, welche die Bauüberwachung beinhaltet, so stellt man sehr schnell fest, dass die Vergabe von Zusatzarbeiten nicht zu den eigentlichen Aufgaben des Architekten zählt. In dem Fall des OLG Brandenburg war es zudem noch so, dass im Vertrag ausdrücklich hervorgehoben war, dass der Architekt keine Vollmacht für Nachträge besitze. Damit, so betonte das Gericht, sei herausgestellt, dass der Architekt nicht einmal berechtigt gewesen ist, geringfügige Zusatzaufträge zu erteilen, was ihm mitunter im Einzelfall ohne vertragliche Erwähnung noch zugeordnet wird. Diese Erwähnung der fehlenden Vollmacht im Vertrag ändert nichts daran, dass man auch in Verträgen, in denen kein Vollmachtsausschluss des Architekten formuliert ist, vorsichtig sein muss: Auch dort ist der Architekt, was das OLG Brandenburg nebenbei erwähnt, grundsätzlich ohne zusätzliche Vollmacht nicht berechtigt, Zusatzaufträge zu erteilen.
Rechtsscheinsvollmacht ausgeschlossen
Durch den genannten Hinweis im Vertrag waren auch die so genannten Rechtsscheinsvollmachten ausgeschlossen. Solche kommen in Betracht, wenn sich ein Vertreter so geriert, als habe er Vertretungsmacht und man aus dem Verhalten des Auftraggebers schließen kann, dass dem auch so sei. Im Einzelfall kann dann tatsächlich eine solche Vertretungsmacht fingiert werden. Dann jedoch, wenn im Vertrag bereits der Ausschluss der Vertretung durch den Architekten geregelt ist, komme – so das OLG Brandenburg – eine solche Auslegung schlichtweg nicht mehr in Betracht.
Das Gericht rettete den Auftragnehmer dennoch: Hier war nämlich nachweisbar, dass der Auftraggeber von den Anweisungen des Architekten Kenntnis hatte, ihnen nicht widersprach und schlussendlich die von dem Auftragnehmer erbrachten Leistungen abnahm. In der Abnahme wurden die zusätzlichen bzw. geänderten Leistungen von Seiten des Auftraggebers nicht bemängelt, so dass das Gericht den Schluss zog, aufgrund der positiven Kenntnis der Zusatzleistungen habe der Auftraggeber diese akzeptiert. Hierzu muss man wissen, dass ein vollmachtlos geschlossener Vertrag nicht etwa unwirksam ist, sondern quasi in der Schwebe hängt und von der Genehmigung des vertraglichen Gegenübers abhängt. Wird diese Genehmigung – und sei es durch schlüssiges Verhalten – ausgesprochen, führt dies zu einer vollständigen Wirksamkeit der vollmachtlosen Vereinbarung.
DEGA-Tipp: Hier hatte der Auftragnehmer also noch einmal Glück. Zu danken hatte er dies den besonderen Umständen des Einzelfalls, so dass das Urteil nicht verallgemeinert werden kann. Wenn ein Architekt auf Sie zukommt und Zusatzaufträge verteilt oder geänderte Leistungen ausgeführt werden will, bleibt nur ein Weg: Weisen Sie ihn freundlich darauf hin, dass Sie keine Kenntnis davon haben, ob er bevollmächtigt sei und fragen Sie beim Auftraggeber nach, ob der Architekt Zusatzleistungen anordnen darf – und falls ja, in welchem Umfang. Lassen Sie sich dies möglichst schriftlich bestätigen. Verweigert der Auftraggeber die Bestätigung der Vollmacht oder lehnt er sie sogar mündlich oder schriftlich ab, führt für Sie kein Weg daran vorbei, jede Anweisung des Architekten mit dem Auftraggeber zu besprechen und sich von ihm bestätigen zu lassen. Anderenfalls droht Ihnen, dass Sie mit der Vergütung vollständig ausfallen!
Erschienen im Februar 2017 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.