Einige Grundlagen zur Anforderung der Sicherheit nach § 648a BGB hatten wir in der letzten Ausgabe der Campos bereits festgehalten.
Die Fristsetzung
Wir hatten dort bereits erwähnt, dass die vom Auftragnehmer zu setzende Frist zur Stellung der Sicherheit angemessen sein muss (§ 648a Abs. 5 BGB). Nur: Was ist eigentlich angemessen? Dies hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Der Bundesgerichtshof fordert hierzu eine Frist, die es dem Auftraggeber ermöglicht, die Sicherheit „ohne schuldhaftes Zögern“ zu beschaffen. Der Auftraggeber muss – insbesondere bei unverhoffter Anforderung durch den Auftragnehmer – genügend Zeit haben, sich über Art und Finanzierung der Sicherheit zu erkundigen.
Das OLG Naumburg (Urteil vom 16.08.2001 – Az: 2 U 17/01) hat vor diesem Hintergrund festgestellt, dass im Einzelfall sogar eine Frist von bis zu drei Wochen angemessen sein kann. Das Gericht betont jedoch, dass es sich bei der 3-Wochen-Frist um eine Ausnahme handeln soll. Für den Normalfall genüge jedenfalls eine Frist von 14 Tagen. Es können aber Sondersituationen vorliegen, die weitaus kürzere Fristen rechtfertigen. Das OLG Dresden (Urteil vom 01.03.2006 – Az. 12 U 2379/04) hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass eine Frist von 7 Tagen bei einem abzusichernden Volumen von über 2,5 Mio. EUR ausreiche, wenn der Auftraggeber zugleich als Bauherr des Objektes fungiere. Die Bausumme müsse ohnehin durch eine ausreichende Finanzierung auf Seiten des Bauherrn gesichert sein. Daher könne man auch verlangen, dass eine Sicherheit sehr kurzfristig beschafft werde. Obwohl es sich – wie immer – um eine Einzelfallentscheidung handelte, zeigt es eine Richtung auf, die es in Ausnahmefällen rechtfertigen kann, gegenüber dem Bauherrn als Auftraggeber eine kürzere Frist zu wählen.
Welche Frist tatsächlich angemessen ist, lässt sich somit nicht einheitlich beantworten. Als Faustregel kann man sich merken, dass Fristen von 10 bis 14 Tagen meistens ausreichen werden. Zu berücksichtigen ist aber, dass die genannten Entscheidungen alle zum alten, noch etwas weniger „scharfen“ § 648a BGB gefällt wurden. Die durch das Forderungssicherungsgesetz seit dem 01.01.2009 geänderte Gesetzesfassung kann unter Umständen längere Fristen rechtfertigen.
Ein kurzer Blick zurück
Werfen wir noch einmal einen Blick zurück: Der Auftragnehmer musste im alten Recht nicht nur eine Frist setzen. Um seine Arbeiten nach fruchtlosem Ablauf der Frist einstellen zu können, musste er dies bei der Anforderung der Sicherheit ausdrücklich ankündigen. Nach Ablauf dieser Frist durfte er eine angemessene Nachfrist setzen und erklären, dass er den Vertrag bei nicht fristgemäßer Stellung der Sicherheit kündige.
Die Arbeitseinstellung
Diese Situation hat sich nun grundlegend zugunsten des Auftragnehmers geändert: Er erhält bereits nach Ablauf der (ersten) zur Stellung der Sicherheit gesetzten Frist ein gesetzlich garantiertes Wahlrecht: Zum einen kann er nach § 648a Abs. 5 BGB die Arbeiten einstellen und abwarten. Hierzu muss er nach der Neufassung des Gesetzes noch nicht einmal die Arbeitseinstellung angedroht haben.
Achtung! Ein häufiger Fehler ist es, die Sicherheit mit einem Schreiben anzufordern und zu erklären, man werde die Arbeiten bis zur Stellung der Sicherheit gar nicht erst aufnehmen. Das ist nicht zulässig. Man muss zunächst den Fristablauf abwarten. Erst dann können die Arbeiten eingestellt werden.
Die Kündigung
Der Auftragnehmer kann sich aber auch dazu entscheiden, nach fruchtlosem Ablauf der ersten Frist den Vertrag zu kündigen. Eine Nachfristsetzung ist hierzu nicht mehr erforderlich. Der Auftraggeber, der die Sicherheit nicht fristgemäß stellt, geht also das hohe Risiko ein, dass ihm sein Auftragnehmer sofort von der Leine geht.
Aber Achtung: Trotz der eindeutigen Gesetzesformulierung sollte man Vorsicht walten lassen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Kooperationsrechtsprechung verlangen wird, dass dem Auftraggeber die Konsequenzen seines Verhaltens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zumindest deutlich vor Augen geführt werden müssen. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung empfiehlt es sich daher, mit der Anforderung der Sicherheit inkl. Fristsetzung die Kündigung bereits anzudrohen. Ist eine Kündigung ernsthaft geplant, sollten zudem vorsichtshalber eher längere Fristen zur Stellung der Sicherheit gesetzt werden.
Ersatzanspruch
Kündigt der Auftragnehmer, weil er die Sicherheit nicht fristgemäß erhalten hat, kann er dennoch die vereinbarte Vergütung verlangen. Er muss sich aber dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erworben hat. Dem ist es gleichgestellt, wenn er einen anderweitigen Erwerb böswillig unterlassen, also etwa in Erwartung der Entschädigung andere Aufträge abgelehnt hat. Nun ist diese Berechnung mitunter recht schwer und schreckt viele Unternehmer ab. Auch hier hilft der Gesetzgeber: Es wird einfach vermutet, dass der Auftragnehmer einen Betrag in Höhe von 5 % der noch nicht ausgeführten Leistungen verlangen kann.
Ausblick
Damit ist noch nicht geklärt, was geschieht, wenn man den Auftrag auf der einen Seite dringend ausführen, auf der anderen Seite aber die Sicherheit haben möchte. Kündigen wäre in der Situation sicher die falsche Lösung. Aber was dann? Dies klären wir in der nächsten Ausgabe.
Erschienen im Juni 2009 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.