Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie


Am 13.06.2014 wird nahezu jeder Betrieb des Garten- und Landschaftsbaus seine Verfahrensweise in Bezug auf den Vertragsschluss massiv ändern müssen. Was ist geschehen? Am 25.10.2011 wurde die Richtlinie 2011/83/EU, die so genannte Verbraucherrechterichtlinie verabschiedet.

Am 13.06.2014 tritt nun in Deutschland das Gesetz zur Umsetzung besagter Richtlinie in Kraft. Die Folgen sind immens:

Liegt ein so genannter entgeltlicher Verbrauchervertrag vor, wird also ein Vertrag von einem Unternehmer mit einem Verbraucher geschlossen, trifft den Unternehmer zunächst einmal eine verstärkte Informationspflicht. Diese folgen aus § 312a Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 246 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB). Danach muss jeder Unternehmer den Verbraucher vor Vertragsschluss über die wesentlichen Eigenschaften der zu erbringenden Leistung informieren. Ferner muss er, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, seine Identität, die Anschrift seiner Niederlassung sowie seine Telefonnummer mitteilen. Auch der Gesamtpreis der Leistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben ist anzugeben. In denjenigen Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Leistung vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, muss zumindest die Art der Preisberechnung hinreichend konkret und verständlich dargelegt sein, wobei alle zusätzlich anfallenden Fracht-, Liefer- oder Versandkosten bzw. deren Berechnungsgrundlage mitzuteilen ist. Die Mitteilung lediglich der Art der Preisberechnung kommt dabei sicherlich in Einheitspreisverträgen in Betracht, wobei der Verbraucher deutlich darüber informiert werden sollte, wie eine Abrechnung über Einheitspreise überhaupt von statten geht. Ferner müssen – sollten solche vorliegen – die entsprechenden Vertragsbedingungen übergeben werden. Es muss weiterhin ein Termin benannt werden, bis zu dem die Leistungen zu erbringen sind, wobei noch nicht vollends klar ist, wie insofern die im Gesetz niedergelegte Einschränkung „gegebenenfalls“ zu verstehen ist. Ferner muss der Unternehmer den Verbraucher über das gesetzliche Mängelhaftungsrecht informieren. Weitere Informationspflichten kommen Einzelfall abhängig in Betracht. Diese sind im benannten Artikel 246 EGBGB niedergelegt.

Diese allgemeinen Informationspflichten kann man sicherlich noch relativ leicht in den Griff bekommen. Deutlich problematischer wird es in dem im Landschaftsbau beinahe üblichen Fall, in welchem der Vertrag nicht in den eigenen Geschäftsräumen geschlossen wird. Zumeist ist es doch so, dass Gespräche und Verhandlungen in den Privatwohnungen der zukünftigen Kunden stattfinden. Zum Vertragsabschluss wird der Kunde dann auch regelmäßig nicht nochmals in die eigenen Geschäftsräume gerufen. Auch dieser erfolgt regelmäßig am Wohnsitz des Kunden. War dies früher unproblematisch, hat das Gesetz hierfür eine neue Rubrik eröffnet, nämlich den „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag“. Die Definition ist denkbar einfach: Ein solcher liegt vor, wenn der Vertragsschluss nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers erfolgt. Man muss sich hierbei schlicht Folgendes vor Augen führen: Derartige (alltägliche und zumeist ohne Schädigungsabsicht abgeschlossene) Geschäfte werden nun durch das Gesetz mit solchen, tatsächlich zu missbilligenden Kaffeefahrtverträgen oder Drückergeschäften an der Haustür faktisch auf eine Stufe gestellt. Das Unternehmen ist gezwungen, sich hierauf einzustellen. Da es bereits aus Gründen der Kundenfreundlichkeit kaum denkbar erscheint, dass in Zukunft alle Kunden nur noch in die eigenen Betriebsräume eingeladen werden, muss jeder Unternehmer zukünftig sein Unternehmen auf die Besonderheiten dieser Geschäftsabschlüsse einstellen.

Dies beginnt zunächst bei den verstärkten Informationspflichten, die sich aus § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a EGBGB ergeben. Zu den vorstehend bereits benannten Informationen tritt hinzu, dass zusätzlich zur Telefonnummer auch etwa existente Telefaxnummern und E-Mail-Adressen bekanntzugeben sind. Der Kunde ist weiterhin über etwaige Verpflichtungen einer von ihm zu stellenden Sicherheit zu informieren, wobei hierbei § 648 BGB oder eine vertraglich vereinbarte Sicherheit vorrangig sein wird, da § 648 a BGB in den allermeisten Fällen aufgrund von § 648 a Abs. 5 BGB ausgeschlossen ist.

Besonders relevant wird jedoch die Information über ein bestehendes Widerrufsrecht, welches seinerseits in § 312g BGB geregelt ist. Tatsächlich steht dem Verbraucher bei ab dem 13.06.2014 außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht zu. Diese Situation wird somit bei fast jedem Verbrauchervertrag existent sein. Zwar sieht § 312g Abs. 2 BGB einen Katalog von Ausnahmen zu besagtem Widerrufsrecht vor. Diese Ausnahmen werden jedoch regelmäßig nicht vorliegen. Da die nicht oder die nicht ordnungsgemäße Information über das Widerrufsrechts ganz erhebliche negative Folgen für das Unternehmen haben kann, sollte jeder Unternehmer hierauf ein besonderes Augenmerk werfen:

Das Widerrufsrecht selbst bewirkt, dass, wenn der Verbraucher widerruft, er den Vertrag schlichtweg zunichte macht. Die Widerrufsfrist selbst beträgt 14 Tage und beginnt mit dem Vertragsschluss. Hier lauert die erste Falle: Hat das Unternehmen den Verbraucher nämlich nicht entsprechend über das Widerrufsrecht und seine Bedingungen und Fristen sowie das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts, zu dem auch ein Muster-Widerrufsformular zählt, informiert, beginnt die genannte Zweiwochenfrist nicht zu laufen. Das Widerrufsrecht erlischt, wenn die Information nicht nachgeholt wird, spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Die wahre Dramatik, die damit einhergeht, zeigt sich, wenn man untersucht, wie sich der Widerruf des Verbrauchers auswirkt: Nach § 355 Abs. 3 BGB sind die im Falle des Widerrufs empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Was geschieht dann mit den bereits erbrachten Leistungen? § 357 Abs. 8 BGB regelt insofern zunächst, dass der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung schuldet. Im darauf folgenden Halbsatz wird diese Ersatzverpflichtung jedoch deutlich eingeschränkt: Der Verbraucher schuldet den Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung nämlich nur dann, wenn er von dem Unternehmer ausdrücklich und in Textform oder auf Datenträger verlangt hat, dass dieser mit seiner Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Darüber hinaus setzt der Wertersatzanspruch des Unternehmers zwingend voraus, dass der Verbraucher eine ordnungsgemäße Information über sein Widerrufsrecht erhalten hat. Man muss sich dies vor Augen führen: Fehlt es an einer entsprechenden Information über das Widerrufsrecht und ein Verlangen des Verbrauchers, vor Ablauf der Widerrufsfrist, mit den Arbeiten zu beginnen und fehlt es weiter über die Information, dass wenn der Verbraucher Derartiges verlangt, er im Falle eines Widerrufs für die bereits erbrachten Leistungen einen Wertersatz schuldet, erhält der Unternehmer für seine ausgeführten Leistungen keinen Cent. Er steht also trotz (ordnungsgemäßer) Arbeit ohne Geld dar. Führt man sich weiter vor Augen, dass das Widerrufsrecht bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung für ein Jahr und zwei Wochen nach erfolgtem Vertragsschluss möglich ist, muss jedem Unternehmer klar sein, dass die negativen Auswirkungen erheblich sein können. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass den Unternehmer nach dem Wortlaut des Gesetzes auch eine Abnahme nicht vor einem (späteren) Widerruf schützt: Nach § 355 Abs. 4 BGB erlischt das Widerrufsrecht bei Fertigstellung der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nur dann, wenn der Verbraucher seine ausdrückliche Zustimmung zum Beginn vor Ablauf der Widerrufsfrist gegeben und gleichzeitig bestätigt hat, dass er Kenntnis davon besitzt, dass er sein Widerrufsrechts mit der Fertigstellung vor Fristablauf verliert. Dass der Unternehmer im Streitfall die jeweils ordnungsgemäße Information beweisen muss, dürfte dazu auf der Hand liegen. Insofern sollte man sich die Übergabe der Informationsschreiben stets quittieren lassen.

Es empfiehlt sich dringend, für die Information über den ordnungsgemäßen Widerruf das im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens entwickelte Musterformular zu verwenden. Dieses wird unter Art. 246a Abs. 2 EGBGB auch ausdrücklich erwähnt. Selbst gestaltete Widerrufsbelehrungen beinhalten stets das Risiko, dass minimale Abweichungen vorliegen, die schlussendlich dazu führen, dass keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist und somit die vorstehend dargestellten Problemstellungen eintreten. Die Muster-Widerrufsbelehrung kann beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unter bmjv.de heruntergeladen werden.

Weiterhin ist zu beachten, dass bei außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen nach § 312f BGB entweder alsbald eine Abschrift des Vertrages auf Papier zur Verfügung zu stellen ist, der von den Vertragsparteien unterzeichnet ist. Alternativ kann auch eine Bestätigung des Vertrages überlassen werden, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist. Da das Gesetz nicht zwischen Hauptvertrag und Nachträgen unterscheidet, sollte das gesamte Procedere auch bei der Vereinbarung von Nachträgen eingehalten werden.

Sicherlich lässt sich angesichts dessen, dass die Rechtsprechung mit den hier vorliegenden Neuerungen noch nicht befasst war, noch nicht zweifelsfrei darlegen, wie die Gerichte mit den genannten Regelungen umgehen. Es wird jedoch zu erwarten sein, dass aufgrund der Zielsetzung, nämlich des Verbraucherschutzes, nur in seltenen und besonders begründeten Ausnahmefällen von dem vorgenannten Procedere abgewichen werden kann. Wegen des ganz erheblichen Risikopotenzials müssen wir nachhaltig empfehlen, die genannten Informationspflichten besonders ernst zu nehmen und zu beachten.

Erschienen im Juni 2014 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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