Die Vertragserfüllungssicherheit und die Sicherheit für Mängelansprüche Teil 1: Grundlagen


Man kennt sie, die Diskussion um Sicherheiten. Gewerbliche Auftraggeber wollen regelmäßig möglichst vollständig gesichert sein, Auftragnehmer wissen zumeist nicht, ob und wie sie sich gegen unberechtigte oder überhöhte Sicherungsverlangen wehren können. In der heutigen Ausgabe zeigen wir erst einmal die üblichen Sicherungsformen und welchen Voraussetzungen sie unterliegen.

Wenden wir uns dazu noch einmal unserer Firma Grünes Glück zu. Diese hat mit der Groß & Stark AG einen Vertrag über die Ausführung von Arbeiten an Außenanlagen abgeschlossen, dessen Grundlage die VOB/B sein soll. Neben dem detaillierten Leistungsverzeichnis bestehen keine weiteren Absprachen. Dennoch verlangt die Groß & Stark AG die Stellung einer Vertragserfüllungs- und später einer Gewährleistungssicherheit. Sie meint, nach § 17 VOB/B hierzu berechtigt zu sein. Zu recht?

Einleitend stellt sich die Frage, was eine „Vertragserfüllungssicherheit“ und was eine „Gewährleistungssicherheit“ überhaupt sind. Tatsächlich sind diese Formen der Sicherheit in der VOB/B erwähnt, nämlich in § 17 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B. Dort wird recht allgemein formuliert, dass die Sicherheiten dazu dienen sollen, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung und die Mängelansprüche sicherzustellen

Vertragserfüllungssicherheit

Die Vertragserfüllungssicherheit soll demnach den Auftraggeber davor schützen, dass der Auftragnehmer das geschuldete Werk nicht vollendet, etwa weil er leistungsunfähig ist oder die Ausführung der Arbeiten ohne ausreichenden Grund verweigert. In diesen Fällen ist der Auftraggeber gezwungen, die Bauleistungen durch einen Dritten fertigstellen zu lassen. Da dieser jedoch – dies zeigt die Praxis – regelmäßig teurer ist, als der ursprüngliche Auftragnehmer, entstehen dem Auftraggeber Mehrkosten. Die Durchsetzung dieser Mehrkosten wird mit der Vertragserfüllungssicherheit abgedeckt.

Gleiches gilt, wenn die Leistungen des Auftragnehmers Mängel aufweisen und er diese trotz Fristsetzung nicht beseitigt. Kündigt der Auftraggeber daraufhin berechtigterweise das Vertragsverhältnis (z.B. nach § 4 Nr. 7 VOB/B in Verbindung mit § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B), sind die mit der Mängelbeseitigung durch einen Dritten verbundenen Mehrkosten regelmäßig durch die Sicherheit abgedeckt. Ansprüche wegen nicht fristgerechter Fertigstellung der Leistung werden ebenfalls von der Vertragserfüllungssicherheit umfasst sein.

Diese Liste ist sicherlich nicht komplett. Die übrigen abgesicherten Ansprüche sind jedoch so selten, dass sie hier nicht vertieft werden müssen.

Sicherheit für Mängelansprüche

Die Gewährleistungssicherheit oder – wie sie jetzt korrekt heißt – die Sicherheit für Mängelansprüche sichert genau das ab, was sie bezeichnet. Weisen die Leistungen des Auftragnehmers Mängel auf, welche der Auftraggeber erst nach der Abnahme bemerkt, muss der Auftragnehmer diese beseitigen. Tut er dies nicht, muss der Auftraggeber einen Drittunternehmer beauftragen. Die Durchsetzung der Kosten hierfür werden über die Gewährleistungssicherheit abgedeckt. Auch etwaige Schadensersatz- oder Minderungsansprüche des Auftraggebers, die sich aus den Mängeln ergeben, sind von der Sicherheit regelmäßig umfasst.

Keine Sicherheit ohne Vereinbarung!

Unsere Firma Grünes Glück steht nun vor der Frage, ob und in welchem Umfang sie die geforderten Sicherheiten stellen soll. Zumeist reagieren Auftragnehmer so, dass sie relativ kritiklos eine Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 10 % der Auftragssumme stellen oder sich jeweils 10 % aus den Abschlagsrechnungen abziehen lassen. Die Sicherheit für Mängelansprüche wird dann ebenso kritiklos in Höhe von 5 % der Schlussrechnungssumme gestellt.

Wenn man sich vor Augen führt, dass diese Sicherheiten regelmäßig die Liquidität des Unternehmens erheblich beeinträchtigen, kann man nur den Kopf schütteln. Im vorliegenden Beispielsfall war in dem Vertrag nicht ein Wort zu den Sicherheiten geregelt. Der dann häufig erfolgende Hinweis auf § 17 VOB/B bringt den Auftraggeber ebenfalls nicht weiter. § 17 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B bestimmt nämlich nicht etwa, dass eine Sicherheit gestellt werden muss. Er regelt vielmehr, was geschieht, wenn die Parteien die Stellung einer Sicherheit (isoliert) vereinbart haben. Dies ergibt sich schon aus der Formulierung, die mit den Worten beginnt „Wenn Sicherheitsleistung vereinbart ist, gelten die §§ 232 bis 240 BGB, soweit sich aus den nachstehenden Bestimmungen nichts anderes ergibt.“

Es entspricht der einhelligen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, dass nur dann, wenn die Parteien isolierte Vereinbarungen zur Stellung von Sicherheiten getroffen haben, solche auch verlangt werden können. Fehlt es hingegen an solchen Abreden, kann dem Auftraggeber auch § 17 VOB/B nicht helfen. Dies zeigt sich im Übrigen auch dadurch, dass § 17 VOB/B kein Wort zur Höhe der Sicherheit verliert. Diese muss vielmehr zwischen den Parteien ebenfalls vereinbart werden.

Wurde die VOB/B nicht vereinbart, gilt „nur“ das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Auch hieraus ergibt sich kein originärer Anspruch des Auftraggebers auf Erhalt einer Vertragserfüllungs- oder Gewährleistungssicherheit. Die §§ 232 bis 240 BGB, die einzelne Eckdaten zu Sicherheiten regeln, setzen vielmehr ebenfalls die Vereinbarung der Sicherheit voraus. Auch dort gilt also, dass der Auftraggeber eine Sicherheit nur verlangen kann, wenn die Parteien sich zuvor darauf geeinigt haben.

Fazit

Nur wenn dies im Vertrag mit Ihrem Auftraggeber geregelt ist, müssen Sie eine Sicherheit stellen. Fehlt es an derartigen Vereinbarungen, schulden Sie auch keine Sicherheit. Weder der Hinweis des Auftraggebers auf die „allgemeine Üblichkeit am Bau“, noch die Vereinbarung der VOB/B ändern daran etwas. Schauen Sie sich also bitte Ihren Vertrag mit dem Auftraggeber genau an, bevor Sie kritiklos dessen Aufforderung zur Sicherheitsleistung folgen.

Erschienen im Januar 2009 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.

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