Differenzierung notwendig: Corona? – keine Panik!


Soweit es in unserer Rechtsanwaltskanzlei ankommt, ist der Garten- und Landschaftsbau bisher (Stand 16.04.2020) relativ gut durch die Corona-Krise gekommen. Allerdings stellen wir bei den Fragen, welche in diesem Zusammenhang von den Landschaftsgärtnern an uns herangetragen werden, fest, dass es bei der der Bewertung des Einflusses der Krise auf bauvertragliche Beziehungen häufig an der notwendigen Differenzierung fehlt.

Hiermit ist die Baubranche sicherlich nicht allein. Auch in offiziellen Verlautbarungen von Juristen und sogar Ministerien werden gerne kategorisch Dinge behauptet, welche sich möglicherweise (oder sogar wahrscheinlich) bei einer kritischen, gegebenenfalls gerichtlichen Überprüfung so nicht halten lassen.
Dies ist sicherlich dem Umstand geschuldet, dass für die jetzige Situation keine Blaupause existiert und somit weder gesetzliche oder sonstige rechtliche Regelungen bestehen, noch auf vergleichbare Sachverhalte aus der Vergangenheit und entsprechende gerichtliche Entscheidungen abgestellt werden kann. Dies wird beispielsweise darin offenkundig, dass im Zusammenhang mit der Frage, ob Mieter von Gewerberäumlichkeiten, die wegen der Infektionsgefahren durch Corona schließen müssen, die Miete kürzen dürfen, auf Gerichtsentscheidungen verwiesen wird, die 1915 (!) anlässlich des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs gefällt wurden.

Corona nicht als pauschale Begründung
Wie so häufig gilt aber auch hier der Grundsatz, zunächst einmal Ruhe und einen kühlen Kopf zu bewahren! Beispielsweise kann die Corona-Krise nicht pauschal als Behinderung „durch höhere Gewalt oder andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände“ im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 1c VOB/B qualifiziert werden. Eine entsprechende Behinderung mit den sich hieraus ergebenden Konsequenzen, beispielsweise einer Verlängerung vertraglich vereinbarter Ausführungsfristen, setzt nämlich zunächst einmal voraus, dass der Bauunternehmer, beispielsweise der Landschaftsgärtner, tatsächlich in der Erbringung seiner Leistungen beeinträchtigt oder hieran sogar vollständig gehindert ist.
Dies ist so, wie die bisherige Praxis zeigt, regelmäßig jedoch nicht der Fall. Erst wenn tatsächlich und konkret Auswirkungen auf die Leistungserbringung bestehen, beispielsweise weil Materialien (wegen der Corona-Krise und nicht aus anderen Gründen!) nicht fristgerecht geliefert werden, weil die Anfahrt zur Baustelle erschwert oder unmöglich ist oder weil große Teile der Belegschaft (durch den Corona-Virus!) krank oder in Quarantäne sind, kann man über eine entsprechende Behinderung und die Ursache der Behinderung durch höhere Gewalt im Sinne der vorgenannten Regelung nachdenken.

Konkrete Beschreibung erforderlich
Nachdem es sich aber nicht um einen für Jedermann und insbesondere jeden Auftraggeber erkennbaren und offenkundigen Umstand handelt, bedarf es in diesem – derzeit wohl noch als Ausnahme anzusehenden – Fall so wie immer einer ordnungsgemäß, das heißt insbesondere hinreichend konkret und detailliert formulierten, schriftlichen Behinderungsanzeige, in welcher nicht nur pauschal auf Corona, sondern auf die konkreten Auswirkungen, welche die Pandemie auf das Unternehmen und die individuelle Erbringung der Leistung an dem speziellen Bauvorhaben hat, abgestellt wird.
Umgekehrt können auch Auftraggeber von Bauleistungen sich nicht unter pauschalem Verweis auf die Corona-Krise ganz oder teilweise aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen oder diese vernachlässigen. Stets bedarf es einer individuellen Betrachtung der konkreten Vertragssituation und der Auswirkungen, welche die Corona-Krise möglicherweise tatsächlich im Einzelnen hierauf hat. Vor Schnellschüssen muss in diesem Zusammenhang dringend gewarnt werden!

Entgegenkommen von allen Seiten sinnvoll
Bei gravierenden Problemen wird eine Lösung häufig nur unter konstruktiver Zusammenarbeit aller Beteiligten und der auf allen Seiten bestehenden Bereitschaft, ein Entgegenkommen zu zeigen, gefunden werden können. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, von Anfang an offen und ausführlich miteinander zu kommunizieren und einander die jeweilige Position verständlich darzustellen.
Auch die Hinzuziehung externen Rats, beispielsweise durch einen qualifizierten Rechtsanwalt, kann häufig hilfreich sein, vermag die zuvor angesprochene Kommunikation aber nicht zu ersetzen. Auch für uns Juristen handelt es sich um eine neue und somit nicht immer eindeutig einzuschätzende Situation.

Erschienen im Mai 2020 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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