Eine noch recht aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Beschluss vom 03.06.2022 – 22 U 173/22) wirft ein Schlaglicht auf eine bei der Bauwerksbegrünung möglicherweise zu selten betrachtete Thematik.
Was war geschehen?
Die Wand eines Gebäudes war mit Efeu bewachsen. Nach den Darstellungen des Gebäudeeigentümers, von welchen das Gericht zu dessen Gunsten ausgegangen ist, wurde der Efeu durch ein versichertes Sturmereignis abgerissen und hierdurch die Fassade des Hauses beschädigt. Der Eigentümer forderte von seiner Wohngebäudeversicherung die Erstattung der Kosten der Schadensbeseitigung.
Die Versicherung berief sich auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB), wonach eine Entschädigung (nur) dann zu leisten ist, wenn der Sturm entweder unmittelbar auf versicherte Sachen einwirkt oder sonstige Gegenstände auf versicherte Sachen wirft, wobei die zweite Variante ersichtlich nicht in Betracht kam. Die Frage war also, ob vorliegend der Sturm unmittelbar auf eine versicherte Sache eingewirkt und diese hierdurch beschädigt oder zerstört hatte.
Dies wurde in Übereinstimmung mit dem Landgericht Bochum durch das Oberlandesgericht Hamm verneint. Der Efeu selbst sei keine versicherte Sache, weil Pflanzen nach den Vertragsbedingungen nicht zu den versicherten Bestandteilen gehören und die Efeupflanzen auch kein (mitversichertes) Zubehör des Gebäudes gewesen sind. Hiergegen spreche schon, dass die Efeupflanzen dauerhaft mit dem Boden verbunden waren und somit einen Bestandteil des Grundstücks (und nicht des Gebäudes) darstellten. Die Schäden am Gebäude sind aber nicht unmittelbar durch den Sturm selbst, beispielsweise Sog oder Druck der Luft, verursacht worden, sondern dadurch, dass aufgrund derartiger Sturmeinwirkungen der Efeu mit Gewalt von der Fassade abgerissen wurde und diese hierdurch beschädigt hat.
An dieser Stelle kann man sich nun darüber aufregen, wie penibel die deutschen Gerichte sind. Nach dem Wortlaut der VGB hat das OLG Hamm jedenfalls richtig entschieden. Dass Versicherungen dann, wenn es ans Zahlen geht, keineswegs so hilfreich und großzügig sind, wie es in der Werbung immer dargestellt wird, ist auch keine Überraschung.
Bei erstmaliger Herstellung einer Gebäude begrünung, gegebenenfalls auch dann, wenn diese schon lange existiert, sollte man sich jedenfalls immer Gedanken machen, ob und inwieweit diese Begrünung vom Schutz der Gebäudeversicherung umfasst ist. Nötigenfalls empfiehlt sich eine unmittelbare Abstimmung mit dem Versicherer oder der Abschluss einer Zusatzversicherung zu einer (hoffentlich nur geringfügig) erhöhten Police. Dies ist jedenfalls besser, als ein späteres böses Erwachen.
Ein sorgfältiger Fachplaner bzw. ein qualifiziertes Fachunternehmen wird seinen Kunden beziehungsweise den Gebäudeeigentümer gegebenenfalls auf eine solche Empfehlung hinweisen.
Ein positiver Hinweis für die Gebäudebegrünung kann die Anmerkung des OLG Hamm sein, dass dann, wenn eine menschlich errichtete Fassadenverkleidung herausgerissen worden wäre und die Giebelwand beschädigt hätte, wohl Versicherungsschutz gegeben gewesen wäre, weil es sich bei einer solchen Fassadenverkleidung um einen Bestandteil des Gebäudes gehandelt hätte. Dies könnte dafür sprechen, dass menschlich errichtete Teile einer Fassadenbegrünung, beispielsweise Rankkonstruktionen oder fest installierte Pflanzgefäße, als Bestandteil des Gebäudes anzusehen und somit versichert sind. Wie in diesem Fall mit den Pflanzen umzugehen ist, welche an einer solchen Konstruktion hochranken oder sich in solchen Pflanzgefäßen befinden, mag aber möglicherweise immer noch umstritten sein.
Erschienen in der 4. Quartalsausgabe 2023 der Zeitschrift Gebäude Grün.