Farben und Beschaffenheit – Augen auf bei Bemusterungen!


Wenn das Leistungsverzeichnis (LV) nur Angaben zu Gütekriterien macht, dem Auftraggeber aber zum Beispiel die Farbauswahl überlässt, dann kommt es zum Bemusterungstermin. in diesem ist der Auftragnehmer gut beraten, die Augen auf und das LV dabei zu haben, um am Ende nicht der Dumme zu sein.

Denn hin und wieder geht es bei Bemusterungen hoch her, und so manche Bauherrin verliert im begeisterten Gespräch mit dem Gatten und dem Auftragnehmer den Überblick über die vertraglich vereinbarten Qualitätskriterien zur Abriebgruppe und Rutschfestigkeit. Zum Beispiel, wenn eine hochmoderne Fliese in Parkettoptik für den Außenbereich in greif- und bezahlbare Nähe rückt.

Dieses unerwartete Begeisterungshoch sollte der Bauunternehmer nicht zum Anlass nehmen, nun blind auf die neueste Fliese der Wahl zurückzugreifen und der Auffassung zu sein, dass bei so viel guter Laune auf der Baustelle sicherlich das bremsende LV in den Hintergrund treten könne. Hierzu hat das OLG Schleswig (Urteil vom 18. August 2017 – 1 U 11/16) eher nüchtern festgestellt: Durch die Freigabe eines Produkts im Rahmen einer Bemusterung werden die Vorgaben des LV nicht verdrängt. Das gelte auch dann, wenn der Auftraggeber bei der Bemusterung die Abweichungen vom LV erkennen konnte.

Eine negative aufgrund einer positiven Eigenschaft

In dem vom OLG Schleswig zu entscheidenden Fall wiesen die Fliesen, die sich der Bauherr ausgesucht hatte, eine höhere Rutschfestigkeit als die zwischen den Parteien im LV vereinbarten Fliesen auf, waren dadurch aber schmutzanfälliger. Auf letzteres hätte der Auftragnehmer laut dem OLG im Bemusterungstermin deutlich hinweisen müssen. Da dieser Hinweis unterblieben ist, kann er sich auch nicht darauf berufen, dass der Bauherr sich die Fliesen selbst ausgesucht hat, denn bei der Bemusterung ging es nur um die Farbe der Fliesen.

Deswegen ist es immer sinnvoll, sich vor der Entscheidung für ein Produkt im Bemusterungstermin das LV vor Augen zu führen, denn dieses enthält die vertraglichen Absprachen zwischen den Parteien, die eingehalten werden müssen. Wie diese vertraglichen Absprachen letztlich ausgestaltet sind, ist dabei natürlich unterschiedlich gelöst. Möglicherweise enthält ein LV auch nur Circa-Angaben, die durch die Absprachen im Bemusterungsverfahren erst endgültig festgelegt werden sollen. Dann hat eine Freigabe des Auftraggebers einen anderen Stellenwert, da sie gerade erst eine vertragliche Absprache greifbar macht und konkretisiert.
Möglicherweise kommt der Auftraggeber während der Bemusterung auch zu der Erkenntnis, dass er ganz deutlich von den Vorgaben des LV abweichen will und schließt mit dem Auftragnehmer eine Vereinbarung über genau diese Abweichung. Dann ist es sinnvoll und richtig, diese Vereinbarung schriftlich zu fixieren und etwaige Bedenken gegen diese neue Art der Ausführung in die schriftliche Vereinbarung mit aufzunehmen.

DEGA-Tipp: Die Begeisterung des Auftraggebers für ein bestimmtes Design oder eine bestimmte Farbe ist jedenfalls nicht ausreichend, selbst wenn der Auftraggeber dieses zur Ausführung freigibt. Hier ist der Unternehmer gut beraten, genau darauf zu achten, dass die Vorgaben des LV eingehalten wurden oder dass er konkret Bedenken gegen Abweichungen anmeldet oder – fast noch besser – mit dem Auftraggeber gemeinsam schriftlich eine Vereinbarung trifft, dass von diesen Vorgaben abgewichen werden soll. und selbstverständlich muss der Unternehmer immer ein Auge auf die technischen Normen und Vorgaben haben, die einzuhalten sind, um das Werk überhaupt vertragsgemäß erstellen zu können.

Erschienen im November 2018 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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