Fiktive Mängelbeseitigungskosten – Nobelschaden am Rheinufer


Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 22. Februar 2018 (Az.: VII ZR 46/17) einen Schlussstrich unter die Abrechnung von fiktiven Mängelbeseitigungskosten gezogen. Der BGH stellt klar, dass ein Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, dem Unternehmer keine „Sachverständigenrechnung“ mehr präsentieren kann, um seinen Schaden nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten ohne jegliche Mängelbeseitigungsabsicht zu bemessen.

Das Fallbeispiel aus Düsseldorf

Der zugrunde liegende Fall spielte am Düsseldorfer Rheinufer, wo sich ein nicht ganz kleiner Häuslebauer ein nicht ganz kleines Einfamilienhaus mit schönem Blick und schöner Terrasse aus römischem Travertin errichten ließ. Bedauerlicherweise kam es nach Abnahme und Bezahlung der Schlussrechnung zu Mängeln an den Natursteinarbeiten, die sich in Rissen und Ablösungen, Kalk- und Salzausspülungen, Farb- und Putzabplatzungen und einer Durchfeuchtung des Putzes äußerten. Dieses Schadensbild veranlasste die Klägerin trotz gutachterlich festgestellten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von immerhin gut 100.000 Euro weder zur tatsächlichen Mängelbeseitigung, noch hielt es später einen Käufer davon ab, die Immobilie zu erwerben. Entsprechend berief sich die Klägerin auf die bisherige Rechtsprechung zu § 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B, respektive § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB und verlangte vom Unternehmer Schadensersatz in Höhe der gutachterlich festgestellten Kosten. Diese für den Besteller komfortable Möglichkeit, seinen Schaden gutachterlich zu maximieren und sich damit unter Umständen deutlich mehr Geld in die Tasche zu stecken als es zur Beseitigung der Schäden tatsächlich erforderlich wäre, kappt der BGH nun. Auch er stellt fest, dass „eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten das Leistungsdefizit im Baurecht nicht zutreffend“ abbildet, sondern dass sie „häufig zu einer Überkompensation und damit einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers“ führt.

Natürlich wird der Besteller damit nicht rechtlos gestellt, und ein Händereiben beim Werkunternehmer wäre verfrüht. Der BGH lässt dem Besteller viel Luft, seinen Schaden nach tatsächlichen Gesichtspunkten zu bemessen. Bleibt er also beim Schadensersatz, hat der Besteller die Möglichkeit, den Schaden in der Weise zu bemessen dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem Wert der bearbeiteten Sache ohne Mangel und dem Wert der bearbeiteten Sache mit dem Mangel ermittelt. Hierzu kann der Minderwert des Werkes ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung zusätzlich angesetzt werden.

Weiterhin bleibt es dem Besteller sogar noch nach der Abrechnung seiner Schadensersatzansprüche unbenommen, sich doch noch für die Beseitigung der Mängel zu entscheiden, und hierfür sogar Vorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB zu verlangen, der sich nach den prognostizierten Mängelbeseitigungskosten berechnet. Dann aber muss er die Mängelbeseitigung anschließend zeitnah durchführen und hierüber nach Beendigung abrechnen. Die Möglichkeit jedoch, das Werk, ohne ordnungsgemäße Mängelbeseitigung so wie es ist, zu behalten und seinen Schaden durch fiktive Mangelbeseitigungskosten möglichst hoch zu rechnen, ist dem Besteller nunmehr genommen.

DEGA-Tipp: In Zukunft kann es sich für Sie lohnen, die Entscheidung des BGH vom Düsseldorfer Rheinufer zu kennen. Der Besteller, der den Mangel nicht beseitigen lassen will, muss sich dann die Mühe machen, seinen Schadensersatzanspruch mit einer Vermögensbilanz vorzurechnen. Auf (häufig überhöhte) fiktive Mängelbeseitigungskosten auf Grundlage eines Gutachtens muss sich kein Garten- und Landschaftsbauer mehr einlassen.

Erschienen im Juni 2018 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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