Gerichtsurteil mit Tragweite – Augen auf bei Mängelrügen


Ein aktuelles Urteil zum Mängelrecht ist Anlass, um einmal einen Schnellkurs dazu abzuhalten. Denn ein Bau ohne Mängel ist fast nicht vorstellbar.

Man müsste meinen, dass daher die Parteien mit dem Mängelrecht besonders gut umgehen können. Dass dies nicht der Fall ist, zeigt das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig vom 19. September 2019 (8 U 74/18), das seit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) am 2. Dezember 2020 (VII ZR 235/19) rechtskräftig ist. Anlass für einen Schnellkurs im Mängelrecht. Dass ein Mangel dann gegeben ist, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Leistung von der vereinbarten Leistung abweicht, müssen wir sicherlich nicht vertiefen. Dies ist,
wenn nichts anderes vereinbart ist, regelmäßig dann der Fall, wenn die allgemein
anerkannten Regeln derTechnik nicht eingehalten werden.
Stellen wir uns nun ein Bauvorhaben vor, bei dem genau das geschehen ist. Der Auftraggeber kann dann weder nach den Grundsätzen der VOB/B, noch nach dem BGB vom Auftragnehmer unmittelbar eine Geldzahlung verlangen.

Zunächst Chance zur Nachbesserung
§ 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B und auch § 635 BGB stellen insofern die Nacherfüllung durch den eigentlichen Auftragnehmer in den Vordergrund. Der Auftragnehmer besitzt also erst einmal ein sogenanntes Recht zur zweiten Andienung. Erst wenn eine vom Auftraggeber gesetzte angemessene Frist abgelaufen ist, kann er auf die sogenannten
Sekundärmängelrechte ausweichen. Das sind die Kostenerstattung einer Mängelbeseitigung durch Dritte beziehungsweise vor Leistungsausführung der hierauf gerichtete Vorschuss, die Minderung oder ein Schadenersatz. Im BGB kommt zudem der Rücktritt hinzu.
Vergisst der Auftraggeber, eine angemessene Frist zu setzen und den Fristablauf abzuwarten, droht ihm Ungemach. Er läuft Gefahr, auf den Fremdbeseitigungskosten
sitzen zu bleiben oder die anderen Sekundärrechte nicht durchsetzen zu können,
auf der anderen Seite sogar den vollen Werklohn zahlen zu müssen.

Die Sache mit der Frist
Daher ist es jedem Auftraggeber dringend anzuraten, bevor er selbst zur Mängelbeseitigung schreitet, zunächst eine angemessene Frist gegenüber dem Auftragnehmer zu setzen und deren Ablauf abzuwarten. Angemessen ist dabei eine
Frist, die es erlaubt, den Mangel auch tatsächlich zu beseitigen. Nur in seltenen Fällen kann eine Fristsetzung unterbleiben. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung bereits ernsthaft und endgültig abgelehnt hat.
Mit diesem Begriffspaar sollte man jedoch nicht zu locker umgehen: Wie auch das OLG Braunschweig in oben genanntem Urteil festgestellt hat, liegt im bloßen Bestreiten von Mängeln noch nicht ohne Weiteres eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung.
Dies wäre erst dann der Fall, wenn sich aus dem Verhalten des Auftragnehmers ergibt, dass er sich nicht mehr umstimmen lassen werde.

TIPP
Selbstkritisch sein kann nicht schaden

Auftragnehmern kann nur angeraten werden, im Fall der Mängelrüge die eigenen Leistungen kritisch in Augenschein zu nehmen. Gehen Sie davon aus, dass ein Sachverständiger, der vom Gericht bestellt wird (und entsprechend viel Geld kostet), jeden Mangel, den Sie selbst sehen, ebenfalls erkennt. Es ist außerdem wenig sinnvoll, Mängelrügen ohne konkrete Besichtigung vor Ort einfach abzutun. Nicht selten ist zu beobachten, dass allzu schnelle Zurückweisungen von Mängelrügen
den Unternehmer am Ende teuer zu stehen kommen. In vielen Fällen wäre es billiger gewesen, sich wirklich ernsthaft mit der eigenen Leistung auseinanderzusetzen und sachgerecht zu reagieren.

Erschienen im April 2021 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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