Habe ich schon einen Vertrag und was ist Vertragsinhalt?


In der Ausgabe 9/2014 hatten wir uns bereits damit beschäftigt, dass die Frage, wer Vertragspartner, d.h. Auftragsgeber des Landschaftsgärtners geworden ist, häufig gar nicht so einfach zu beantworten ist. Erstaunlich oft treten ähnliche Probleme auch bei der Frage, ob schon ein bindender Vertrag geschlossen wurde und welchen Inhalt er hat, auf.

Häufig werden im Rahmen von Vertragsverhandlungen viele Schriftstücke per Post, Fax und E-Mail hin und her gesendet, bis irgendwann die Leistungen tatsächlich zur Ausführung kommen. Wenn es dann zu Differenzen kommt, ist manchmal schwer oder gar nicht mehr nachvollziehbar, geschweige denn nachweisbar, was exakt Inhalt des abgeschlossenen Vertrages geworden ist. Leider wird es nämlich häufig unterlassen, den endgültig für beide Seiten verbindlichen Vertragsinhalt noch einmal abschließend, z.B. in einer beiderseits unterzeichneten Vertragsurkunde, zu fixieren.

Dass fehlende Sorgfalt bei der Korrespondenz über den Abschluss eines Vertrags und insbesondere ein Verzicht auf eine für beide Seiten verbindliche Fixierung des endgültigen Verhandlungsergebnisses mit erheblichen Risiken verbunden sein können, soll nachfolgend anhand des Urteils des OLG Dresden vom 31.07.2012 (Az 5 U 1192/11, Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH zurückgewiesen mit Beschluss vom 27.08.2014 – VII ZR 235/12) erläutert werden.

Dort hatte ein Abbruchunternehmer auf einem Leistungsblankett des Auftraggebers ein Angebot unterbreitet. Im Nachgang rief der Auftraggeber den Kalkulator des Abbruchunternehmens an und stellte die Beauftragung des Angebotes in Aussicht. In dem Telefonat wurde auch darüber gesprochen, dass der Auftraggeber noch einen Nachlass fordern würde. Wenige Tage später sendete der Auftraggeber dem Abbruchunternehmer an einem Mittwoch ein Schreiben mit der Überschrift „Auftrag“ zu, das auf das Angebot des Auftragnehmers Bezug nahm, entsprechend einer zusätzlich enthaltenen „Preisvereinbarung“ aber noch einen Nachlass von 4 Prozent auf alle im Angebot enthaltenen Einheitspreise, ein Skonto von weiteren 2 Prozent bei Zahlung innerhalb von 10 Tage und die Einbeziehung der VOB/B vorsah. Am darauffolgenden Montag, also 5 Tage später, fand eine gemeinsame Ortsbegehung auf der Baustelle statt, in welcher schon einmal Details der Bauausführung besprochen wurden, die am nächsten Tag beginnen sollte. Noch am selben Tag, also unmittelbar im Anschluss an den Ortstermin, erklärte das Abbruchunternehmen gegenüber dem Auftraggeber, es könne die Arbeiten nicht zu den in dem Auftragsschreiben vorgesehenen Preiskonditionen ausführen.

In dem zunächst vor dem Landgericht (LG) Leipzig und dann vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden geführten Verfahren streiten die Parteien insbesondere über die Frage, ob bzw. zu welchen Konditionen ein Bauvertrag abgeschlossen worden ist. Das OLG Dresden hat sich insoweit in Abweichung von dem LG Leipzig auf den Standpunkt gestellt, es sei ein rechtswirksamer Vertrag mit den vom Auftraggeber in seinem Auftragsschreiben wiedergegebenen Konditionen (4 % Nachlass + 2 % Skonto) zustande gekommen. Das Auftragsschreiben sei als sogenanntes kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu würdigen. Von einem solchen Schreiben ist auszugehen, wenn hiermit vorausgegangene Vertragsverhandlungen zusammengefasst und deren Ergebnis schriftlich fixiert werden soll. Wird ein derartiges Schreiben versendet und widerspricht der (potentielle) Vertragspartner dem nicht unverzüglich, so gilt der Inhalt dieses Schreibens als zwischen den Parteien rechtsverbindlich. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Bestätigungsschreiben inhaltlich so weit von dem Vorbesprochenen abweicht, dass der Absender redlicherweise mit dem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen konnte.

Dabei hatte das OLG Dresden vorliegend keine Probleme damit, dass dem Auftragsschreiben des Bauherrn lediglich ein schriftliches Angebot des Abbruchunternehmens auf einem ihm vorgelegten Leistungsblankett und ein kurzes Telefonat mit dem Kalkulator des Abbruchunternehmens vorausgegangen war und dass darüber hinaus das Auftragsschreiben nicht in irgendeiner Form als „Bestätigung“ vorangegangener Verhandlungen bezeichnet worden ist. Die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens seien vorliegend dennoch anwendbar. Des Weiteren war das OLG Dresden der Auffassung, dass die von dem Auftraggeber vorgenommenen Änderungen an den Preisen des Auftragnehmers (4 % Nachlass und 2 % Skonto) nicht derart seien, dass der Auftragnehmer hiermit vernünftigerweise nicht mehr hätte einverstanden sein können.

Zumindest die letztgenannte Bewertung zeugt doch von einer erheblichen Realitätsferne des OLG Dresden. Ein Auftrag, in dem die angebotene Preise im Ergebnis um 6 % reduziert werden sollen, stellt aus Sicht eines erfahrenen Baupraktikers sicherlich eine ganz erhebliche Abweichung von dem Angebot und somit auch dem Inhalt der vorherigen Vertragsverhandlungen dar. Hiermit wird häufig der gesamte mögliche (kalkulierte) Gewinn eines Bauvorhabens aufgebraucht.

Auch die sonstigen Bewertungen des OLG Dresden zu der Qualifizierung des Auftrags als kaufmännisches Bestätigungsschreiben begegnen – jedenfalls in der Allgemeinheit, in welcher sie insbesondere auch in den Leitsätzen des Urteils wiedergegeben werden – durchaus Bedenken. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die kurzen Zeitabläufe (vorliegend 3 Werktage), welche das OLG Dresden bereits für einen nicht rechtzeitigen Widerspruch gegen das (vermeintliche) kaufmännische Bestätigungsschreiben angesetzt hatte, als auch für die Wertung des sonstigen Verhaltens des Abbruchunternehmers. Allein die insoweit von dem OLG Dresden hervorgehobene Teilnahme an einem von dem Gericht selbst als „Bauanlaufberatung“ bezeichneten Ortstermin durch einen Bauleiter als vertragsrelevante Erklärung anzusehen, ist aus Sicht des Baupraktikers ebenfalls kritisch zu bewerten. Es entspricht unserer Erfahrung, dass in üblicherweise zeitlich eng getakteten größeren Bauvorhaben die technische Abwicklung eines Auftrags durchaus häufiger schon diskutiert wird, bevor überhaupt ein rechtsverbindlicher Vertrag abgeschlossen worden ist. Gerade bei der öffentlichen Hand kommt es immer wieder vor, dass die vertragsrelevanten Unterlagen dem Fortgang der eigentlichen Bauarbeiten deutlich hinterher hinken.

Dennoch mag das Vorgehen des Abbruchunternehmens als Lehrbeispiel dafür dienen, wie man es am Besten nicht machen sollte.

 

Verstehe Deinen Anwalt: Liebhaberei

Da sind Sie wieder – Ihre Kuschelanwälte! Aber nein: Die Liebhaberei stellt einen knallharten Sachverhalt aus dem Steuerrecht dar, nämlich wenn eine Tätigkeit ohne Absicht der Erzielung von einkommensteuerbaren Einkünften durchgeführt wird. Will man mit Kuscheln oder „Schlimmerem“ also Geld verdienen, kann es keine Liebhaberei mehr sein. Klingt ausnahmsweise logisch, oder?

Erschienen im November 2014 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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