Kabelschäden und kein Ende


Es vergeht kein Jahr, in welchem wir nicht mehrfach von unseren Mandanten zu Hilfe gerufen werden, weil diese von einem Telekommunikationsanbieter oder einem anderen Eigentümer von Leitungsführungen im Erdreich auf Schadensersatz wegen – vermeintlicher – Schädigungen bei Erdarbeiten in Anspruch genommen werden.

Dabei machen es sich die Geschädigten unserer Erfahrung nach im Bereich von Schadensbeträgen unterhalb von 10.000,00 € regelmäßig sehr einfach. Häufig wird unter pauschaler Behauptung der Schadensverantwortung des Landschaftsgärtners ohne jeglichen Nachweis der tatsächlichen Verursachung und Kausalität die betreffenden Beträge wiederholt – teilweise mit großer Vehemenz und unter Einschaltung von Inkassounternehmen – eingefordert, möglicherweise in der nicht ganz unberechtigten Hoffnung und Erwartung, dass die Landschaftsgärtner ihre Haftpflichtversicherung einschalten, welche aufgrund der vergleichsweise geringen Schadenshöhe bereits aus Kulanzgründen eine Regulierung vornehmen.

Die Tatsache, dass es regelmäßig veröffentlichte obergerichtliche Entscheidungen zu dieser Problematik gibt, dokumentiert, dass derartige Schädigungen jedoch nicht nur in unserer Kanzlei, sondern auch in der allgemeinen Baupraxis von großer praktischer Relevanz sind. Wie sich die Rechtslage darstellt und worauf der Landschaftsgärtner hierbei achten sollte bzw. muss, lässt sich anhand von drei vergleichsweise aktuellen gerichtlichen Entscheidungen gut darlegen.

LG Erfurt, Urteil vom 07.02.2013 – 1 S 164/12

Im Auftrag einer Kommune führte ein Bauunternehmer Sanierungsarbeiten an einer Gabionenstützmauer durch. Von seiner Auftraggeberin hatte er die schriftliche Auskunft erhalten, dass sich im Bereich dieser Mauer keine Telekommunikationsanlagen befänden. Allerdings war die betreffende Auskunft zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme durch den Auftragnehmer bereits sechs Monate alt. Es kam, wie es kommen musste: Bei den Arbeiten wurde ein Fernmeldekabel beschädigt und die Betreiberin verlangte Schadensersatz von dem Bauunternehmer. Dieser habe seine Sorgfaltspflichten verletzt, weil er vor Beginn der Erdarbeiten nicht die notwendigen Überprüfungen zur Feststellung, ob sich in dem bearbeiteten Bereich Fernmeldekabel befanden, durchgeführt habe. Auf die Auskunft seines Auftraggebers, welche veraltet gewesen sei, habe er sich nicht verlassen dürfen. Nachdem das Amtsgericht der Klage des Telekommunikationsunternehmens noch stattgegeben hat, ist durch das Landgericht Erfurt eine Zurückweisung erfolgt. Der ausführende Unternehmer habe sich auf die Information seines Auftraggebers, d. h. der Stadt, verlassen dürfen, zumal es sich um einen ausdrücklichen Hinweis gehandelt hat. Auch die fehlende Aktualität dieser Auskunft änderte nichts an der Einhaltung der Sorgfaltspflichten durch den Bauunternehmer, denn das Telekommunikationsunternehmen konnte nicht darlegen und nachweisen, dass sich bei einer zeitnahen Auskunftseinholung bei ihm selbst eine andere Information ergeben hätte, als die, welche die Stadt schon eingeholt hatte, nämlich das Fehlen derartiger Kabel im Arbeitsbereich.

Nun könnte man meinen, dass sich ein Unternehmen, welches Erdarbeiten durchführt, also ohne Weiteres auf – nicht allzu alte – Auskünfte seines eigenen Auftraggebers verlassen darf. Dass dies jedoch nicht richtig ist, dokumentieren die beiden nachfolgend dargestellten Urteile.

OLG Naumburg, Urteil vom 31.01.2103 – 2 U 40/12

Ein Tiefbauunternehmer sollte im Bereich einer Straßenkreuzung eine Horizontalbohrung im Spülbohrverfahren durchführen. Nach dem nahezu unweigerlich aufgetretenen Schaden an einem Telefonkabel berief sich dieser Auftragnehmer darauf, auch bei einer Einsicht in die Leitungspläne dieses Unternehmens habe zumindest für den vorliegend betroffenen Bereich nicht von dem Vorhandensein von Kabeln ausgegangen werden müssen. Außerdem habe der Polier seiner Auftraggeberin erklärt, dass in der Tiefe der vorzunehmenden Bohrungen nicht mit derartigen Kabeln gerechnet werden müsse.

Dem ist das Oberlandesgericht Naumburg nachdrücklich entgegen getreten. Schon im Leitsatz der Entscheidung weist es darauf hin, dass ein Tiefbauunternehmen bei Bauarbeiten an öffentlichen Straßen in einer Stadt – insbesondere im Bereich von Kreuzungen innerstädtischer Straßen – mit dem Vorhandensein unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen rechnen muss und dass es deshalb äußerste Sorgfalt bei Schachtungen walten lassen und sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der Leitungen dort verschaffen muss, wo die entsprechenden zuverlässigen Unterlagen vorhanden sind. Das Unternehmen dürfe sich nicht auf die – mehr oder weniger zuverlässigen – Angaben seines Auftraggebers verlassen.

Im Übrigen sei in Bereichen, in welchen nach diesen Überprüfungen und Feststellungen tatsächlich mit Leitungen gerechnet werden kann und muss, davon auszugehen, dass die Leitungsführung möglicherweise nicht genau den Plänen entspricht, sondern eventuell auch räumlich entfernt, d.h. sowohl nach links und rechts als auch in der Höhe um 50 cm oder mehr, abweichend liegen kann. Dem sei durch vorsichtiges Handschachten Sorge zu tragen.

Nach dem OLG Naumburg kommt es also primär entscheidend auch darauf an, wovon ein Auftragnehmer anhand der konkreten Örtlichkeiten ausgehen darf und muss. Weder darf er sich insoweit ausschließlich auf die Angaben seines Auftraggebers bzw. Bauherrn verlassen, noch sind Angaben in Leitungsplänen der jeweiligen Versorger hinsichtlich des exakten Verlaufs der Kabel und Leitungen endgültig verbindlich; vielmehr muss hierbei mit erheblichen Abweichungen bei den Leitungsverläufen gerechnet werden.

In dieselbe Richtung geht auch die nachfolgend dargestellte Entscheidung:

OLG Celle, Urteil vom 05.12.2012 – 7 U 59/12

Ein Bauunternehmer war mit der Umgestaltung eines Bachufers beauftragt. Vor Beginn seiner Arbeiten hatte er sich über eventuelle Leitungsführungen keine Gedanken gemacht und auch keine Erkundungen eingeholt. Links und rechts vom Bachlauf befanden sich zwei mit Gullydeckeln abgedeckte Schächte. Einer dieser Schächte war vom Auftragnehmer überprüft und aufgrund der von ihm geschätzten Tiefe der Abgänge aus diesem Schacht von einer Unbedenklichkeit der beabsichtigten Arbeiten ausgegangen worden. Tatsächlich beschädigte der Bauunternehmer mit dem von ihm eingesetzten Minibagger die nur 20 cm unter dem Bachgrund liegende, die beiden Schächte verbindende Abwasserleitung der für die Abwasserentsorgung zuständigen Samtgemeinde.

Das OLG Celle verurteilte den Auftragnehmer zur Zahlung des Schadens. Grundsätzlich sei ein Tiefbauunternehmer stets dazu verpflichtet, vor Arbeit mit schwerem Gerät sicher zu stellen, dass es nicht zu Beschädigungen am Eigentum Dritter kommt. Bestünden besondere Anhaltspunkte dafür, dass von durchzuführenden Erdarbeiten Kabel und Leitungen betroffen sein können, müsse der Unternehmer Vorkehrungen treffen, um eventuelle Schäden an diesen zu vermeiden. Vorliegend habe der Tiefbauunternehmer aufgrund der Lage und Position der mit Gullydeckeln abgedeckten Schächte links und rechts des Bachbetts vermuten können und müssen, dass zwischen diesen Schächten eine Verbindung unterhalb des Bachbetts verlaufe. Fehler bei den Feststellungen zur Höhe bzw. Tiefe der Schächte und der hieraus abgeleiteten Einschätzung der Tiefe des Verlaufes der eigentlichen Abwasserleitungen gingen dabei zu Lasten des Tiefbauunternehmens.

Zusammenfassung

Im Rahmen jeglicher Tiefbauarbeiten – jedenfalls im öffentlichen Bereich – sollte ein Auftragnehmer stets folgende Dinge beachten:

Vor Ausführung der Arbeiten sollte er sich selbst und unmittelbar von den Versorgern und jeweiligen Leitungsträgern aktuelle Leitungspläne und Unterlagen zur Verfügung stellen lassen. Alternativ kann er sich von seinem Auftraggeber aktuelle Leitungspläne dieser Versorger vorlegen und gleichzeitig versichern lassen, dass mit anderen Leitungen im Boden nicht zu rechnen ist. Dann besteht auch im Fall einer – allerdings nur noch geringfügig wahrscheinlichen – Haftung höchstwahrscheinlich ein Rückgriffsanspruch gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber.

Unabhängig von diesen Vorkehrungen soll und muss der Auftragnehmer anhand der Örtlichkeiten noch einmal entscheiden, ob und inwieweit er nach den dort erkennbaren Voraussetzungen (Schächte, Telekommunikations- oder Strominstallationen, etc.) nicht trotz möglicherweise fehlender Eintragungen in Kabelplänen mit derartigen Installationen rechnen kann und muss. Ist dies der Fall, sollte der Auftragnehmer seine Arbeiten hierauf einrichten und entsprechend vorsichtig agieren. Dasselbe gilt für den Fall, dass in der Nähe bekannter, beispielsweise in Kabelplänen eingetragener, Leitungsführungen, gearbeitet wird. Stets muss damit gerechnet werden, dass – möglicherweise erhebliche – Abweichungen des tatsächlichen Leitungsverlaufs von den planerischen Angaben auftreten.

Wenn beispielsweise keine Handschachtungsarbeiten in derartigen Bereichen ausgeschrieben sind, empfiehlt sich dringend eine unverzügliche Bedenkenanmeldung bzw. vergleichbare Mitteilung an den eigenen Auftraggeber, damit dieser entsprechende Arbeiten anordnen kann. Falls dann die Anweisung erfolgt, in den betreffenden Bereichen dennoch maschinell zu arbeiten, sollte man sich dies zunächst schriftlich geben lassen. Die Entscheidung, ob das Risiko einer eventuellen Beschädigung von Kabeln durch ansprechende Arbeiten übernommen werden soll, wird dem Unternehmer hierdurch jedoch nicht abgenommen. Zwar wird eine entsprechende Anweisung möglicherweise für eine Enthaftung gegenüber dem Eigentümer der Leitungen nicht ausreichend sein, kann aber unter Umständen einen Rückgriffsanspruch gegen den Auftraggeber begründen.

Etwas anders sieht es im Bereich von Grundstücken in privater Nutzung aus, in welchen normalerweise nicht in vergleichbarer Häufigkeit und Intensität mit Leitungsführungen gerechnet werden kann und muss, wie im öffentlichen Bereich.

Hier wird man sich regelmäßig darauf verlassen können und dürfen, wenn der eigene Auftraggeber einem – am besten schriftlich dokumentiert – zusichert, dass mit entsprechenden Leitungsführungen nicht gerechnet werden kann und muss (BGH, Urteil vom 20.12.2005 – VI ZR 233/05; OLG Hamm, Urteil vom 14.11.2006 – 21 U 43/06). Dies macht eigene Erkundungen bei den Versorgern regelmäßig entbehrlich. Gibt es dann aber vor Ort und auf der Baustelle Anhaltspunkte dafür, dass doch mit entsprechenden Leitungsführungen gerechnet werden kann und muss, darf natürlich nicht einfach maschinell weiter gearbeitet werden, sondern es sind die notwendigen Erkundungen einzuholen und die oben schon dargestellten Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Anderenfalls droht dann doch wieder eine Haftung für den Landschaftsgärtner.

Und noch eine letzte Bitte: Lassen Sie sich durch den Druck, den manche Telekommunikationsunternehmen oder Versorger im Hinblick auf vermeintliche Beschädigungen durch Ihr Unternehmen aufbauen, nicht beeindrucken. Nur dann, wenn aus Ihrer fachkundigen Sicht eine Schädigung durch Sie bzw. Ihre Mitarbeiter in Betracht kommt, sollten Sie Ihre Haftpflichtversicherung vorsorglich informieren, im übrigen aber weiterhin auf einen konkreten Schadensnachweis durch den Eigentümer der Leitungen bestehen.

Verstehe Deinen Anwalt – Die Vollstreckungsklausel

Wenn Sie endlich ein Urteil gegen Ihren säumigen Auftraggeber errungen haben, möchten Sie ihm natürlich am liebsten sofort den Gerichtsvollzieher auf den Hals schicken, damit er das Geld eintreibt. Was aber meint Ihr Rechtsanwalt, wenn er sagt, er benötige zuerst noch eine Klausel? Keineswegs spricht er hierbei eine Regelung in einem Vertragswerk an, welcher auch als Klausel bezeichnet werden kann. Vielmehr meint er eine Vollstreckungsklausel. Die Zivilprozessordnung sieht nämlich vor, dass als eine der Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung dem Gläubiger zunächst eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vorliegen muss. Die hierfür in Form eines Aufdrucks oder Stempels auf dem Urteil durch das Gericht auszustellende Bescheinigung nennt man verkürzt Vollstreckungsklausel oder Klausel. Ohne diese gibt es am Ende (noch) kein Geld, weshalb man die regelmäßig nur geringfügigen Verzögerungen für die Einholung dieser Klausel leider hinnehmen muss.

Erschienen im Juli 2013 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

Bußmann & Feckler PartmbB · Rechtsanwälte und Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht
Pierstraße 1 · 50997 Köln · Tel.: 02236-92987-0 · Fax: 02236-92987-20 · rechtsanwaelte@bussmann-feckler.de