Kann die funktionierende Leistung mangelhaft sein?


Ein Landschaftsbauunternehmen soll eine Hauszuwegung pflastern. Hierzu hat es von einem Landschaftsarchitekten einen Plan und ein Leistungsverzeichnis bekommen.

Innerhalb des Leistungsverzeichnisses ist vorgesehen, dass die Bettung aus einem Bettungsmaterial der Körnung 0/5 mm bestehen soll. Der Landschaftsgärtner hat jedoch bereits seit langem gute Erfahrung in nichtbefahrbaren Bereichen mit einer Körnung 2/5 mm gemacht. Ohne dies mitzuteilen, verwendet er die besagte, vom Ausgeschriebenen abweichende Körnung. Im Rahmen der Schlussrechnungsstellung fügt er sodann die Lieferscheine bei, aus denen sich die Abweichung in der Lieferkörnung zweifelsfrei ergibt. Dies rügt der Auftraggeber und meint, es läge ein Mangel vor. Das Landschaftsbauunternehmen ist sich jedoch keiner Schuld bewusst und meint, was zutrifft, dass die ZTV-Wegebau der FLL, Ausgabe 2013, die in dem Vertragswerk sogar ausdrücklich genannt war, unter Abschnitt 2.3.1 für die hier fragliche Nutzungskategorie N1 auch ein Körnungsmaterial von 2 mm bis 5 mm erlaube. Somit sei keine Funktionsbeeinträchtigung vorhanden und es könne kein Mangel angenommen werden.

Diese vom Landschaftsbauunternehmen vertretene Auffassung ist rechtlich betrachtet durchaus problematisch. Hintergrund ist, dass es bei der Frage, ob ein Mangel vorliegt, zunächst einmal darauf ankommt, was die Parteien vereinbart haben.

Vereinbarung zählt
Nach § 633 Abs. 2 S. 1 ist das Werk nämlich nur dann frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Erst wenn eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht festgestellt werden kann, geht es darum, ob das Werk sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, hilfsweise für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die ein Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. Bei allen Materialien, die später sichtbar sind, wird man insofern auch kaum zweifeln: Hat ein Auftraggeber ein spezielles Pflastermaterial bestellt, so muss er sich nicht mit einem anderen, ebenso geeigneten Material abspeisen lassen. Was jedoch für die sichtbaren Bereiche gilt, gilt hinsichtlich der Bewertung einer Mangelhaftigkeit auch für diejenigen Bereiche, die später nicht mehr ohne Weiteres erkennbar sind. Der Mangelbegriff differenziert hier nicht. Haben die Parteien also eine Körnung 0/5 mm vereinbart, so hat der Auftraggeber auch Anspruch darauf, eine solche Körnung geliefert zu bekommen. Weicht der Auftragnehmer hiervon einseitig ab, liegt allein darin bereits der Mangel. Der Einwand, die Körnung 2/5 mm sei ebenso geeignet, mag technisch korrekt sein. Fakt ist aber: Ist eine konkrete Körnung vorgegeben, liegt ein Mangel bei einer abweichend verwendeten Körnung auch dann vor, wenn funktionelle Nachteile nicht existent sind. Dies hat nunmehr der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.07.2015 – VII ZR 70/14 – festgestellt, wobei es auch in diesem Fall um eine Abweichung in der Körnung ging.

Nachbesserung oder Mängelbeseitigung?
Freilich schließt sich sodann die weitere Frage an, ob der Auftraggeber in solchen Fällen auf jeden Fall eine Nachbesserung verlangen kann. Zu beachten ist § 635 Abs. 3 BGB, wonach der Auftragnehmer die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungsmaßnahme ins Feld führen kann. Sollte dies tatsächlich anerkannt werden, müsste er keine Nachbesserung erbringen, sich jedoch einen Minderungsbetrag anrechnen lassen. Dennoch ist Vorsicht geboten: Sicherlich wird man bei funktioneller Gleichwertigkeit relativ schnell dazu kommen, die Unverhältnismäßigkeit zu bejahen. Hat der Auftragnehmer jedoch ganz bewusst etwas anderes verwendet als ausgeschrieben war, kann ein Gericht gerade wegen des planmäßigen Vorgehens auch in solchen Fällen zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Mängelbeseitigung zu erfolgen hat und eine Ablehnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht in Betracht zu ziehen ist.

DEGA-Tipp: Änderungen besprechen!
Wenn Sie von einer konkreten Ausschreibungsposition abweichen wollen, sprechen Sie dies bitte in jedem Fall mit Ihrem Auftraggeber ab. Am besten fertigen Sie eine schriftliche Vereinbarung, um sich später nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, Sie hätten abweichend vom Vertragssoll gebaut.

Die umgeschriebene Rechnung

Der nachfolgende Fall läuft mir häufiger über den Weg als mir lieb ist: Zwar wird der Vertrag in einem Neubauvorhaben noch mit einer Person, beispielsweise einem konkreten Privatkunden abgeschlossen, wenn es dann jedoch zur ersten Rechnungsstellung kommt, möchte dieser möglichst sein Vermögen nicht antasten. Dann fällt ihm plötzlich ein, dass seine schwerreiche Frau auch einmal etwas zum Haushalt beisteuern könnte und bittet darum, die Rechnung entsprechend umzuschreiben. In der Akte, die mir übergeben wird, finde ich dann meist gerade noch ein Angebot, welches an den Ursprungskunden adressiert ist. Der gesamte weitere Schriftverkehr, der bereits mit der Abschlagsrechnung beginnt, wurde dann an die im Beispiel genannte Ehefrau geleitet. Woher die Zahlungen auf die Abschlagsrechnungen gekommen sind, hat den Unternehmer schlussendlich nicht interessiert. Nunmehr soll jedoch die Schlussrechnung geltend gemacht werden. Für mich stellt sich dann die Frage: Wen kann ich in Anspruch nehmen? Ist mit der Ehefrau überhaupt ein gültiger Vertrag geschlossen worden? Und schon fischt man im Trüben: Der Ursprungsvertrag ist sicherlich noch mit dem Auftraggeber an sich geschlossen worden. Ob die Ehefrau, mit der man vielleicht noch nie Kontakt hatte, dann jedoch wirksam beigetreten ist oder vielleicht sogar den Vertrag selbst übernommen hat, ist kaum zu klären. Besonders heikel ist dies, wenn Verjährung droht und man möglichst schnell vorgehen muss, um den Eintritt der Verjährung noch gerade eben zu verhindern. Im Zweifel wird man beide verklagen und mit dem Risiko leben müssen, gegen einen evtl. zu verlieren.

Klage gescheitert
Das Oberlandesgericht Köln hatte bereits im Jahre 2014 in einer ganz ähnlichen Situation zu entscheiden (Urteil vom 08.07.2014 – 24 U 175/13). Diese ist nun durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig geworden (BGH, Beschluss vom 26.03.2015 – VII ZR 175/14). Dort hat ein Auftragnehmer mit einem Auftraggeber einen Werkvertrag geschlossen. Mit dem zukünftigen Rechnungsempfänger, einer Konzerngesellschaft des Auftraggebers, kam der Auftragnehmer nachfolgend überein, die Rechnung auf diese Konzerngesellschaft umzuschreiben. Schlussendlich hat der Auftragnehmer versucht, den ausstehenden Rechnungsbetrag bei diesem in der Rechnung bezeichneten Empfänger, mit dem ja sogar eine Einigung dahingehend bestand, dass die Rechnungen an ihn ausgestellt werden, einzuklagen. Beim OLG Köln scheiterte er aber. Allein die Befolgung des Wunsches, die Rechnung auf ein anderes Unternehmen umzuschreiben, würde nicht dazu führen, dass dieses Unternehmen nun Schuldner der Forderung werde. Obwohl die Vereinbarung der Rechnungsumschreibung sogar mit diesem Unternehmen selbst getroffen wurde, sah das OLG hierin keinen ausreichenden Anhaltspunkt, einen Schuldbeitritt oder eine Schuldübernahme zu sehen.

DEGA-Tipp: Klare Vertragsverhältnisse schaffen
Wenn Sie mit einer Person einen Vertrag abgeschlossen haben, rechnen Sie Ihre Leistungen bitte auch stets mit dieser Person ab. Sollte die Bitte an Sie herangetragen werden, die Rechnung an einen anderen Rechnungsadressaten zu stellen und sollten Sie hier keine rechtlichen Bedenken haben – beispielsweise wegen einer zu vermutenden Steuerhinterziehung -, so sollten Sie dies nur dann tun, wenn klar ist, dass dieser Rechnungsadressat die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung ausdrücklich übernimmt. Sofern Sie eine derartige ausdrückliche Erklärung einmal vergessen haben sollten, informieren Sie zwingend Ihren Rechtsanwalt, der schlussendlich die Forderung beitreiben soll, über die gesamte Entwicklung und alle Umstände, die zu der Rechnungsumschreibung geführt haben. Nur so kann er bewerten, an wen die Klage zu richten ist. Je größer die verbleibenden Unklarheiten sind, umso höher das Risiko, dass der Falsche verklagt wird und der Rechnungsanspruch gegen den Richtigen schlussendlich verjährt.

Verstehe Deinen Anwalt – Anwaltzwang

Uns Anwälten geht es schlecht. Die Konkurrenz ist groß und ein ordentlicher Verdienst kommt auch nicht mehr dabei herum. Und dann gib es noch diese Mandanten, die alles besser wissen. Mittlerweile wollen die sogar ihre Prozesse selbst führen. Die haben das ja nicht mal gelernt – und überhaupt: Wer verdient denn dann noch etwas? Und man stelle sich doch einmal den armen Richter vor: Am Ende muss der sich auch noch mit dem Gewäsch auseinandersetzen, was eine juristisch ungeschulte Partei absondert.
Nee, so geht das nicht! Meist herrscht nämlich Anwaltzwang! Sobald man bei Zivilgerichten ein Land- oder Oberlandesgericht oder gar den Bundesgerichtshof betritt, geht nichts mehr ohne Anwalt (mit wenigen Ausnahmen, die ich aber aus Gründen des Eigenschutzes besser nicht benenne).
Nur beim Amtsgericht – und auch da nicht immer – kann sich der potenzielle Mandant selbst vertreten. Eigentlich müsste da mal unsere Berufsvertretung einhaken und auch dort den Anwaltzwang durchsetzen. Nicht dass am Ende noch jeder meint, sich selbst vertreten zu können! Ich muss schließlich auch irgendwie meine Kinder ernähren!

Erschienen im Januar 2016 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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