Klage auf zukünftige Räumung: Kosten nach sofortigem Anerkenntnis?


1. Der Vorbehalt des Mieters, die Vortäuschung von Eigenbedarf zu prüfen, gibt keine Veranlassung zur Klageerhebung auf zukünftige Räumung.
2. Der Mieter ist nicht dazu verpflichtet, vor Fälligkeit seiner Räumungsverpflichtung seine Erfüllungsbereitschaft zu erklären.
LG Saarbrücken, Beschluss vom 17.06.2022 – 10 T 20/22, Volltext: IMRRS 2022, 1642 = BeckRS 2022, 24395 ZPO §§ 93, 259

Problem/Sachverhalt
Der Vermieter von Wohnraum erklärt eine fristgerechte Kündigung wegen Eigenbedarfs und fordert die Mieter zur Räumung bis zum 01.10.2021 auf. Die Mieter erklären mit Schreiben vom 06.10.2021, dass sie mangels Einhaltung der Kündigungsfrist nicht zum 01.10.2021 ausziehen würden und sich eine Prüfung vorbehalten, ob nicht ein vorgetäuschter Eigenbedarf vorliegt. Mit Schreiben vom 22.10.2021 setzt der Vermieter den Mietern eine Frist zur Erklärung ihrer Erfüllungsbereitschaft hinsichtlich der Räumungsverpflichtung. Die Mieter geben keine derartige Erklärung ab, woraufhin der Vermieter im Dezember 2021 Klage auf zukünftige Räumung zum 01.08.2022 erhebt. Die Mieter erkennen den Anspruch sofort an, woraufhin das Amtsgericht ihnen die Kosten auferlegt.

Entscheidung
Anders das Landgericht! Es legt die Kosten des Rechtsstreits unter Verweis auf§ 93 ZPO dem Vermieter auf. Die Mieter hätten die Klageforderung sofort anerkannt und durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Ein solches Verhalten sei nicht in den Erklärungen der Mieter vom 06.10.2022 zu sehen. Dort hätten sie die Räumung nicht per se abgelehnt, sondern nur zutreffend darauf hingewiesen, dass diese mangels Einhaltung der Kündigungsfrist nicht zum 01.10.2021 erfolgen werde. Mit der Erklärung, dass sie sich eine Prüfung vorbehalten wollten, ob der geltend gemachte Eigenbedarf tatsächlich vorliegt, hätten sie das Vorliegen eines Kündigungsgrunds nicht ernsthaft bestritten, sondern lediglich die ihnen ohnehin zustehenden Rechte wahrgenommen. Die Mieter seien auch nicht dazu verpflichtet gewesen, innerhalb der vom Vermieter mit Schreiben vom 22.10.2021 gesetzten Frist ihre Erfüllungsbereitschaft zu erklären. Es gebe keine rechtliche Grundlage für eine solche Verpflichtung (vgl z. B. LG Rostock, IMR 2022, 102).

Praxishinweis
Eine Klage auf zukünftige Räumung von Wohnraum ist nur unter den Voraussetzungen des§ 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Spiegelbildlich ist bei einem sofortigen Anerkenntnis des Mieters nach § 93 ZPO zu prüfen, ob dieser durch sein Verhalten zur Klageerhebung Veranlassung gegeben und somit die vorgenannte Besorgnis ausgelöst hat. Allein das Schweigen des Mieters auf Anfragen des Vermieters hinsichtlich seiner zukünftigen Erfüllungsbereitschaft reicht hierfür trotz beachtlicher Gegenstimmen nach wohl überwiegender Auffassung nicht aus (zuletzt z. B. LG Rostock, a.a .O.; LG Berlin, Urteil vom 12.01.2016 – 32 0 476/ 15; Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl., § 546 Rz. 128). Ob ein Verhalten oder eine Erklärung des Mieters zur Kündigung oder zu seiner Räumungsverpflichtung dafür ausreicht, um beim insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Vermieter die Besorgnis auszulösen, dass eine fristgerechte Räumung in der Zukunft nicht erfolgen wird und somit Veranlassung für eine Klage auf zukünftige Räumung besteht, hängt vom Einzelfall ab (vgl. insbesondere BGH, IMR 2023, 38). Dem Vermieter kann in einer solchen Situation nur dazu geraten werden zu versuchen, den Mieter zu irgendwelchen eindeutigen Äußerungen zu „provozieren“. Der Mieter sollte sich nicht provozieren lassen und im Zweifelsfall einfach schweigen.

Erschienen im Mai 2023 bei IMR 05/2023. IMR im Internet.

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