Kündigung nach Mängeln und Bauzeitüberschreitung: Reden ist Silber, Schweigen ist Schrott


Die Gestaltung der Außenanlagen an einem Bürogebäudekomplex gelingt recht gut, nur die Pflasterung des Parkplatzes könnte man als suboptimal bezeichnen. Noch während der Bauausführung hetzt der Auftraggeber seinen eigens dafür beauftragten Privatsachverständigen auf diesen Mangel.
Da der Unternehmer auch die Bauzeit überschritten hat, kommt es zum Streit. Vielleicht war es auch nicht gerade förderlich, dass der Auftragnehmer zum Sachverständigen geäußert haben soll, er sei mit der Bauausführung überfordert.
Nach einem weiteren Ortstermin und einem schriftlichen Gutachten kündigte der Auftraggeber den Bauvertrag mit der Begründung, die Ausführung sei massiv verzögert und die im Gutachten aufgeführten Mängel seien derart gravierend, dass sein Vertrauen in Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Unternehmers erschüttert sei. Sodann ließ er die Leistungen durch ein Drittunternehmen fertigstellen und die Mängel beseitigen. Nun verlangt er die Restfertigstellungsmehrkosten und die Kosten der Mängelbeseitigung. Dem Auftraggeber wäre jedoch zu raten gewesen, vielleicht doch etwas mehr Energie in den Baustellenschriftverkehr zu stecken.

Kündigung war unverhältnismäßig
Das OLG Köln hat jedenfalls mit Urteil vom 22. August 2018 (17 U 57/16), das nun durch den Beschluss des BGH vom 24. Februar 2021 (VII ZR 186/16) rechtskräftig ist, die Ansprüche des Auftraggebers zurückgewiesen. Die Kündigung wertete das Gericht gerade nicht als außerordentliche Kündigung, da eine Kündigung wegen der überschrittenen Bauzeit nicht in Betracht kam. Eine Kündigung wegen der Mängel scheiterte jedoch daran, dass der Auftraggeber zu keinem Zeitpunkt eine Frist zur Mängelbeseitigung oder zur Abhilfe gesetzt hatte. Hieran scheiterte dann auch der Ersatz der Mängelbeseitigungskosten.
Man könne nicht allein dadurch, dass die Mängel erheblich waren, darauf schließen, dass das Vertrauen hinreichend erschüttert sein konnte, um das Vertragsverhältnis ohne vorherige Fristsetzung zu beenden. Selbst bei offen zutage tretenden erheblichen Mängeln müsse man die Gesamtsituation im Auge behalten, so das Gericht, und zum Beispiel die Mängelbeseitigungskosten bewerten, die im vorliegenden Fall trotz der Erheblichkeit der Mängel nicht allzu
hoch ausgefallen sind.
Die Kündigung wurde als „freie Kündigung“ gewertet, nach welcher der Auftraggeber dem Auftragnehmer weiterhin Gelegenheit zur Mängelbeseitigung hätte geben müssen. Eine Kündigung nämlich, die nicht auf den konkreten Mangel gestützt werden kann, lässt die Mängelbeseitigungsrechte des Unternehmers auch nach der Kündigung nicht entfallen. Fakt ist: Der Auftraggeber stand mit leeren Händen da. Hätte er im Nachgang nochmals die Beseitigung der Mängel unter Fristsetzung verlangt und wäre der Unternehmer dem nicht nachgekommen, hätte er die Mängelbeseitigungskosten zu ersetzen verlangen können.

DEGA-Tipp
Recht auf eine zweite Chance

Solange keine besonderen Fallkonstellationen vorliegen, hat der Unternehmer auch im Falle einer Kündigung das sogenannte Recht der zweiten Andienung. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Auftraggeber den Unternehmer unter angemessener Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auffordern muss, bevor er nach fruchtlosem Fristablauf einen auf Geld gerichtetn Anspruch wegen dieser Mängel erhält. Tut er das nicht, läuft er Gefahr, keine Mängelansprüche geltend machen zu können.

Erschienen im Oktober 2021 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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