Wenn der Landschaftsgärtner zum Planer wird (2)


Aus Planungsleistungen ergeben sich besondere Leistungspflichten und Haftungsrisiken. Deren Bedeutung erläutern dieser und der vorige Teil des Beitrags.

Nur in seltenen Ausnahmefällen wird dem Landschaftsgärtner der Einwand helfen, es hätte sich lediglich um einen unverbindlichen Alternativvorschlag gehandelt, welcher unter dem Vorbehalt einer fachtechnischen Prüfung durch den Auftraggeber und/oder dessen Architekten gestanden hätte. Auch der Hinweis darauf, dass es sich um lediglich aus Kulanzgründen und insbesondere kostenfrei erbrachte Planungsleistungen gehandelt hätte und dass man verbindliche Planungsleistungen selbstverständlich nur gegen eine gesonderte Vergütung erbringen würde, greift nach gefestigter und wohl zutreffender Rechtsprechung nicht durch, da ein Auftraggeber regelmäßig erwarten darf, dass ein fachkundiger Auftragnehmer entsprechende Vorschläge nur dann unterbreitet, wenn er hierfür auch eintreten möchte.

Bei allem Verständnis für einen besonders guten Kundenservice und überobligatorische Bemühungen gegenüber dem Auftraggeber sollte der Landschaftsgärtner dann, wenn er sich seiner Sache nicht zu 100 % sicher ist, entsprechende Vorschläge unterlassen oder aber diese unter den ausdrücklichen Vorbehalt einer vertieften fachtechnischen Prüfung und Bewertung durch den Auftraggeber bzw. dessen Architekten stellen.

Im Privatgartenbereich stellen sich selbst dann, wenn der Kunde durch einen fachkundigen Landschaftsarchitekten vertreten und begleitet wird, die vorhergehend dargestellten Probleme in gleicher Art und Weise. Umso mehr gilt dies natürlich dann, wenn Sie unmittelbar und ausschließlich mit dem Kunden selbst zu tun haben. In diesem Fall ist es nahezu unvermeidlich, dass Sie in gewissem Umfang auch Planungsleistungen zu erbringen haben. Schon der Erstellung eines Angebotes gegenüber dem Kunden in Form eines detaillierten Einheitspreisleistungsverzeichnisses liegen entsprechende Planungsüberlegungen zu Grunde, denn mit der Überreichung eines solchen Angebotes bringen Sie ja letztlich zum Ausdruck, dass die dort im Einzelnen aufgelisteten Arbeiten und Leistungsschritte dazu geeignet und ausreichend sind, das von dem Kunden häufig nur sehr abstrakt definierte Leistungsziel („Ich will eine schöne Terrasse mit Natursteinen“) auch tatsächlich zu erreichen.

Falls Sie in dem Beispielsfall also versehentlich vergessen haben sollten, in Ihrem Einheitspreisangebot die Tragschicht zu berücksichtigen, werden Diskussionen mit dem Kunden unvermeidbar sein. In dieser Fallkonstellation haben Sie aber noch eine vergleichsweise gute Chance, einen Mehrvergütungsanspruch für die Kosten der Tragschicht damit zu begründen, dass der Kunde diese dann, wenn Ihre Planung von Anfang an zutreffend gewesen wäre, ja ohnehin hätte zum gleichen Preis vergüten müssen.

Deutlich schwieriger wird es dann, wenn Sie Ihre Leistungen (und nicht nur die Massen) in irgendeiner Form pauschaliert oder in sonstiger Art und Weise zu verstehen gegeben haben, dass mit der festgeschriebenen Vergütung auch sämtliche zur Erreichung des Leistungserfolgs notwendigen Arbeiten abgedeckt sind. In diesem Fall hätten Sie nämlich die Haftung dafür übernommen, dass mit der festgelegten Vergütung für die Werkleistungen der Kunde das erhält, was er sich vorgestellt hatte. Dann hilft Ihnen der Einwand, dass eventuell im Rahmen Ihrer Planung vergessene Teilleistungen von dem Kunden als Sowieso-Kosten ohnehin zu vergüten gewesen wären, nicht weiter, weil Sie sich gleichzeitig als ausführendes Unternehmen dazu bereit erklärt haben, das Risiko einer eventuellen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Ihren Leistungen zu Grunde liegenden Planungen zu übernehmen.

Alles im Preis enthalten?
Auftraggeber, gleich ob es sich dabei um Generalunternehmer oder den Bauherrn handelt, stehen vor einem Dilemma: Sie möchten für möglichst wenig Geld eine hervorragende Leistung erhalten und zudem zu jedem Zeitpunkt Preissicherheit besitzen. Nun könnte man dies sicherlich mit höchst funktionalen Ausschreibungen erreichen, stünde dann aber vor dem Problem, dass der Auftragnehmer viele Ausführungsdetails selbst bestimmen könnte, solange er nur von dem vertraglich höchst allgemein beschriebenen Soll nicht abweicht. Vor diesem Hintergrund haben Auftraggeber bereits in der Vergangenheit vermehrt versucht, zwar detaillierte Leistungsverzeichnisse zu entwerfen, die sämtliche Arbeitsschritte beinhalten, in den Vertragsunterlagen jedoch eine Komplettheitsklausel versteckt. Diese formuliert dann, dass die Vertragsleistung alle Leistungen und Lieferungen umfassen soll, die erforderlich sind, um das vorgenannte Gewerk vollständig und funktionsfähig herzustellen. Fällt dann später auf, dass Leistungen im Leistungsverzeichnis vergessen wurden, jedoch notwendig sind, verweist der Auftraggeber in diesen Fällen gerne auf die Pauschale und stellt sich auf den Standpunkt, eine Preiserhöhung sei vor dem Hintergrund der vereinbarten Funktionalität nicht möglich. Einen derartigen Fall hatte nunmehr das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden, welches mit Urteil vom 27.05.2014 (Az:23 U 162/13) die Last erstaunlicherweise auf dem Auftragnehmer ablud. Es kommentierte, es handele sich bei den Vertragsklauseln um reine Preisvereinbarungen, die vom Gericht nicht auf Wirksamkeit kontrolliert werden könnten. Bislang schlug die Rechtsprechung und Literatur hierzu einen anderen Weg ein, indem nämlich derartige Komplettheitsklauseln bei detailliertem, auftraggeberseitig gestaltetem Leistungsverzeichnis als vollends unwirksam angesehen wurden, solange sie nicht individuell ausgehandelt wurden. Vor diesem Hintergrund ist das genannte Urteil auch bereits in die Kritik geraten. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich andere Gerichte hieran orientieren könnten.

DEGA-Tipp:
Sollte das genannte Urteil des OLG Düsseldorf Schule machen, kann jedem Unternehmer nur geraten werden, Vollständigkeitsklauseln schlichtweg nicht zu akzeptieren. Anderenfalls liefe man Gefahr, im Streitfall erhebliche Einbußen zu erleiden. Auf der anderen Seite darf das genannte Urteil aber auch nicht überinterpretiert werden: Gerade Zusatzleistungen, die zur Erstellung des ursprünglichen Leistungssolls nicht erforderlich sind, sind selbstverständlich ebenso zusätzlich zu vergüten wie bloße Leistungsänderungen. Haben Sie bereits einen Vertrag mit einer entsprechenden Komplettheitsklausel abgeschlossen und verweigert der Auftraggeber Nachtragszahlungen, sollten Sie auf Folgendes achten: Berücksichtigen Sie bezüglich Leistungen, die zwar im Leistungsverzeichnis nicht erwähnt waren, aber zur Erstellung der funktionsfähigen Gesamtleistung erforderlich waren, dass lediglich ein für Sie nachteiliges Urteil in der Welt ist. Teilen Sie Ihrem Auftraggeber aber auch mit, dass dieses vom Bundesgerichtshof bislang nicht bestätigt wurde und der BGH bisher eine andere Ansicht vertreten hat. Bezüglich zusätzlicher Leistungen, die zur Herstellung der Funktionsfähigkeit gerade nicht erforderlich waren, wie auch für Leistungsänderungen betonen Sie, dass diese ohnehin von vornherein nicht unter die Klausel fallen.

Verstehe deinen Anwalt: Vis maior
Bei Gelegenheit habe ich es in dieser mir ans Herz gewachsenen Zeitschrift schon das ein oder andere Mal angedeutet: Kulturell bewegen wir Anwälte uns – von einigen Ausnahmen selbstverständlich abgesehen – im Vergleich zu anderen Vertretern der Spezies Mensch in etwa auf dem Entwicklungsstand einer Amöbe. Um dies zu verschleiern, wählen wir gerne lateinische Begriffe, im festen Glauben, dass die Glanzzeiten des römischen Reiches dann zumindest teilweise auf uns abstrahlen. Werden Sie also beispielsweise auf Vertragsstrafe in Anspruch genommen und faselt Ihr selbstverständlich hochkompetenter Rechtsanwalt im Prozess zu Ihrer Verteidigung etwas von „vis maior“, können Sie sich beruhigt zurücklehnen. Dieser Mann ist nicht nur fachlich höchst kompetent; er weiß auch, was „höhere Gewalt“ in der lateinischen Übersetzung heißt. Schließlich hat er hierfür jahrelang studiert. Ex nihilo nihil fit (von nichts kommt nichts).

Erschienen im Februar 2015 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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