Mängel am besten selbst beseitigen


Nicht selten hören wir in unserer Praxis den Hinweis, die vom Auftraggeber geltend gemachten Mängel seien mit einem Minimalaufwand zu beseitigen

und würden quasi keine Rolle spielen. Ebenso häufig ist man dann erstaunt, wie hoch der Auftraggeber von seinem Standpunkt aus die Mängelbeseitigungskosten einschätzt. Dies gilt umso mehr, wenn er die Mängel bereits durch ein Drittunternehmen beseitigt hat, nachdem der ursprüngliche Auftragnehmer sich trotz Fristsetzung geweigert hat, die tatsächlich existenten Mängel zu beseitigen.

Wenn es nachfolgend in einem Gerichtsverfahren um die Kosten der Mängelbeseitigung geht, wehrt sich der Auftragnehmer, der den Mangel verursacht hatte, nicht selten damit, die Kosten seien „nicht ortsüblich und nicht angemessen“. Ein Auftragnehmer, der sich in dieser Form wehrt, wird jedoch eines Besseren belehrt werden: Mit Beschluss vom 04.10.2012 – VII ZR 139/11 hat der Bundesgerichtshof eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 05.05.2011 – 9 U 5060/09 zurückgewiesen. In besagtem Fall hatte ein Auftraggeber von einem Auftragnehmer erhebliche Mängelbeseitigungskosten verlangt. Der Auftragnehmer wehrte sich damit, diese seien deutlich überzogen. Außerdem müsse er keine Kosten der Planung und Bauleitung im Rahmen der Mängelbeseitigung zahlen. Schon gar nicht müsse er Kosten übernehmen, die über den Mindestsätzen in der HOAI lägen. Das Oberlandesgericht München hat dem Vorbringen des Auftragnehmers eine deutliche Absage erteilt. In einem umfangreich begründeten Urteil wies es darauf hin, dass es nicht auf die Üblichkeit der Kosten der Mängelbeseitigung ankomme. Vielmehr könne der Auftraggeber das verlangen, was er hinsichtlich der Mängelbeseitigung für erforderlich halten durfte. Dass mit einer derartigen Beurteilung ein Risiko erhöhter Kosten verbunden ist, liegt auf der Hand. Nach der Ansicht des Oberlandesgerichts München trägt dieses Risiko jedoch der den Mangel verursachende Auftragnehmer. Eine Einschränkung ergebe sich erst dann, wenn die Grenzen der Erforderlichkeit eindeutig, also aus der Sicht eines (objektiven) Auftraggebers leicht erkennbar überschritten seien. Dieses Urteil liegt auf der Linie der BGH-Rechtsprechung der vergangenen Jahre. Hinsichtlich der Gerechtigkeitsbewertung müsse man sich vor Augen führen, dass der Auftragnehmer sich bereits zweimal vertragsuntreu verhalten habe: Zum einen habe er das Werk mangelhaft ausgeführt und sodann seine Pflicht zur Mängelbeseitigung nicht erfüllt. Selbstverständlich müsse der Auftraggeber dennoch seine Schadensminderungspflicht beachten. Eine Verletzung werde jedoch erst dann angenommen, wenn die Grenzen der Erforderlichkeit eindeutig überschritten seien. Genau diese Grenze war in dem vorliegenden Fall nicht überschritten, wenngleich Zweifel an der Üblichkeit der Abrechnung bestanden.

Das Urteil führt ganz deutlich vor Augen, dass einem Unternehmer damit nicht geholfen ist, bei berechtigten Mängelrügen den Kopf in den Sand zu stecken. Es dürfte auf der Hand liegen, dass der Unternehmer, welcher das Werk ursprünglich erstellt hatte, die Mängelbeseitigung deutlich kostengünstiger wird betreiben können. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass er keine Zuschläge anderer Unternehmer leisten muss. Auch die nahezu flächendeckend festzustellende Tendenz, dass ein Drittunternehmen sich die Beseitigung fremder Mängel aufgrund der damit einhergehenden Risiken mit einer erhöhten Vergütung bezahlen lässt, darf nicht aus den Augen verloren werden. Vielfach benötigt ein fachlich unerfahrener Auftraggeber zudem Unterstützung von Fachleuten, die – je nach Falllage – ebenfalls zusätzlich zu vergüten ist. Von unserer Seite kann daher nur empfohlen werden, dass jeder ausführende Betrieb offen mit von ihm verursachten Mängeln umgehen sollte. Sollten darüber unterschiedliche Auffassungen bestehen, ob Mängel tatsächlich vorliegen, macht es Sinn, sich mit dem Auftraggeber nicht zu zerstreiten, sondern kooperativ – auch im Rahmen eines etwaigen Gerichtsverfahrens – an der Falllösung zu arbeiten, um dann, wenn die Mängel gegebenenfalls durch einen Sachverständigen festgestellt werden, das Vertrauen des Auftraggebers zu besitzen, dass dieser die Mängelbeseitigung noch durch das eigene Unternehmen ausführen lässt.

Vorsicht bei Leistungseinstellungen!

Für den Auftragnehmer ist die Leistungs- oder Arbeitseinstellung nicht selten die einzige Möglichkeit, einen zahlungsunwilligen Auftraggeber doch noch zur Zahlung zu bewegen. Hierbei kann man sich auf § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B (vormals: § 16 Abs. 5 Nr. 5 VOB/B) berufen. Eine Arbeitseinstellung ist dann möglich, wenn die Zahlung fällig ist, sich der Auftraggeber in Zahlungsverzug befindet und ihm zuvor eine angemessene Frist zur Zahlung gesetzt wurde, die erfolglos verstrichen ist. Die Arbeitseinstellung in einer solchen Situation muss jedoch wohl überlegt werden. Nicht nur das Recht des Auftraggebers, bereits bei Abschlagszahlungen im Falle vorhandener Mängel regelmäßig das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zurückzuhalten (§ 641 Abs. 3 BGB), kann die Möglichkeit der Einstellung zunichte machen. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 23.08.2012 – VII ZR 192/10 nunmehr die Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 13.10.2010 – 1 U 380/09 zurückgewiesen, in welchem eine Arbeitseinstellung trotz Vorlage der formellen Voraussetzungen als unzulässig angesehen wurde:

Der Auftragnehmer des dortigen Falls hatte seine Arbeiten eingestellt, nachdem der Auftraggeber eine Kürzung der Abschlagsrechnung in geringer Höhe (dort: ca. 1,5% des Rechnungsbetrags – rund 2.200,00 €) vorgenommen hat. Das Gericht hat trotz Vorlage der formellen Voraussetzungen eine Arbeitseinstellungsmöglichkeit abgelehnt. Es hat nämlich aufgrund der nur geringen Abzüge den Grundsatz von Treu und Glauben in den Vordergrund gerückt. Dies wurde damit begründet, dass die Höhe des Zahlungsrückstandes nur vergleichsweise gering, die Konsequenzen aus einer Arbeitseinstellung jedoch durchaus hoch gewesen sind. Die aus der Arbeitseinstellung entstehenden Folgen wurden daher als unverhältnismäßig angesehen. Das Gericht hat weiter ausgeführt, dass es dem Auftragnehmer nicht möglich ist, quasi im Vorgriff auf zukünftige Kürzungen zu reagieren. So hatte der Auftragnehmer vorgetragen, er hätte befürchten müssen, der Auftraggeber würde auch in zukünftigen Rechnungen Streichungen vornehmen, die dann einen höheren Anteil ausmachten. Hier hat das Gericht darauf verwiesen, dass § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B nur auf bereits gestellte, fällige und in Verzug befindliche Rechnungen anwendbar sei. Das Gericht ließ zudem das Argument des Auftragnehmers nicht gelten, der Auftraggeber habe bereits bei einem früheren Bauvorhaben Abzüge vorgenommen, die zu einem langwierigen Rechtsstreit geführt hätten. Derartiges sei für den vorliegenden Streit gänzlich irrelevant.

Die Gefahren einer unrechtmäßigen Arbeitseinstellung sind nicht gerade gering: So kann es sein, dass dem Auftraggeber durch die Einstellung ein Schaden entsteht, den der Auftragnehmer schlussendlich zu tragen hat. Auch kann der Auftraggeber den Auftragnehmer zur Wiederaufnahme der Arbeiten oder zur Vollendung des vertraglichen Leistungssolls unter Fristsetzung und Kündigungsandrohung auffordern (§ 5 Abs. 4 VOB/B). Verhält sich der Auftragnehmer dann weiterhin in rechtswidriger Weise, indem er die rechtsirrige Ansicht vertritt, die Arbeiten nicht wieder aufnehmen zu müssen, droht ihm sogar die Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund. Eine Arbeitseinstellung sollte daher in jedem Fall wohl überlegt sein.

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Erschienen im Februar 2013 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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