Weil der Fall so schön exemplarisch ist, wollen wir ihn einmal dort belassen, wo er spielt, nämlich im Hochbau. Die Ergebnisse des dort gesprochenen Urteils lassen sich jedoch auf den Landschaftsbau deckungsgleich übertragen:
Ein Auftragnehmer sollte im Rahmen der Errichtung eines Einfamilienhauses eine 9 cm starke Hartschaumdämmung einbauen. Tatsächlich aber zeigte sich später, dass die eingebaute Dämmung nur 8 cm stark war. Den Beweis, dass die Reduzierung um 1 cm nachträglich vereinbart gewesen wäre, konnte der Bauhandwerker nicht erbringen.
Er führte dann aber ins Feld, die Mängelbeseitigung sei absolut unverhältnismäßig, da sie einen mittleren bis hohen fünfstelligen Betrag kosten würde, während die zusätzliche Dämmeigenschaft des weiteren Zentimeters kaum eine Rolle spielen werde. Daher habe er die Mängelbeseitigung abgelehnt und müsse sich an den Kosten der Beseitigung durch Dritte nicht beteiligen.
Unternehmer musste zahlen
Der beauftragte Sachverständige teilte mit, er könne dies nicht genau beurteilen, es sei aber nicht auszuschließen, dass das stärkere Dämmmaterial bei einem Feuchtigkeitseintritt geeignet sein könne, eine Schimmelbildung und damit in letzter Konsequenz eine Verminderung der Dämmfunktion zu verhindern. Obwohl die Einzelheiten unklar blieben, verurteilte das Gericht den Bauunternehmer, den verlangten Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung in voller Höhe zu zahlen.
Grundsätzlich gilt zwar, dass der Unternehmer bei einer Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung diese ablehnen kann und auch keine Kostenerstattung für die Beseitigung durch einen Dritten zahlen muss (§ 635 Abs. 3 BGB). Allerdings kommt es bei der Frage der Verhältnismäßigkeit nicht primär auf die Höhe der Mängelbeseitigungskosten an. Vielmehr müssten alle Umstände des Einzelfalls abgewogen werden. Insofern müsste sich für die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit ergeben, dass der durch die Mängelbeseitigung erzielbare Erfolg zu den aufzuwendenden Kosten außer Verhältnis steht. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an der mangelfreien Leistung ein ganz erheblicher und damit unangemessener Aufwand gegenübersteht, sodass die Forderung, den Mangel zu beseitigen, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Funktionalität könnte beeinträchtigt werden
Auch zu berücksichtigen ist insofern, ob den Auftragnehmer an dem Mangel ein Verschulden trifft, er vielleicht sogar vorsätzlich gehandelt hat. Je stärker sein Verschulden zu werten ist, umso seltener ist von einer Unverhältnismäßigkeit auszugehen. In dem zu diesem Fall war zu erwarten, dass die Funktionalität beeinträchtigt werden könnte, was der Auftraggeber nicht hinnehmen musste.
Entsprechend wurde der Auftragnehmer verurteilt, den gesamten Kostenvorschuss zu zahlen (OLG Oldenburg, Urteil vom 8. November 2022 – 2 U 10/22, rechtskräftig durch: BGH, Beschluss vom 10. April 2024 – VII ZR 226/22, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen). Deckungsgleich wäre es übrigens gelaufen, hätte der Unternehmer in dem zweiten in dieser Ausgabe der DEGA kommentierten Fall versucht, sich auf eine Unverhältnismäßigkeit zu berufen.
DEGA-Tipp: Selten, aber in Betracht zu ziehen
So selten die Unverhältnismäßigkeit eingewandt werden kann, so sehr sollte man sie im Blick behalten. Geht es beispielsweise nur um optisch wahrnehmbare Mängel, mag die Unverhältnismäßigkeit schon deutlich näherliegen. Auch dann, wenn zwar ein Funktionalmangel vorliegt, der Vorteil des Auftraggebers in der Beseitigung desselben jedoch nur verschwindend gering ist, kann man es auch insofern mit der Unverhältnismäßigkeit versuchen. Man muss jedoch beachten, dass an die Stelle der Mängelbeseitigung dann eine Möglichkeit des Auftraggebers gegeben ist, den Werklohnanspruch zu mindern, gegebenenfalls auch Schadensersatz zu verlangen.
Erschienen im November 2024 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.