Eigentlich steht es dem Auftragnehmer zu, von ihm zu verantwortende Mängel auch selbst zu beseitigen. Deswegen muss der Auftraggeber, bevor er auf andere Mängelrechte wie Selbstbeseitigung, Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz statt der Leistung zurückgreifen kann, eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzen. Erst wenn diese fruchtlos abgelaufen ist, kann er sich der genannten Sekundärrechte bedienen.
Gerade dieses Erfordernis der Fristsetzung wird jedoch immer wieder missachtet. Da werden Mängelbeseitigungsaufforderungen ohne jegliche Fristenbindung verwendet, oder es wird gefordert, der Auftragnehmer möge sich innerhalb einer bestimmten Frist zurückmelden und zu den Mängelvorwürfen Stellung beziehen, während man eine Frist zur Mängelbeseitigung vergeblich sucht. Äußert sich der Auftragnehmer in einer solchen Situation negativ und vertritt, Mängel lägen nicht vor oder er sei für den vorliegenden Mangel gar nicht verantwortlich, möchte der Auftraggeber die Mängel dann möglichst schnell selbst beseitigen.
Verzicht auf Fristsetzung selten gerechtfertigt
Zwar ist es ausnahmsweise möglich, auf die Fristsetzung zu verzichten, wenn der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung „ernsthaft und endgültig“ ablehnt. Dies ist indessen selten der Fall. Während man die Ernsthaftigkeit meistens nicht in Zweifel kann, sieht es mit der Endgültigkeit durchaus anders aus. So genügt es nicht, wenn ein Auftragnehmer auf eine Mängelrüge lediglich antwortet, er fühle sich für den Mangel nicht verantwortlich. Auch liegt in aller Regel keine ernsthafte und endgültige Verweigerung vor, wenn sich die Parteien bereits in einem Gerichtsverfahren befinden und der Auftragnehmer den Mangel dort bestreitet. Denn das Bestreiten muss sich als das tatsächlich letzte Wort, über das unter keinen Umständen mehr diskutiert wird, erweisen.
Nun hatte das Oberlandesgericht (OLG) Köln mit Urteil vom 15.07.2020 – 11 U 64/19 in einem Fall zu entscheiden, in dem der Auftragnehmer zwar zunächst ernsthaft und endgültig die Erfüllung seiner Leistungen verweigerte, dann jedoch zu einem späteren Zeitpunkt und vor der Reaktion des Auftraggebers doch wieder Gespräche anbot. Das Gericht stellte sich auf den Standpunkt, dass entgegen der Wortbedeutung des Begriffs „endgültig“ quasi ein Rücktritt von der Endgültigkeit möglich ist. Beginnen die Parteien also zu verhandeln oder bietet der Auftragnehmer seinerseits Verhandlungen an, kann von Endgültigkeit keine Rede mehr sein.
Was heißt „endgültig“?
Bei der Bewertung der Endgültigkeit kommt es nämlich auf den Zeitpunkt an, an dem der Auftraggeber die genannten Sekundärrechte fordert. Haben zu diesem Zeitpunkt bereits Verhandlungen über die Mängelbeseitigung begonnen, interessiert die einstige Verweigerung des Auftragnehmers nicht mehr. Hätte der Auftraggeber eine Mängelbeseitigungsfrist gesetzt und wäre diese verstrichen, müsste er keine Arbeiten des Auftragnehmers mehr zulassen. Hat er die Frist nicht gesetzt und möchte der Auftraggeber einwenden, eine Fristsetzung sei wegen ernsthafter und endgültiger Leistungsverweigerung unnötig, dringt er damit nicht mehr durch, wenn der Auftragnehmer von der Endgültigkeit „zurücktritt“,
Dega-Tipp: Der Auftraggeber, der einen Auftragnehmer wegen Mängelrechten in Anspruch nehmen möchte, sollte stets darauf achten, zunächst eine Frist zur Mängelbeseitigung zu setzen. Tut er dies nicht, läuft er Gefahr, schlussendlich die Mängelrechte zu verlieren. Wie der oben genannte Fall des OLG Köln zeigt, ist ein Vertrauen auf eine ernsthafte und endgültige Verweigerung des Auftragnehmers dann trügerisch, wenn dieser sich rechtzeitig wieder von seiner Verweigerungshaltung lossagt. Eine angemessen kurze Frist zur Mängelbeseitigung hätte dieses Problem gelöst.
Erschienen im September 2020 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.