Wenn der Unternehmer Bedenken an der Art der Bauausführung oder hinsichtlich Anordnungen des Auftraggebers hat, so tut er gut daran, diese Bedenken anzumelden.
Nichts anderes regeln § 4 Abs. 1 Nr. 4 und der altbekannte § 4 Abs. 3 VOB/B. Diese Pflicht dient den Interessen des Auftraggebers. Er soll informiert und vor Risiken bewahrt werden, die sich aus der Planung, seinen Anordnungen, Vorunternehmerleistungen oder vorgeschriebener oder vom Auftraggeber gelieferter Produkte ergeben könnten. Natürlich darf der Auftraggeber auf den damit einhergehenden Schutz verzichten, wenn nicht gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegenstehen.
Das Oberlandesgericht Köln hat mit Beschluss vom 16. Oktober 2014 – 11 U 47/14 nochmals klargestellt, dass der Auftraggeber trotz ordnungsgemäßer Bedenkenanmeldung auf einer Umsetzung seiner Vorgaben bestehen kann. Das Recht des Unternehmers, die Arbeitsaufnahme bei zurückgewiesener Bedenkenanzeige zu verweigern, beschränke sich in erster Linie auf Fälle, in denen die Bauausführung zu Gefahr für Leib und Leben von Personen führen würde. Das war in dem vom OLG Köln zu entscheidenden Fall nicht ersichtlich, denn der Auftraggeber wies den Unternehmer lediglich zu Parkettverlegearbeiten bei einer Luftfeuchtigkeit von über 80 % an, obwohl der Unternehmer zuvor auf Schwierigkeiten bei den Verklebungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht hatte.
Kein Nachteil für Unternehmer
Aus der Anweisung entsteht dem Unternehmer auch kein Nachteil, denn sind seine Bedenken richtig und resultiert aus der Anweisung eine Mangelhaftigkeit des Werkes, muss der Unternehmer keine Verantwortung für den angekündigten Pfusch am Bau übernehmen (§ 13 Abs. 3 VOB/B). Eine Kündigungsmöglichkeit, die der im vom OLG Köln entschiedenen Fall wohl cholerisch veranlagte Parkettleger leichtfertig ausgesprochen hat, steht dem Bauunternehmer jedenfalls nicht zu.
Dieser Entscheidung steht nur scheinbar eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 02. März 2018 – 22 U 71/17 gegenüber, in der ein Dachdecker die Arbeiten einstellte, nachdem er Bedenken gegen die Art der Bauausführung angemeldet hatte. Der Dachdecker fand auf nicht gedämmten Balkonen einen Estrichbelag ohne Gefälle vor, sollte aber laut Leistungsverzeichnis eine PVC-Abdichtung anbringen, für die ein Mindestgefälle von 2 % vorgegeben war. Er teilte der Auftraggeberin mit, dass er jegliche Gewährleistung ablehne und eine schriftliche Freistellungserklärung fordere, sollte diese auf der fachwidrigen, gefällelose Abklebung bestehen. Auf diese Bedenken ging die Auftraggeberin überhaupt nicht ein und lehnte die Freistellung von der Gewährleistung sogar ausdrücklich ab. Hier urteilte das OLG Düsseldorf, dass dem Auftragnehmer in einem solchen Einzelfall nach Treu und Glauben ein Leistungsverweigerungsrecht zuzuerkennen sei. Die Prüfung der angemeldeten Bedenken würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu dem Ergebnis führen, dass die von der Auftraggeberin vorgesehene Art der Ausführung zum Eintritt eines erheblichen Leistungsmangels oder eines hohen Schadens führen würde.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist eine sehr umfangreich begründete und auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützte Einzelfallentscheidung. Hier spielte sicher auch eine Rolle, dass die Auftraggeberin sich nie ernsthaft mit den Bedenken des Dachdeckers auseinander gesetzt hat und dass der Eintritt eines hohen Schadens besonders leicht erkennbar war.
DEGA-Tipp: Bedenken des Auftragnehmers dienen dem Auftraggeber. Wenn er sich über dessen Bedenken hinweg setzen möchte, so kann er dies grundsätzlich tun. Der Auftragnehmer ist dann gut beraten, den Anweisungen des Auftraggebers nachzukommen, solange keine Gefahr für Leib und Leben besteht. Allerdings sollten diese Anweisungen immer schriftlich dokumentiert werden. Im Einzelfall kann eine frühzeitige baubegleitende Rechtsberatung sinnvoll sein.
Erschienen im Juli 2018 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.