Meinungsverschiedenheit zum Aussehen des Bauwerks: Schönheit liegt im Auge des Betrachters


Das eben besprochene Urteil des OLG Dresden beinhaltete noch mehr: Das Gericht hatte über einen Umstand zu entscheiden, der auch dem Landschaftsgärtner nicht fremd ist: Zwar ging es beim OLG Dresden um eine Tiefgarage, wir können den Fall aber ohne Weiteres auch auf den Landschaftsbau übertragen.

Verlegte man den Fall von der Tiefgarage auf das Tiefgaragendach, so könnte man sich vorstellen, dass dort eine Vegetationsfläche und eine Plattenfläche entstehen sollten. Nachdem der Unternehmer voller Stolz seine Leistung präsentiert hat, blickt er zu seinem Erstaunen in das leere Gesicht des Auftraggebers, der sich das Ganze offensichtlich anders vorgestellt hatte. Dieser meint, er sei mit der Optik unzufrieden, was dazu führe, dass der Unternehmer nachbessern müsse.
Nun ist es tatsächlich so, dass optische Mängel durchaus echte Mängel im Sinne des Gesetzes sind. Mit der Ausrede, es sei nur die Optik betroffen, wird der Auftragnehmer also zunächst nicht gehört. Man muss sich aber die Frage stellen, wann denn überhaupt eine hinreichende optische Abweichung vorliegt, um einen Mangel annehmen zu können. Entscheidend ist dabei immer das sogenannte „Bausoli“, also das, was die Parteien vereinbart haben.

Was sind optische Mängel?
Die Funktionalität ist – das setzen wir hier einmal voraus – nicht beeinträchtigt. Dennoch kann eine Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen im Hinblick auf die Optik relevant sein. Ob das der Fall ist, ist durch die Auslegung des Vertragsinhalts festzustellen. Hätten die Parteien zum Beispiel über einen besonders repräsentativen Charakter gesprochen und hätte der Unternehmer dann billige, nicht sonderlich gut gewachsene, wenngleich noch gerade so typischen Anforderungen entsprechende Pflanzen gewählt, so kann dies durchaus einen Mangel darstellen (OLG Hamburg, Urteil vom 28. September 2018 – 11 U 128/17 für einen Fußbodenbelag in einer Zahnarztpraxis).
In dem Fall des OLG Dresden war es jedoch anders: Eine Vereinbarung einer besonderen Optik konnte der dortige Auftraggeber gerade nicht darlegen und beweisen. Dann aber kann er sich auch nicht beschweren, dass es anders aussehe, als er sich das vorgestellt habe, solange die Leistung ordnungsgemäß ist, also den anerkannten Regeln der Technik entspricht und „normalen“ optischen Ansprüchen genügt.

DEGA-Tipp: Vorsicht und lieber vertraglich festhalten
Mir sind viele Bauvorhaben bekannt, in denen auf optische Mängeleinwendungen des Auftraggebers Nacharbeiten erfolgen, weil man es ihm recht machen will. Oft wird die Leistung dann eher verschlimmbessert und man findet sich am Ende doch vor Gericht wieder. Der Unternehmer sollte zwar stets kritisch mit seiner eigenen Leistung umgehen und bei tatsächlichen Mängeln diese auch möglichst selbst abstellen. Allerdings bedeutet das nicht, dass jeder noch so seltsame Änderungswunsch eines Auftraggebers umzusetzen ist. Gerade bei vermeintlich optischen Mängeln, die nicht etwa objektiv, sondern darin begründet liegen, dass der Auftraggeber etwas
„nicht so schön findet“, sollte man vorsichtig sein.
Es sollte stets überprüft werden, ob das „Schönheitsempfinden“ des Auftraggebers auch mit dem Vertragsinhalt konform geht. Ergeben sich keine besonderen Vorgaben aus dem Vertrag oder den Umständen, ist die Leistung nach den Regeln der Technik auszuführen, wobei man auch dann in optischer Hinsicht nicht tun kann, was man möchte. So mögen die Pflanzabstände von Solitärgehölzen fachtechnisch eingehalten werden – wenn sich das gesamte Ensemble dann objektiv störend darstellt, zum Beispiel weil ein Baum unsymmetrisch zu den anderen gepflanzt wurde, kann trotzdem ein (optischer) Mangel anzunehmen sein. Dort aber, wo es nur noch um den reinen Geschmack geht, ist der Auftraggeber gehalten, seine Wünsche im Vorfeld zu äußern und vertraglich festzuhalten.
Erschienen im März 2025 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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