Neues Bauvertragsrecht – Geänderte Abnahmeregelungen sind im Sinne der Auftragnehmer


Während wir uns in der letzten DEGA- mit den Änderungsanordnungen nach Vertragsschluss befasst haben, begeben wir uns nun an das Ende der Bauphase. Dort sollte stets die Abnahme stehen – mit allen Konsequenzen. Das neue Bauvertragsrecht enthält auch hier Änderungen.

Auch nach dem neuen Bauvertragsrecht stellt die Abnahme die Schlussrechung fällig, lässt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnen und die Beweislast für bei der Abnahme nicht vorbehaltene Mängel auf den Auftraggeber übergehen. Sie überträgt auch die Gefahr von nicht durch den Auftragnehmer verursachten Beschädigungen auf ihn.

Das grobe System wurde beibehalten: Ist das Werk vertragsgemäß hergestellt, hat es der Auftraggeber dieses abzunehmen, wobei er die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigern kann (§ 640 Abs. 1 BGB). Weiter gilt, dass eine Abnahme angenommen wird, wenn der Unternehmer nach Fertigstellung eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und diese fruchtlos verstrichen ist (jetzt: § 640 Abs. 2 BGB).

Ablehnungserklärung nicht ohne Mangel

Wurde eine solche Frist gesetzt, kann der Auftraggeber der Abnahmefiktion faktisch nur noch entgehen, wenn er innerhalb der gesetzten Frist die Verweigerung der Abnahme erklärt. Dies war bislang durch einen relativ plumpen Hinweis ohne jede Begründung möglich. Dies hielt der Gesetzgeber nicht mehr für sachgerecht und ordnet nun für ab dem 1. Januar 2018 geschlossene Verträge an, dass neben der Ablehnungserklärung mindestens ein Mangel benannt werden müsse. Dabei muss es sich freilich nicht unbedingt um einen wesentlichen Mangel handeln – so weit wollte der Gesetzgeber nicht gehen.

Dennoch wird sich der Auftraggeber in gewisser Weise mit der Maßnahme beschäftigen müssen. Würde er die Abnahme nämlich ohne Nennung eines Mangels ablehnen und würde die vom Auftragnehmer gesetzte Abnahmefrist ablaufen, genügte dies nicht und eine Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB wäre erfolgt. Bei Verbrauchern ist es aber nötig, dass diese gemeinsam mit der Abnahmeaufforderung auf die Folgen des Schweigens oder einer ohne Angabe von Mängeln erklärten Abnahme ausdrücklich und in Textform hingewiesen werden.

Was geschieht aber, wenn der Auftraggeber die Abnahme wirksam verweigert, indem er mindestens einen Mangel aufführt? Ist dann der Weg zunächst einmal zu Ende? Nach dem bisherigen Recht war dies so. Man musste entweder nachbessern und dann erneut die Abnahme verlangen oder, wenn man überzeugt war, dass der Leistung keine wesentlichen Mängel innewohnten, den Rechtsweg beschreiten.

Mängel gemeinsam protokollieren

Für Bauverträge hat sich der Gesetzgeber nun etwas Besonderes einfallen lassen: den § 650g Abs. 1 BGB: Hat der Besteller wirksam die Abnahme verweigert, hat er auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken. Diese Zustandsfeststellung soll protokolliert und von beiden Parteien unterzeichnet werden. Zwar ist sie nicht mit der Abnahme zu verwechseln, jedoch wird der Auftraggeber in besonderem Maße motiviert sein, innerhalb dieser Feststellung alle ihm bekannten Mängel protokollieren zu lassen. Dies wiederum hängt damit zusammen, dass auch die Zustandsfeststellung nicht etwa im luftleeren Raum hängt, sondern ihrerseits Rechtswirkungen auslöst.

Stellen wir uns vor, zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer fände eine solche Zustandsfeststellung statt. Wie so oft geht es danach auf der Baustelle mit anderen Unternehmen weiter. Nach einigen Wochen rügt der Auftraggeber sodann eine Abplatzung an einem Kantenstein, die leicht sichtbar ist. Im Protokoll der Zustandsfeststellung ist diese Abplatzung nicht enthalten. Wenn wir nun davon ausgehen, dass der Auftraggeber (wie meist) bereits Zugriff auf das entstandene Werk hatte, wird nach § 650g Abs. 3 BGB vermutet, dass ein festgestellter offenkundiger Mangel erst nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist. Das ist für die Frage der Haftung von einiger Wichtigkeit: Eigentlich nämlich muss der Unternehmer dem Besteller das Werk zum Zeitpunkt der Abnahme vertragsgerecht hergestellt haben. Für alle bis zur Abnahme existenten Mängel haftet der Auftragnehmer, ohne dass es auf sein Verschulden ankäme. Wäre also ein unbekannter Dritter vor der Abnahme gegen den Kantenstein gefahren, müsste der Unternehmer die dadurch entstandene Abplatzung bis zur Abnahme kostenfrei beseitigen. Wäre ein solcher Schaden aber von Auftraggeber verschuldet worden, könnte dieser auch vor der Abnahme keine Beseitigung verlangen bzw. eine solche nur gegen eine zusätzliche Vergütung durchsetzen.

Protokoll relevant für die Mängelbeseitigung

Das Problem zeigt sich allerdings in der Realität darin, dass dem Auftraggeber ein solches Verschulden meist nicht nachgewiesen werden kann. Genau hier knüpft die Neuregelung an: Sobald es zur Zustandsfeststellung gekommen ist, bedarf es eines solchen Nachweises nicht mehr. Ist der Mangel offenkundig, hätte er also bei der Zustandsfeststellung ohne weiteres entdeckt werden können, und wurde er dennoch nicht in das Protokoll aufgenommen, darf man fortan davon ausgehen, dass er im Zeitpunkt der Zustandsfeststellung noch nicht vorlag und der Auftraggeber dessen Entstehen zu vertreten hatte. Solange dies der Fall ist, kann der Auftraggeber keine Mängelbeseitigung verlangen.

Dennoch ist Vorsicht geboten: Dem Auftraggeber steht der Gegenbeweis zu. Kann er beweisen, dass die Abplatzung bereits bei der Zustandsfeststellung vorhanden war oder dass ihn kein Verschulden trifft, fällt das Kartenhaus erneut zusammen. Dabei verdient die Tatsache besondere Berücksichtigung, dass der Auftraggeber für Verfehlungen anderer von ihm beauftragter Unternehmer nach derzeitiger Rechtsprechung des BGH nicht haften muss. Ihm genügt es also, wenn er beweisen kann, dass ein Dritter den Schaden verursacht hat. Zumindest dann, wenn er selbst auch auf der Baustelle tätig war, wird dies jedoch nicht unbedingt leicht gelingen, solange er nicht des tatsächlichen Verursachers habhaft wird. Er muss nämlich nicht nur eine hohe Wahrscheinlichkeit der Verantwortung eines anderen beweisen sondern die eigene Verantwortung faktisch ausschließen.

Dies wiederum wird ihm dann leicht gelingen, wenn der Schaden nach seiner Art gar nicht von ihm verursacht sein kann. Dann schreibt bereits § 650g Abs. 3 BGB vor, dass die genannte Vermutung nicht gilt. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein Materialfehler existent ist, der bei der Zustandsfeststellung zwar leicht erkennbar war, aber nicht wahrgenommen wurde. Dennoch dürfte für den Unternehmer die Zustandsfeststellung ein Schritt in die richtige Richtung sein. Die Zukunft wird zeigen, wie scharf das Schwert tatsächlich ist.

Bei Weigerung: einseitige Zustandsfeststellung

Was geschieht aber, wenn der Auftraggeber sich weigert, eine Zustandsfeststellung durchzuführen? Muss man dann auf Durchführung einer solchen klagen? Auch hierfür hat das neue Bauvertragsrecht eine nachvollziehbare Lösung parat: Bleibt der Besteller einem vereinbarten oder einem von dem Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Zustandsfeststellung fern, so kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung nach § 650g Abs. 2 BGB auch einseitig vornehmen. Diese Zustandsfeststellung lässt dann alle Wirkungen eintreten, die auch im Rahmen einer beidseitigen Protokollierung eingetreten wären. Der Unternehmer muss freilich die einseitige Zustandsfeststellung mit dem korrekten Datum versehen, sie unterschreiben und dem dem Besteller eine Abschrift der einseitigen Zustandsfeststellung zur Verfügung zu stellen. Bleibt der Besteller hingegen infolge eines Umstands fern, den er nicht zu vertreten hat und teilt er dem Unternehmer diesen Umstand unverzüglich mit, soll dem Unternehmer das Recht der einseitigen Durchführung nicht zustehen.

Die soeben vorgestellten neuen Abnahmeregelungen machen ein Umdenken im Unternehmen und eine Umstellung der Abläufe erforderlich. Wegen der im Gesetz enthaltenen Situationsverbesserungen lohnt es sich aber, diese zu installieren – wie es sich überhaupt lohnt, die Abnahmevorschriften ernst zu nehmen.

Erschienen im Februar 2018 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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