Öffentliche Aufträge: Nachtrag ohne Auftrag möglich


Wie in dem nebenseitig dargestellten Sachverhalt des Oberlandesgerichts Köln zu sehen ist, neigen institutionelle Auftraggeber, beispielsweise die öffentliche Hand, häufig dazu, auf begründete Anfragen des Auftragnehmers nicht, insbesondere aber nicht mit der gebotenen Geschwindigkeit, zu reagieren.
Ein typischer Fall ist die Beauftragung von Nachtragsangeboten. Einerseits wird vor Ort durch die zuständige Bauleitung auf die für den weiteren Baufortschritt unbedingt notwendige Ausführung der geänderten oder zusätzlichen Leistungen gedrängt; andererseits wird die Prüfung und Beauftragung des vom Auftragnehmer eilig übermittelten Nachtragsangebots hinausgezögert, sodass vielfach erst anlässlich der Schlussrechnungsprüfung überhaupt eine endgültige Klärung über die Höhe der Nachtragsvergütung herbeigeführt werden kann und muss.

Gefestigte Rechtsprechung vorhanden
In diesem Fall ist der Auftragnehmer natürlich im Nachteil, der die Leistung schon erbracht hat und dann, wenn der Auftraggeber hierauf besteht, seine Nachtragsvergütung aufwendig anhand der tatsächlich erforderlichen Kosten (§ 650c Abs. 1 BGB) oder manchmal noch anhand einer Ableitung aus der Urkalkulation der Preise des Hauptauftrags darlegen muss. Jedenfalls dann, wenn der Auftraggeber kein Verbraucher ist, hat sich bei diversen Oberlandesgerichten zwischenzeitlich eine schon als einigermaßen gefestigt anzusehende Rechtsprechung herausgebildet, welche in dieser Situation helfen kann. Hierzu hat zuletzt das OLG Jena (Urteil vom 12. Mai 2022 – 12 U 141/21) noch einmal betont, dass dann, wenn der Auftragnehmer mit hinreichendem Vorlauf vor der Ausführung der Arbeiten ein Nachtragsangebot vorgelegt hat und der Auftraggeber sich hierzu nicht äußert, obwohl dies nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte erwartet werden konnte, und der Auftraggeber im Anschluss sehenden Auges die Ausführung der Nachtragsleistungen fordert oder hinnimmt, ohne dem Nachtragsangebot zu widersprechen, hierin eine stillschweigende Zustimmung zu den vom Auftragnehmer angebotenen Preisen gesehen werden kann.

TIPP: Nachtragsarbeiten schriftlich anzeigen
Um diese Rechtsprechung fruchtbar zu machen, sollten Sie Ihr jeweiliges Nachtragsangebot unabhängig von sonstigen Vereinbarungen und Praktiken immer (auch) nachweisbar an die zur formellen Beauftragung der jeweiligen Nachtragsleistungen befugte Abteilung oder Person Ihres Auftraggebers versenden, damit dieser sich nicht später darauf berufen kann, für die Annahme einer stillschweigenden Zustimmung komme es beispielsweise nicht auf die örtliche Bauleitung, sondern ausschließlich auf die formell zur Beauftragung befugten Stellen an. Soweit hierfür Zeit bleibt, könnte es Ihre Position außerdem verbessern, wenn Sie unmittelbar vor der Ausführung der Nachtragsleistungen noch einmal eine kurze Nachricht an die betreffende Stelle versenden, dass Sie aufgrund des Drängens der Bauleitung oder der bautechnischen Notwendigkeit zur Vermeidung von Verzögerungen Ihre Nachtragsleistungen nun entsprechend des Nachtragsangebots ausführen werden. Dann kann Ihr Auftraggeber nicht später einwenden, er hätte
hiervon nichts gewusst.

Erschienen im Dezember 2022 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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