In DEGA 11 /2019 haben wir von der damals spektakulären Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 8. August 2019 – VII ZR 34/18) berichtet. Sie war für die Fälle, in denen die Parteien die VOB/B vereinbart hatten, von der gefühlt schon ewig geltenden vorkalkulatorischen Preisfortschreibung abgerückt, solange die Parteien diese nicht isoliert vereinbart hatten.
Dies geschah im Rahmen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B und ist auch auf § 2 Abs. 5 VOB/B übertragbar, der hinsichtlich der Rechtsfolgen deckungsgleich formuliert ist (so die ganz überwiegende Auffassung der Oberlandesgerichte wie OLG Köln, Urteil vom 3. Februar 2021 – 11 U 136/18).
Uneinigkeit bestand zuletzt darin, ob auch bei § 2 Abs. 6 VOB/B ohne sonstige Abrechnungsvereinbarung der neue Preis nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten und Wagnis und Gewinn berechnet werden sollte, wie dies der BGH oben vertreten hatte. Auch hier meinte die überwiegende Auffassung (zum Beispiel OLG Brandenburg, Urteil vom 22. April 2020 – 11 U 153/18, oder Kammergericht, Urteil vom 27. August 2019 – 21 U 160/18), dass auch die Ermittlung des Nachtragspreises auf Grundlage der Urkalkulation nicht gelte und die Berechnungsart des § 650c Abs. 1 BGB an diese Stelle trete.
Interessanterweise hat ein anderer Senat des Kammergerichts mit Beschluss vom 17. Januar 2023 (27 U 11 /22) etwas anderes entschieden und § 2 Abs. 6 VOB/B auch ohne Sondervereinbarung der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung unterstellt. Wie sich der BGH entscheidet, steht noch aus. Nun ist guter Rat teuer: Keiner weiß so genau, wie zukünftig mit Nachträgen nach § 2 Abs. 6 VOB/B umzugehen ist. Und ob Sondervereinbarungen zur Abrechnungsart vorliegen, folgt oft erst aus einer juristischen Auslegung des gesamten Vertrages, die
Laien nicht leisten können.
Auf Berechnungsgrundlage einigen
Leider lässt die Neufassung der VOB/B weiter auf sich warten, die eine Entscheidung bringen könnte. Es wäre zu wünschen, wenn sich hier schnellstmöglich etwas ändert. Die Parteien freilich haben es selbst in der Hand, frühzeitig Klarheit zu schaffen: Wenn sie sich schon nicht auf den konkreten Nachtragspreis einigen können, so können sie sich freilich darauf einigen, auf welcher Grundlage dieser berechnet werden sollte. Dies hat der BGH auch bereits in seinem Urteil vom 8. August 2019 betont. Er gelangte nämlich nur deswegen zur Ablehnung der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung, weil die Parteien zwar die VOB/B vereinbart haben, nicht jedoch, was geschehen soll, wenn eine Nachtragsleistung anfällt, man sich aber über den konkreten Preis nicht einigen kann.
Die VOB/B jedenfalls gibt bei einem streitigen Preis keine Lösung vor, weswegen der BGH überlegen musste, wie die Parteien den Vertrag geschlossen hätten, wenn sie die Lücke gesehen hätten (sogenannte „ergänzende Vertragsauslegung“). Insofern hat der BGH die Ist-Preisermittlung nebst angemessener Zuschläge als fairste Variante gesehen. Das OLG Hamm hatte nun mit Urteil vom 2. Dezember 2021 (21 U 68/19), welches durch Beschluss des BGH vom 6. Dezember 2023 (VII ZR 6/22) Rechtskraft erlangt hat, zu entscheiden, was passiert, wenn im Vertrag selbst und auch während der Bauphase und der Abrechnung noch keine Einigung der Parteien erfolgte, beide aber im Prozess an der Preisermittlung nach der Urkalkulation keine Kritik äußerten. In solchen Fällen, in denen die Parteien übereinstimmend davon ausgingen, dass die Berechnung des neuen Einheitspreises im Wege der sogenannten vorkalkulatorischen Preisfortschreibung erfolge, sei das Gericht daran gebunden.
DEGA-Tipp: Dokumentieren hilft
Besser nicht zu früh jubeln: Ob dieser Weg gangbar ist, entscheidet sich erst im Verfahren, wenn auch der Gegner diese Lösung vertritt. Sicherheitshalber sollte man für beide Berechnungsvarianten eine Lösung parat haben. Man sollte also zum einen von vornherein eine enge Dokumentation der Nachträge vornehmen, um die tatsächlichen Kosten derselben darlegen und beweisen zu können. Zudem ist im Vorfeld auf eine ordentliche und nachvollziehbare Kalkulation zu achten, um hieraus später auch Preise für Nachträge ableiten zu können. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass gerade die Kostenfolge des § 2 Abs. 6 VOB/B noch gänzlich unklar zu sein scheint.
Erschienen im Mai 2024 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.