Sicherheitseinbehalte


Entgegen einer landläufig anzutreffenden Ansicht ergibt sich daraus, dass die VOB/B vereinbart wird, noch keine Verpflichtung des Auftragnehmers, seinem Auftraggeber eine Vertragserfüllungs- oder Gewährleistungssicherheit zu stellen.

Vielmehr setzt die Regelung des § 17 VOB/B, der sich mit Sicherheitsleistungen beschäftigt, die ausdrückliche Vereinbarung einer solchen voraus. Dies zeigt sich deutlich in der einleitenden Formulierung „Wenn Sicherheitsleistung vereinbart ist…“ und bleibt auch unter Geltung der VOB/B 2006 unangetastet.

Wurde jedoch tatsächlich vereinbart, dass Sicherheiten zu stellen sind, gelten weiterhin auch gemäß der VOB/B 2006 die Regeln des § 17 VOB/B.

Höhe der Sicherheit

Im gewerblichen Bereich heißt es in den vertraglichen Regelungen zumeist, dass der Auftragnehmer eine Sicherheit für die Vertragserfüllung in Höhe von 10 % der Auftragssumme und – nach erfolgter Abnahme – eine Gewährleistungssicherheit in Höhe von 5 % der Rechnungssumme zu stellen hat. Obwohl die Höhe damit klar definiert erscheint, hat die Ermittlung der konkreten Beträge in der Vergangenheit durchaus für Differenzen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber gesorgt. Zurückzuführen waren diese zumeist auf die Regelung des § 13b UStG. Dieser bestimmt in einer schwer verständlichen Formulierung, dass Bauleistende, welche Bauleistungen gegenüber ebenfalls Bauleistenden erbringen, diese Arbeiten ohne Mehrwertsteuerausweis abrechnen müssen. Die Mehrwertsteuer ist in diesen Fällen direkt durch den Auftraggeber abzuführen.

Wenn die Vertragsparteien die Bemessungsgrundlage der jeweiligen Sicherheitsleistung klar definiert haben, beispielsweise durch die Anknüpfung an die „Nettoschlussrechnungssumme“, war die Höhe der zu leistenden Sicherheit leicht zu berechnen. Als problematisch erwiesen sich jedoch regelmäßig diejenigen Fälle, in denen undifferenziert auf die „Schlussrechnungssumme“ oder die „Auftragssumme“ Bezug genommen wurde. Die Auftraggeber vertraten dabei zumeist die Ansicht, dass sich die Höhe der Sicherheitsleistung trotz Anwendbarkeit des § 13 b UStG nach dem jeweiligen Brutto-Betrag bemesse, während die Auftragnehmer eine Anknüpfung an den Netto-Betrag durchzusetzen versuchten.

Nunmehr hat die VOB/B 2006 in dem neu geschaffenen § 17 Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 VOB/B für Klarheit gesorgt. Hat der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber gemäß § 13 b UStG Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis zu erstellen, bleibt die Umsatzsteuer auch bei der Berechnung des Sicherheitseinbehaltes unberücksichtigt. Die Höhe der Sicherheit richtet sich allein nach der jeweiligen Netto-Summe.

Einzahlung auf ein Sperrkonto

Weithin unbekannt ist eine weitere Regelung des § 17 VOB/B: Nach § 17 Nr. 5 VOB/B kann der Auftragnehmer die Sicherheit auch durch Hinterlegung eines Geldbetrages auf ein zwischen den Parteien vereinbartes Sperrkonto einzahlen. § 17 Nr. 6 VOB/B, in dem der häufigere Fall, dass der Auftraggeber die Sicherheit in Teilbeträgen von den Abschlagszahlungen einbehalten darf, geregelt ist, nimmt auf diese – zugegebenermaßen eher seltene – Variante Bezug und bestimmt, dass der Auftraggeber auch zur Sicherheit von den Abschlagzahlungen vorgenommene Einbehalte auf ein solches Sperrkonto einzuzahlen hat. Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer zuerst mitteilen, in welcher Höhe er einen Sicherheitseinbehalt vornimmt und sodann innerhalb weiterer 18 Werktage die entsprechende Einzahlung vornehmen.

Dabei bestand früher eine gewisse Unsicherheit, wie das Sperrkonto banktechnisch ausgestaltet sein sollte. Häufig zahlte der Auftragnehmer das Geld auf ein einfaches Sparkonto ein und schloss mit dem Auftragnehmer eine Vereinbarung, wonach beide Parteien nur gemeinsam Zugriff auf das Konto nehmen durften. Dass ein derartiges Vorgehen nicht ausreichend war und ist, zeigte sich immer dann, wenn über das Vermögen des Auftraggebers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Dann nämlich wurde der auf dem Sparkonto befindliche Betrag uneingeschränkt als Vermögen des Auftraggebers angesehen und bildete einen Teil der Masse. Der Auftragnehmer konnte seine Forderung nur noch zur Insolvenztabelle anmelden.

Das bankrechtliche „Und-Konto“ hingegen gilt als insolvenzfest. Der auf einem solchen Konto lagernde Betrag wird folglich nicht einfach dem Vermögen des Auftraggebers und damit der Masse zugeschlagen. Der Auftragnehmer kann ihn vielmehr ungeschmälert herausverlangen, soweit der Sicherungsfall nicht eingetreten ist.

Die neue VOB/B 2006 stellt nunmehr klar, dass ausschließlich diese für den Auftragnehmer vorteilhaftere Anlageart zulässig ist. Auf andere bankrechtliche Konstruktionen muss er sich nicht einlassen.

Die Wahl des Kreditinstituts

Problematisch erscheint, dass § 17 Nr. 5 und 6 VOB/B von einem „vereinbarten“ Geldinstitut sprechen, bei dem der Sicherungseinbehalt einzuzahlen ist. Zwar ist es zweckmäßig, sich bereits bei Vertragsschluss auf eine Bank oder eine Kreditversicherung zu einigen. Dies kommt in der Praxis jedoch so gut wie nie vor. Können sich die Parteien nachträglich hierüber einigen, gibt es keine Probleme. Wie ist aber damit umzugehen, wenn sich der Auftraggeber weigert, eine Vereinbarung über das richtige Geldinstitut zu treffen oder aber wenn er inakzeptable Vorschläge unterbreitet?

Gerichtliche Entscheidungen hierzu sind selten. Die juristische Literatur geht mit dem Problem recht locker um. Unzweifelhaft dürfte sein, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, bei der Vereinbarung eines Geldinstitutes mitzuwirken. Dementsprechend wird es gemeinhin für ausreichend erachtet, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber ein solches Geldinstitut vorschlägt und zugleich mitteilt, dass dieser etwaige Einwendungen innerhalb einer genau zu bestimmenden, angemessenen Frist mitteilen solle, anderenfalls ginge man von seinem Einverständnis aus. Äußert sich der Auftraggeber nicht innerhalb der gesetzten Frist, wird man davon ausgehen können, dass das vorgeschlagene Geldinstitut als „vereinbartes“ im Sinne des § 17 VOB/B gelten kann.

Konsequenz bei Nichteinzahlung

Nochmals: Der Auftraggeber ist verpflichtet, unaufgefordert zur Sicherheit einbehaltene Beträge innerhalb von 18 Werktagen auf das vereinbarte Sperrkonto einzuzahlen. In der Realität geschieht dies freilich relativ selten. Zumeist löst der Auftragnehmer die Sicherheit ohnehin durch eine Bürgschaft ab, sodass er die einbehaltenen Beträge ausgezahlt bekommt.

Nun ist es jedoch auch möglich, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Bürgschaft gerade nicht übergeben kann oder will. In diesen Fällen ist er aus den oben dargestellten Gründen des Insolvenzschutzes darauf angewiesen, dass der Auftraggeber den Sicherheitseinbehalt auch wirklich auf das Sperrkonto einzahlt. Tut der Auftraggeber dies nicht, ist es wichtig, dass der Auftragnehmer die richtigen Schritte unternimmt:

Nach § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B kann der Auftragnehmer dem Auftraggeber dann, wenn dieser die oben dargestellte Frist von 18 Werktagen verstreichen lässt, eine angemessene Nachfrist zur Einzahlung setzen. Wenn der Auftraggeber auch diese Frist verstreichen lässt, muss der Auftragnehmer keine Sicherheit mehr leisten. Er kann also den einbehaltenen Betrag herausverlangen ohne dafür einen wie auch immer gearteten Austausch leisten zu müssen. Der Auftraggeber ist dann auch nicht mehr dazu berechtigt, den einbehaltenen Betrag nachträglich auf ein Sperrkonto einzuzahlen. Die VOB/B formuliert eindeutig, dass ihm nach Ablauf der angemessenen Nachfrist kein Recht mehr zusteht, die Sicherheit zu behalten.

Dies funktioniert übrigens nicht nur bei Gewährleistungssicherheiten. § 17 VOB/B unterscheidet nicht zwischen Vertragserfüllungs- und Gewährleistungssicherheiten. Auch dann, wenn die Parteien vereinbart haben sollten, dass die Sicherheit zur Vertragserfüllung in Teilbeträgen von den Abschlagszahlungen einbehalten werden soll, sind diese Einbehalte von Seiten des Auftraggebers auf das vereinbarte Sperrkonto einzuzahlen. Auch hier gilt: Nimmt der Auftraggeber die Einzahlung nicht binnen 18 Werktagen nach Mitteilung – z.B. in der geprüften Abschlagsrechnung – vor, kann der Auftragnehmer ihm eine angemessene Nachfrist setzen und nach fruchtlosem Ablauf der Frist die einbehaltenen Beträge herausverlangen. Mehr noch: Aufgrund der umfassenden Formulierung des § 17 Nr. 6 Abs. 3 VOB/B wird der Auftraggeber im Rahmen des betroffenen Bauvertrages auch zukünftig keine Sicherheit – nicht einmal mehr eine etwaig vereinbarte Gewährleistungssicherheit – fordern können. Er hat also sodann alle Rechnungen ohne Kürzungen für Sicherheiten zu begleichen.

Erschienen im Februar 2007 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.

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