Ein häufiger Fall: Der öffentliche oder durch einen Architekten beratene Auftraggeber schreibt bestimmte Betonwerksteinplatten aus. Der Auftragnehmer meint, er kenne ein besseres oder genauso gutes, aber billigeres Material und schlägt dem Auftraggeber vor, dieses zu verwenden, was dann auch geschieht.
Der Vorteil für den Auftraggeber liegt in einer qualitativ besseren oder aber kostengünstigeren Leistung; der Auftragnehmer kann ein ihm bekanntes Produkt des Baustoffhändlers seines Vertrauens verarbeiten und gegebenenfalls noch einen höheren Gewinn realisieren.
Dass bei derartigen Absprachen jedoch der Teufel im Detail steckt und erhebliche Risiken bestehen können, musste ein Bauunternehmer in einem kürzlich durch das Oberlandesgericht Koblenz entschiedenen Fall schmerzlich erfahren.
In der Ausschreibung war ein bestimmter Betonwerkstein mit einer „Plattendicke 2 cm“ gefordert, welcher aber nach den im späteren Prozess vorgebrachten Behauptungen des Auftragnehmers üblicherweise mit einer Dicke von 26 mm produziert wird. Jedenfalls bot der Auftragnehmer in seinem Angebot als „gleichwertiges“ Produkt einen anderen Steintyp an, welcher eine Plattendicke von 26 mm hatte. Nach Beauftragung kam es zum Streit, weil der Auftragnehmer die Platten mit einer Dicke von 26 mm einbauen wollte, während der Auftraggeber auf Platten mit einer Dicke von 20 mm bestand.
Auftragnehmer auf Mehrkosten verklagt
Nach Kündigung und Neuvergabe der Leistungen durch den Auftraggeber verklagte dieser den Auftragnehmer auf die ihm entstandenen Mehrkosten. Der Auftragnehmer vertrat hierbei die Auffassung, die Ausschreibung des Auftraggebers sei so zu verstehen gewesen, dass ein Plattenbelag mit 26 mm Dicke angeboten werden durfte. Jedenfalls hätte der fachkundig beratene Auftraggeber erkennen können und müssen, dass das tatsächlich angebotene und beauftragte Produkt (nur) mit einer Stärke von 26 mm hergestellt werde und somit eine derartige Plattendicke Vertragsgegenstand sei. Die unterschiedliche Dicke ließe sich durch den sonstigen Bodenaufbau auch ohne weiteres kompensieren.
Das sehen das Landgericht Mainz und das Oberlandesgericht Koblenz (Urteil vom 08.02.2017 – 5 U 896/16) anders. Unter Berücksichtigung des sachverständig festgestellten Umstandes dass das ursprünglich ausgeschriebene Produkt mit der dort vorgesehenen Dicke von 2 cm produziert werden kann und der entsprechend eindeutigen Angabe dieser Dicke im Leistungsverzeichnis habe der Auftraggeber davon ausgehen dürfen, dass die von dem Auftragnehmer als gleichwertig angebotene Alternative dieselbe Dicke haben würde, zumal in dem Angebot des Auftragnehmers auf die andere Stärke von 26 mm nicht ausdrücklich hingewiesen worden war. Aufgrund der großen Vielzahl entsprechender Bauprodukte habe der die Ausschreibung begleitende Ingenieur auch nicht erkennen können oder müssen, dass die angebotene Betonwerksteinplatte nicht der ausgeschriebenen Dicke entsprach. Der Auftragnehmer wurde zur Übernahme der Mehrkosten verurteilt, die dem Auftraggeber für die Leistungserbringung durch ein Drittunternehmen entstandenen sind.
Vorschlag kann zum Ausschluss führen
Ein alternativ angebotenes Produkt muss nicht nur hinsichtlich der technischen Spezifikationen, wie beispielsweise Format und Dicke oder Rutschfestigkeit dem Leitprodukt entsprechen, sondern auch hinsichtlich der Optik, bei welcher es nicht nur im Bereich von Natursteinmaterialien, sondern auch im Bereich von Beton produktionsbedingt schon bei unterschiedlichen Chargen desselben Herstellers zu deutlich wahrnehmbaren Abweichungen kommen kann, umso mehr aber bei scheinbar sehr ähnlichen Produkten unterschiedlicher Hersteller. Bei einer öffentlichen Ausschreibung kann der Vorschlag eines bei einer kritischen Überprüfung tatsächlich nicht gleichwertigen Produktes bereits zum Ausschluss führen. Aber auch nach rechtswirksamer Beauftragung drohen sowohl bei öffentlichen, als auch bei nicht-öffentlichen Auftraggebern im Fall entsprechender Abweichungen vom Leitprodukt Streitigkeiten darüber, ob mit dem Alternativprodukt die Leistung entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen und somit mangelfrei ausgeführt wurde.
DEGA-Tipp
Soweit Sie die Möglichkeit haben und dies finanziell vertretbar ist bzw. die Kosten vom Auftraggeber übernommen werden, sollten Sie immer versuchen, eine Bemusterung von zu verwendenden Materialien durchzuführen und mit dem Auftraggeber unabhängig von den sonstigen vertraglichen Vorgaben die Verwendung (nur) des bemusterten Produktes zu vereinbaren bzw. festzulegen. Diese Regelung sollte tunlichst schriftlich getroffen und die Bemusterung selbst ebenfalls gründlich dokumentiert werden.
DEGA-Tipp
Wenn Sie Ihrem Auftraggeber ein alternatives Produkt vorschlagen, sollten Sie peinlichst genau darauf achten, ob und inwieweit dieses Produkt nach seinen technischen Spezifikationen, wie Format und Dicke, aber auch Rutschfestigkeit, Optik, etc., dem Leitprodukt bzw. dem verbindlich vorgegebenen Material entspricht. Abweichungen sollten Sie von Anfang an klar und verständlich benennen bzw. beschreiben, damit es nicht zu Missverständnissen kommen kann und Ihr Auftraggeber nicht später behauptet, er habe diese Unterschiede nicht erkannt bzw. nicht erkennen können. Eine schriftliche Dokumentation ist dringend zu empfehlen.
Erschienen im August 2017 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.