Bei Arbeiten im oder am Straßenraum besteht häufig die Notwendigkeit, den öffentlichen Verkehr zu regeln, damit die beauftragten Leistungen (gefahrlos) durchgeführt werden können. Die Frage, wer die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und die Kosten zu tragen hat, beschäftigt immer wieder die Gerichte.
In einem erst vor wenigen Monaten durch das Landgericht Neuruppin (Urteil vom 14.06.2018 – 31 O 40/16) entschiedenen Fall sollte der Auftragnehmer an beiden Seiten der Straße Rodungsarbeiten durchführen. Das Ganze diente der Vorbereitung des Ausbaus einer Autobahn. Im Leistungsverzeichnis war lediglich eine Position für das „Sichern“ der Arbeitsstelle vorgesehen. Gemäß Anordnung der zuständigen Straßenverkehrsbehörde musste für die Arbeiten eine Stauvorwarnung bereitgehalten und wenn erforderlich aktiviert werden. Das ausführende Unternehmen hat daraufhin LED-Stau-Vorwarner aufgestellt und zeitweilig aktiviert. Die hierfür begehrte zusätzliche Vergütung hat der Auftraggeber mit der Begründung verweigert, es handele sich um Kosten der Sicherung der Arbeitsstelle, welche von der vertraglich vereinbarten Vergütung bereits umfasst seien.
Sichern ist zusätzliche Leistung
Das Landgericht Neuruppin hat dies anders gesehen. Die Stauvorwarner seien im Leistungsverzeichnis nicht vorgesehen gewesen und erst auf Anordnung der Straßenverkehrsbehörde zum Einsatz gebracht worden. Das Sichern der Arbeitsstelle betraf lediglich die Bereiche, in denen die Rodungsarbeiten selbst ausgeführt werden sollten, sowie die Lagerflächen des Auftragnehmers. Demgegenüber hätte die Anordnung der Straßenverkehrsbehörde lediglich die Zuwegung zur Baustelle und angrenzende Straßenbereiche vor der Baustelle und damit weit ausgedehntere Flächen umfasst. Nachdem der Auftraggeber die verkehrsrechtlichen Anordnungen an den Auftragnehmer weitergeleitet hatte, handele sich es um die Anordnung zusätzlicher Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 6 VOB/B. Selbst wenn es eine derartige Anordnung des Auftraggebers nicht gegeben hätte, stünde dem ausführenden Unternehmen ein Vergütungsanspruch jedenfalls nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu, da die Maßnahmen zur Regelung des Straßenverkehrs zwingend notwendig waren und dem Interesse und Willen des Auftraggebers entsprachen.
Auch das Kammergericht Berlin (Urteil vom 17. Dezember 2013 – 7 U 203/12) hat einem Auftragnehmer für aufgrund Anordnung der zuständigen Straßenverkehrsbehörde erbrachte Verkehrssicherungsmaßnahmen an zwei Brückenbauwerken einen zusätzlichen Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 6 VOB/B zugesprochen. Denn die Position „Sichern der Baustelle“ diese Leistungen nicht umfasst und der Auftragnehmer durfte die Anordnung der Behörde als solche des Auftraggebers verstehen.
Besondere Maßnahme ebenfalls erstattungspflichtig
Weniger klar war ein Sachverhalt, über welchen das Oberlandesgericht Zweibrücken mit Urteil vom 15. Februar 2002 (31 O 40/16) entschieden hatte. Dort gab es nämlich eine Position im Leistungsverzeichnis, wonach der Auftragnehmer die Sicherung des Baustellenbereiches während der Sanierungsmaßnahme durch Aufstellen und Umsetzen der Verkehrszeichen mit entsprechenden Sicherungsmaßnahmen und die Einholung der polizeilichen Genehmigung hierfür schuldete. In den Besonderen Vertragsbedingungen war außerdem geregelt, dass er den öffentlichen Verkehr während der Maßnahme durch Aufstellen und Betreiben von Ampeln sicherzustellen hatte. Dennoch hat das OLG Zweibrücken dem Auftragnehmer eine zusätzliche Vergütung für den von der Straßenverkehrsbehörde geforderten Einsatz von Handwinkern zugesprochen. Denn die Anordnung dieser „ungewöhnlichen und aufwändigen Art der Verkehrsregelung“ erging nach Abschluss des Bauvertrages und beruhte auf dem zeitlichen Zusammentreffen der Leistungen des Auftragnehmers mit zwei weiteren, ampelgeregelten Baumaßnahmen im weiteren Verlauf derselben Straße. Aus unserer Sicht hätte dieser Fall insbesondere dann, wenn es die beiden anderen Baumaßnahmen an derselben Straße nicht gegeben hätte, unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen auch durchaus anders ausgehen können.
Öffentliche Auftraggeber und Behörden sind nicht eins
Nach unseren Erfahrungen wissen Auftraggeber häufig selbst nicht genau, mit welchen Anordnungen hinsichtlich des öffentlichen Straßenverkehrs durch die zuständigen Behörden gerechnet werden muss. Die Positionen, welche hierzu in den Leistungsverzeichnissen genannt werden, sind deshalb regelmäßig nicht ausreichend. Wenn dann so, wie es häufiger vorgesehen ist, der Auftragnehmer für die Einholung der straßenverkehrsrechtlichen Genehmigungen zuständig sein soll, neigen Auftraggeber dazu, das Risiko sich aus derartigen Genehmigungen ergebender Anordnungen auf Seiten des Auftragnehmers zu sehen. Da es hier um ganz erhebliche Beträge gehen kann, liegt es im ureigensten Interesse des Landschaftsgärtners, diesbezüglich frühzeitig, d.h. am besten vor Vertragsschluss, für Klarheit zu sorgen. Wer ohne klare vertragliche Vereinbarungen vorschnell behördlichen Anordnungen folgt, ohne dies zuvor mit seinem Auftraggeber abgesprochen zu haben, riskiert, auf den hierfür entstehenden Kosten später sitzen zu bleiben.
DEGA-Tipp:
Wenn im Rahmen Ihrer Leistungen eventuell Maßnahmen zur Sicherung des Straßenverkehrs erforderlich werden, sollten Sie den Vertrag vor dessen Unterzeichnung kritisch darauf überprüfen, ob und inwieweit dieser Regelungen dazu enthält, wer entsprechende Maßnahmen zu erbringen hat und wie diese zu vergüten sind. Bitte beachten Sie hierbei, dass entsprechende Regelungen sich häufig auch in Zusätzlichen oder Besonderen Vertragsbedingungen oder in den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis finden.
Falls diese Regelungen unklar oder unvollständig sind, sollten Sie noch vor Vertragsschluss auf eine Klärung drängen und hierbei stets im Auge behalten, dass im Laufe der Leistungserbringung kostenauslösende Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden ergehen können, mit denen weder Sie, noch Ihr Auftraggeber gerechnet haben.
DEGA-Tipp:
Wenn eine behördliche Anordnung für Maßnahmen der Sicherung des Straßenverkehrs vorliegt, sollten Sie sich stets eine Bestätigung Ihres Auftraggebers einholen, dass diese Maßnahmen tatsächlich von Ihnen (und nicht von dem Auftraggeber selbst oder einem dritten Unternehmen) ergriffen werden sollen. Soweit es sich ganz oder teilweise um Leistungen handelt, die nicht im Leistungsverzeichnis enthalten sind und von Ihnen hiernach nicht geschuldet werden, sollten Sie vor der Ausführung auf Ihren hierdurch entstehenden, zusätzlichen Vergütungsanspruch hinweisen und am besten bereits ein beziffertes Nachtragsangebot vorlegen.
Erschienen im Februar 2019 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.