Wir müssen reden! Unbedingt! Warum? Weil der gesamte Garten-und Landschaftsbau ein überragend wichtiges Thema seit Jahren nicht beachtet hat und die Entwicklung der Rechtsprechung nichts Gutes für den Unternehmer erwarten lässt. Bereits 2014 hat die sogenannte Verbraucherrechterichtlinie der EU ihren Niederschlag im deutschen Recht gefunden.
Seither sind die Fallen für den Unternehmer ausgelegt – und dieser tappt lustig hinein. Wenngleich der Hochbau hiervon zunächst ausgeschlossen war und erst durch das neue gesetzliche Bauvertragsrecht im Rahmen der Verbraucherbauverträge nun ebenfalls sein Säcklein zu tragen hat, war und ist die Gefahrenlage für den GaLaBau bereits seit der ursprünglichen Umsetzung gegeben.
Problematisch sind dabei die „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge“ (§ 312b Abs. 1 BGB). Liegt ein solcher Vertrag vor, erhält der Verbraucher nach § 312g Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht, das er, ohne mit der Wimper zu zucken, und sogar ohne jeden weiteren Grund ausüben kann. Das wiederum bewirkt, dass der Vertrag als von vornherein nicht geschlossen gilt und sämtliche empfangenen Leistungen, sofern dies möglich ist, gegenseitig zurückzugewähren sind. In Bezug auf Geldzahlungen ist dies recht simpel: Das Geld wird schlichtweg zurücküberwiesen.
Belehrung ist Grundlage für Fristbeginn
Wie aber sieht es aus, wenn mit dem Einbau der Baustoffe (inklusive Pflanzen) das Eigentum per Gesetz an das Grundstück gekoppelt wird und ein Rückbau in den Urzustand faktisch nicht mehr möglich ist? Die Gefahren erscheinen auf den ersten Blick noch überschaubar, wenn man in § 355 Abs. 2 liest, dass die Widerrufsfrist 14 Tage beträgt und mit Vertragsschluss beginnt. Die wirkliche Problematik steckt im folgenden Halbsatz, wonach dies nur gilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Diese andere Bestimmung steckt in § 356 Abs. 3. Danach beginnt die Widerrufsfrist nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher nicht vollständig und ordnungsgemäß über das Bestehen des Widerrufsrechts und dessen Ausübung belehrt hat. Bleibt die Belehrung aus, verlängert sich die Widerrufsmöglichkeit um ein Jahr, liegt also bei einem Jahr plus 14 Tagen ab Vertragsschluss. Im Zweifel ist die komplette Leistung dann längst ausgeführt.
Was das bedeutet, werden wir gleich noch feststellen. Die außerhalb der Geschäftsräume geschlossenen Verträge liegen öfter vor, als man es oft wahrhaben möchte. Betroffen sind nach § 312b Abs. 1 Nr. 1 zunächst einmal solche Verträge, die in Anwesenheit beider Parteien an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Der klassische Fall ist das Beratungsgespräch beim Kunden, auf dessen Grundlage sodann der Vertrag direkt einmal abgeschlossen wird, wobei es egal ist, ob der Kunde einen Vertrag unterzeichnet oder ob nur eine mündliche Vereinbarung erfolgt. Nach § 312b Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt es aber nicht einmal auf den Vertragsschluss an: Es genügt, dass der Kunde in dieser Situation seine Vertragserklärung abgibt, zum Beispiel unterschreibt. Wann und wo der Auftragnehmer dann gegenzeichnet ist irrelevant.
Es kam schlimmer als befürchtet
Es gibt noch weitere Beispiele für außerhalb der Geschäftsräume geschlossene Verträge in §312b Abs.1 Nr.3 und 4 BGB, auf die ich nun nicht näher eingehen möchte. Fakt ist: Szenen, wie die oben beschriebenen, kommen gerade im Landschaftsbau mehr als häufig vor. Die landläufige Meinung ist jedoch, es werde einem schon nichts passieren und so streng könne das Gesetz nicht sein. Als ich im Jahr 2014/2015 über die bestehende Problematik referiert habe, erntete ich auch kaum mehr als ein Schulterzucken über die dämlichen Juristen. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass es noch schlimmer kam als befürchtet.
Losgetreten wurde alles vom Landgericht Stuttgart, wo ein Dachdecker am 2. Juni 2016 (Az. 23 0 47/16) verurteilt wurde, die für die Neueindeckung des Daches empfangene Vergütung vollständig an den Verbraucher zurückzuzahlen, ohne für seine Leistungen in irgendeiner Form entlohnt zu werden oder das Dach wieder abdecken zu dürfen. Am LG Coburg endete am 9. August 2018 zum Az. 210175/18 die Klage eines Heizungsmonteurs auf Werklohn nach Widerruf des Verbrauchers und vorheriger Installation der Anlage in deckungsgleicher Art und Weise.
Harte Urteile
Nun haben sich jedoch auch höherrangige Gerichte eingemischt und urteilen genauso hart. So versuchte ein anderer Dachdecker sein Glück beim OLG München, das ihm mit Beschluss vom 19. April 2021 (28 U 7274/20 Bau) bescheinigte, dass er zwar seine Dachziegel losgeworden sei, aber eben auch sein Geld. Und es geht weiter: Der EuGH hat sich nunmehr mit Urteil vom 17. Mai 2023 (RS.C-97/22) eingemischt und aufgezeigt, wie gnadenlos und gefährlich das Widerrufsrecht ist. Dort hatte ein Elektromonteur die gesamte Elektroinstallation auf Grundlage eines außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossenen Vertrages erstellt und wollte dann doch tatsächlich seinen Werklohn einklagen. Der Verbraucher widerrief daraufhin den Vertrag, was noch möglich war, weil eine Widerrufsbelehrung unterblieben war, musste keinen Cent zahlen und durfte die Elektroinstallation weiter nutzen.
Der EuGH stellte sich vollends auf die Seite des Verbrauchers, der bei Verträgen in der gegebenen Vertragskonstellation „möglicherweise psychisch unter Druck steht oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt ist“. Ob er wirklich unter Druck gestanden hatte, spielte keine Rolle. Ebenso wenig ist es entgegen landläufiger Meinung entscheidend, ob der Verbraucher den Unternehmer herbeigerufen hat oder der Unternehmer in einer Haustürsituation quasi „vorbeigeschneit“ ist.
Der EuGH betonte ausdrücklich, dass das mit der betreffenden Richtlinie festgelegte Ziel darin bestehe, einen wirksam widerrufenden Verbraucher von jeder Verpflichtung zur Leistung zu befreien. Und mehr noch: Selbst auf der Baustelle vereinbarte Nachträge sollen unter die betreffenden Regelungen fallen und widerrufen werden können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. April 2023 – 8 U 17/23). Schärfer konnten die Urteile gegen die Unternehmer schlichtweg nicht ausfallen.
Ein wenig Entschärfung durch BGH
Einzig der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun mit seinem Urteil vom 6. Juli 2023 -VII ZR 151 /22 wenigstens die Problematik des Abschlusses außerhalb von Geschäftsräumen ein wenig entschärft: So soll dann kein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vorliegen, wenn die Parteien bei Vertragsschluss zwar gleichzeitig außerhalb besagter Geschäftsräume anwesend sind, der Verbraucher dort aber ein vom Unternehmer bereits am Vortag unterbreitetes Angebot lediglich annimmt. Dann hätte der Verbraucher nämlich genügend Überlegenszeit gehabt. Ob der EuGH dieser Interpretation folgen wird, ist unklar.
In Zweifelsfällen sollte in jedem Fall gegenüber dem Kunden eine Belehrung über den Widerruf erfolgen. Dabei sollte man die vom Gesetzgeber vorgegebene Musterformulierung der Anlage 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB verwenden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des BGH vom 26. November 2020-1 ZR 169/19 die Widerrufsbelehrung erst dann komplett ist, wenn dem Kunden auch das Musterwiderrufsformular der Anlage 2 zum EGBGB vorgelegt wird.
DEGA Tipp: Nur im Büro oder schriftlich
Um sicher zu gehen, keinen außerhalb der Geschäftsräume Ihres Unternehmens geschlossenen Vertrag abzuschließen, bestellen Sie Ihre Kunden entweder immer in Ihr Büro oder aber versenden Sie den Vertrag und lassen Sie ihn sich vom Kunden zurücksenden. Solange es zwischendurch irgendwann einmal einen persönlichen Kontakt ohne sogenannte Fernkommunikationsmittel gegeben hat oder das Unternehmen ohnehin über kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs-und Dienstleistungssystem verfügt, liegt auch kein Fernabsatzvertrag vor, bei dem die gleichen strengen Regelungen gelten würden(§ 312c BGB).
Erschienen im November 2023 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.