In DEGA-Galabau 2014 hatten wir ausführlich über die am 13.06.2014 in Kraft getretene Umsetzung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie und die sich hieraus ergebenden Folgen, nämlich ein Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, berichtet (Webcode dega3733). Es gibt aktuelle Urteile, unter ihnen ein erschreckendes.
Es gibt schon diverse gerichtliche Entscheidungen, in welchen Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen aufgrund fehlender, ordnungsgemäßer Belehrung noch lange nach Vertragsschluss ein Widerrufsrecht rechtswirksam ausgeübt hatten. Sie mussten daher trotz Leistungserbringung des Unternehmers hierfür keine Zahlungen leisten oder haben diese zurückerhalten.
Für den Bereich des Werkvertragsrechts, unter welchen landschaftsgärtnerische Arbeiten typischerweise fallen, wurden demgegenüber bisher nur sehr wenige Urteile veröffentlicht. Dass dem Verbraucher auch bei derartigen Werkverträgen dann, wenn diese außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers abgeschlossen worden sind, ein Widerrufsrecht zusteht, für welches ohne ordnungsgemäße Belehrung eine Frist von einem Jahr und 2 Wochen gilt (!), haben beispielsweise das Amtsgericht Segeberg (Urteil vom 13.04.2015 – 17 C 230/14; vgl. DEGA-Galabau Ausgabe 10/2015) für die Renovierung einer Treppe und das Amtsgericht München (Urteil vom 13.09.2016 – 224 C 18398/15) für einen Vertrag über die Lieferung und Errichtung eines Glasanbaus festgestellt.
Wie gravierend die Folgen eines derartigen Widerrufs durch den Verbraucher für den Werkunternehmer sein können, wird aus dem Urteil des LG Stuttgart vom 02.06.2016 (23 O 47/16) deutlich:
Dort hatte ein Verbraucher einen Dachdecker, welcher schon an dem Nachbarhaus Arbeiten durchführte, mit der Sanierung seines eigenen Flachdachs beauftragt. Der Vertragsschluss erfolgte unter im Übrigen teilweise strittigen Umständen, aber jedenfalls außerhalb der Geschäftsräume des Dachdeckers und wohl tatsächlich im oder vor dem Haus des Verbrauchers. Nach der Beauftragung im Oktober 2015 hatte der Hausherr im Zeitraum zwischen dem 21.10.2015 und 07.11.2015 diverse schriftliche Nachtragsangebote des Dachdeckers über vermeintlich erforderliche Mehrarbeiten ebenfalls ausdrücklich angewiesen. Die Dachdeckerarbeiten wurden Mitte November 2015 abgeschlossen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.01.2016 erklärte der Verbraucher den Widerruf des Vertrags und verklagte den Dachdecker unter anderem auf Rückzahlung des geleisteten Werklohns in Höhe von immerhin rund 36.000,00 €.
Kunde behielt alles – gratis!
Das Landgericht Stuttgart hat der Klage stattgegeben und den Dachdecker dazu verpflichtet, den erhaltenen Werklohn zurückzugeben. Den Einwand des Dachdeckers, ihm müsse zumindest für das gelieferte und verbaute Material ein Wertersatz eingeräumt werden, hat das Gericht unter Hinweis auf eine fehlende Anspruchsgrundlage zurückgewiesen. Eine Verpflichtung des Dachdeckers, die von ihm erbrachten Werkleistungen zurückzubauen, hat das Gericht mit der Begründung, dass es hierfür ebenfalls keine gesetzliche Grundlage gebe, abgelehnt. Der Rückbau oder die Demontage liege regelmäßig nicht im Interesse des Verbrauchers.
Bei dem zu beurteilenden Sachverhalt würde dies dazu führen, dass der Bauherr, dessen Schutz das Widerrufsrecht ja gerade diene, im Ergebnis ein nicht bzw. nur noch mangelhaft gedecktes Dach erhalten würde. Im Ergebnis verblieb es dabei, dass der Bauherr sämtliche Werkleistungen des Dachdeckers behalten durfte, ohne hierfür auch nur einen einzigen Cent gezahlt zu haben.
Erschienen im August 2017 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.