Verletzung der anerkannten Regeln der Technik – „Et hätt noch immer jot jejange“


Der kölsche Bauhandwerker ist eher praktisch veranlagt, frei nach dem Motto „Et hätt noch immer jot jejange“ baut man, wie man schon seit Jahrzehnten – natürlich höchst erfolgreich – baut und lässt die allgemein anerkannten Regeln der Technik (im Folgenden als RdT bezeichnet) links liegen.

Schließlich ist man Praktiker und weiß, was man tut. Klappt es dann doch nicht so ganz, kann man ja immer noch so handeln: „Was nicht passt, wird passend gemacht!“ Tatsächlich höre ich in meiner Praxis immer wieder, dass Mandanten, wenn der Vorwurf kommt, man habe die RdT nicht eingehalten, dies mit den weisen Worten rechtfertigen, dass dies ausdrücklich so abgestimmt gewesen sei.
Der Hoffnung, dass man vielleicht aufgrund der Akzeptanz des Kunden mit einem blauen Auge davon käme, folgt dann meist große Ernüchterung: Kaum einer denkt daran, wie schwierig es ist, eine Bauleistung so zu vereinbaren, dass man tatsächlich die RdT unterschreiten darf. Immerhin: Diese sind nicht generell zwingend. Sie werden jedoch, solange nichts anderes vereinbart wurde, in die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien hineingelesen.
Auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart ist, gilt somit bei einem Bauvertrag, dass beide Parteien stillschweigend die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik vereinbart haben.

Über Risiken informieren
Wer hiervon abweichen will, sollte sich genauestens zu Gemüte führen, was das Oberlandesgericht Brandenburg mit Urteil vom 9. Juli 2020 (12 U 76/19) den Parteien ins Stammbuch geschrieben hat. Möchten die Parteien eines Bauvertrags die RdT wirksam unterschreiten, sodass genau diese Unterschreitung juristisch keinen Mangel darstellt, ist einige Vorarbeit zu leisten. Es genügt dann nämlich nicht, mit dem Auftraggeber lediglich die nicht regelkonforme Ausführung zu vereinbaren. Vielmehr muss der Auftragnehmer ihn darüber informieren, dass die RdT mit der vereinbarten Bauweise unterschritten würden und welche Risiken damit einhergehen.
Hierauf kann man nur dann verzichten, wenn der Auftraggeber aus eigener Fachkunde die Problematik erkennen und richtig zuordnen konnte. Da diese Fachkunde des Auftraggebers am Ende der Auftragnehmer beweisen muss, empfiehlt es sich, in jedem Fall einen entsprechend umfangreichen Hinweis zu verfassen. Das Urteil ist mittlerweile durch den Beschluss des BGB vom 24. März 2021 (VII ZR 125/20), mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen wurde, rechtskräftig.

TIPP
Anerkannte Regeln der Technik einhalten
Insbesondere dann, wenn Sie selbst Angebote schreiben, achten Sie darauf, dass diese stets den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen und auch Ihre Leistungen vor Ort entsprechend ausgeführt werden. Die Ausrede, man habe eine minderwertige Leistung mit dem Auftraggeber vereinbart, ist in der Praxis nur dann aufrechtzuerhalten, wenn man nachweisen kann, dass man den Auftraggeber entsprechend aufgeklärt hat und man davon ausgehen kann, dass er das bestehende Risiko somit gekannt hat und eingehen wollte. Das gilt auch dann, wenn die Planung eines Dritten nicht den Regeln der Technik entspricht. In diesem Fall sind Sie ebenfalls verpflichtet, den Auftraggeber hierauf ausdrücklich und umfänglich hinzuweisen.

Erschienen im Juli 2021 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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