Verstehe deinen Anwalt: „Unter“


Wann haben Sie eigentlich den letzten handschriftlichen Brief geschrieben? Also bei mir muss das „unter“ dem 10. Juli 1988 gewesen sein, als ich mich im Zeltlager erinnerte, dass ich noch mitteilen musste, dass wir gut angekommen waren.
Sie meinen, ich hätte „am“ 10. Juli 1988 geschrieben? Nein, da muss der Jurist schon spitzfindiger ran gehen. Also, das Datum auf dem Brief war der 10. Juli 1988. Ehe ich den dann aber zu Ende geschrieben, eingetütet und frankiert hatte, dauerte das bestimmt einige Tage – man hat in so einem Zeltlager schließlich auch Wichtigeres zu tun. Erst als aus meinem Süßigkeitenvorrat auch das letzte Raider (nicht Twix!) verputzt war, fügte ich als letzten Satz an, man möge Nachschub schicken, und gab den Brief zur Post, die damals noch nicht am nächsten Tag zustellte. Also mag ich ihn dann vielleicht am 14. Juli 1988 eingeworfen haben; geschrieben habe ich ihn aber unter dem Datum vom 10. Juli 1988, also ich habe das Datum „10.07.1988“ geschrieben und irgendwann dann darunter den Brief verfasst. So ist es richtig!
Und jetzt versteht man auch, warum Anwälte immer schreiben, dass sie „unter“ einem Datum etwas geschrieben haben. Hauptsache das Datum ist auf dem Schreiben. Wann es abgesendet wurde, ist doch egal. Es klingt aber deutlich besser, wenn man sich am 30. August eines Jahres darüber beschwert, dass man unter dem 30. Juli schon geschrieben, aber immer noch nichts gehört habe. Nach der Info der Gegenseite, diese habe den Brief erst gestern erhalten, kann man diese wahlweise – je nach Nettigkeit des Anwalts und der eigenen Erfolgsaussichten – als „Lügner“ bezeichnen oder auf die Post schimpfen. Ja, wir Juristen wissen halt, mit Fristen umzugehen!

Bußmann & Feckler PartmbB · Rechtsanwälte und Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht
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