Verstoß des Mieters gegen rechtskräftige Verurteilung – Kündigung begründet!


Dem Mieter, der rechtskräftig zur Duldung einer Modernisierung verurteilt wurde, kann bei deren fortgesetzter Verweigerung jedenfalls fristgerecht gekündigt werden.

LG Berlin, Urteil vom 28.05.2020 – 67 S 21/20
BGB § 573 Abs. 2 Nr. 1

Problem/Sachverhalt
Der Wohnraummieter ist am 01.08.2017 rechtskräftig zur Duldung einer odernisierungsmaßnahme des Vermieters nach „vorheriger Ankündigung“ verurteilt worden. Mit Schreiben vom 17.10.2017, 07.12.2017, 08.12.2017, 25.01.2018, 11.05.2018 und 18.05.2018 hat der Vermieter die Vorbereitungs- und Modernisierungsarbeiten gegenüber dem Mieter thematisiert und diesen dringlich um Mitwirkung gebeten. Der Mieter hat dem Vermieter mit Schreiben vom 23.05.2018 mitgeteilt, er müsse Maßnahmen allenfalls dann dulden, wenn der Vermieter diese „längerfristig und planbar“ und nicht lediglich „mit einem Vorlauf von einer Woche ankündige“, er die „auszuführenden Arbeiten“ aufzähle und beschreibe und „ein Zeitfenster für die Ausführung“ vorgebe. Mit Schreiben vom 28.05.2018 hat der Vermieter die Durchführung von Maßnahmen in der Wohnung des Mieters am 05.06.2018 angekündigt. Gleichzeitig hat er den Mieter unmissverständlich abgemahnt. Am 05.06.2018 hat der Mieter den vermieterseits begehrten Zutritt zu seiner Wohnung nicht ermöglicht, woraufhin der Vermieter das Mietvertragsverhältnis gekündigt hat.

Entscheidung
Der Räumungsklage des Vermieters wird stattgegeben. Die Kündigung ist jedenfalls als ordentliche Kündigung gern. § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB wirksam. Darin, dass der Mieter die bereits mit Schreiben vom 07.03.2016 angekündigten Modernisierungsmaßnahmen, zu deren Duldung er am 01.08.2017 rechtskräftig verurteilt worden ist, nicht geduldet hat, liegt eine Pflichtverletzung. Diese Pflichtverletzung ist auch hinreichend erheblich. Dies ergibt sich daraus, dass der Mieter dem Duldungsanspruch des Vermieters über mehr als zwei Jahre beharrlich zuwidergehandelt und in der durch die rechtskräftige Verurteilung herbeigeführten, positiven Kenntnis seiner Duldungsverpflichtung nicht nur fahrlässig , sondern mit Vorsatz pflichtwidrig gehandelt hat. Zusätzlich hat der Mieter durch die Verweigerung des Zutritts auch der unmittelbar zuvor ausgesprochenen Abmahnung des Vermieters zuwidergehandelt. Deren bewusste Missachtung hat seiner Pflichtverletzung ein zusätzliches Gewicht verliehen (Verweis auf BGH, Urteil vom 28.11.2007 – VIII ZR 145/07, IMRRS 2008, 0047).

Praxishinweis
Das Urteil hat keinen Tatbestand(§ 313a ZPO), so dass die hier entscheidenden tatsächlichen Verhältnisse aus den Urteilsgründen herausgelesen werden müssen. Wesentliche Teile der Entscheidung entfallen auf die Beweiswürdigung des Gerichts hinsichtlich der Zutrittsverweigerung des Mieters am 05.06.2018. Dieser hatte entgegen den Bekundungen eines Zeugen des Vermieters, dass ihm trotz deutlich vernehmbaren Klopfens nicht geöffnet worden wäre, behauptet, an diesem Tag sei niemand bei ihm erschienen. Zur Frage, ob Verstöße des Mieters gegen (noch nicht) titulierte Vertragspflichten den Ausspruch einer Kündigung rechtfertigen, hat der BGH bereits mit Urteilen vom 15.04.2015 (IMR 2015, 312) und 13.04.2016 (IMR 2016, 272) Stellung genommen. Auch wenn das Landgericht die vom Vermieter ausgesprochene Abmahnung als „im Ergebnis allerdings nicht mehr wesentlich“ angesehen hat, kann in der Praxis jedem Vermieter nur dringend angeraten werden, in vergleichbaren Fällen vorsorglich den Mieter nachweisbar abzumahnen und für den Fall einer Fortsetzung seines pflichtwidrigen Verhaltens eine Kündigung anzudrohen. Diese sollte dann stets fristlos, hilfsweise fristgerecht erklärt werden, um sowohl die §§ 543, 569 BGB als auch den hier vom LG Berlin herangezogenen § 573 BGB fruchtbar machen zu können.

Erschienen im Mai 2021 online bei IMR im Internet.

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