Immer wieder kommt es vor, dass Auftraggeber in Bauverträgen mit den Auftragnehmern Vertragsstrafenvereinbarungen treffen. Mittlerweile hat sich auch herumgesprochen, dass auf den Fertigstellungszeitpunkt gesetzte Vertragsstrafen ein gewisses Volumen nicht überschreiten sollten.
Vertragsstrafen, die über 0,3 % der Schlussrechnungssumme pro Werktag des Verzugs hinausgehen, sind regelmäßig unwirksam. Wer sichergehen möchte, wählt solche von maximal 0,2 % der Schlussrechnungssumme oder darunter. Die Gesamthöhe sollte 5 % nicht überschreiten.
Voraussetzung der Unwirksamkeit ist selbstverständlich, dass es sich bei der Vertragsstrafenvereinbarung um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, was jedoch fast immer der Fall ist. In vielen Vertragsformularen orientiert sich die Vertragsstrafe jedoch nicht an der konkreten Schlussrechnungssumme, sondern an der „Auftragssumme“. Der Bundesgerichtshof hatte mit seinem Urteil vom 15. Februar 2024 (VII ZR 42/22) entschieden, dass eine Formulierung, bei der die Vertragsstrafe an die „im Auftragsschreiben genannte Auftragssumme“ geknüpft ist, in AGB des Auftraggebers den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt und somit wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam ist.
Auftragssumme nicht gleich Abrechnungssumme
Begründet hat der Bundesgerichtshof dies damit, dass eine Koppelung an die ursprüngliche Auftragshöhe deswegen problematisch ist, da bei der Prüfung der Unwirksamkeit von AGB stets von der den Vertragspartner des Verwenders am stärksten belastenden Auslegungsvariante auszugehen sei. Insofern könne der Fall eintreten, dass die spätere tatsächliche Abrechnungssumme aufgrund von Mengenminderungen oder Leistungsherausnahmen deutlich unter der ursprünglichen Auftragssumme liegen kann und die Vertragsstrafe dann an einen zu hohen Referenzwert anknüpfe.
Die Klausel war damit unwirksam – übrigens unabhängig davon, wie sich die tatsächliche Abrechnungssumme gestaltete. Es findet nämlich stets eine nur abstrakte Prüfung der Wirksamkeit statt. Nun hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Urteil vom 5. Juli 2024 (12 U 95/22) auf dieser Rechtsprechung aufgebaut. Dort war die Vertragsstrafe an den Begriff der „Nettoauftragssumme“ geknüpft, wobei – anders als im BGH-Urteil – unklar blieb, ob damit die ursprüngliche Vertragssumme oder Abrechnungssumme des Auftrags gemeint war. Das OLG Hamm hat sich mit einer Auslegung gar nicht lange aufgehalten. Es hat vielmehr dargestellt, dass dieser unklare Bezug nicht aufgeklärt werden müsse, da Unklarheiten bei der Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB stets zulasten des AGB Verwenders gingen. Daher sei davon auszugehen, dass die ursprüngliche Vertragssumme gemeint gewesen sei, weswegen die Klausel unwirksam war.
DEGA-Tipp: Ist die Klausel wirksam?
Vertragsstrafenklauseln sind deutlich häufiger unwirksam, als man dies eigentlich vermuten würde. Auch liegen die Voraussetzungen für die Zahlung einer Vertragsstrafe oft gar nicht so sehr auf der Hand, wie der Auftraggeber dies gerne hätte. Wird Ihnen also eine Vertragsstrafe abgezogen, empfiehlt es sich, genauestens zu überprüfen, ob die zugrunde liegende Vertragsklausel überhaupt wirksam ist, ob sie eine Vertragsstrafe in der geforderten Höhe hergibt und ob die Voraussetzungen vorliegen, nach welchen die Vertragsstrafe. überhaupt verlangt werden kann. Allein die Tatsache, dass bei einer auftraggeberseitigen Behinderung das Behinderungsschreiben vergessen wurde, führt nämlich noch nicht dazu, dass der Auftraggeber bei einer Terminüberschreitung die Vertragsstrafe fordern darf.
Erschienen im Oktober 2024 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.