Bei der Abrechnung von Tief- und Erdbauarbeiten wird gerne getrickst, weil sich die Leistungen häufig nachträglich nicht mehr überprüfen und aufmessen lassen. Wenn keine rechtzeitige gemeinsame Feststellung des Zustandes der Arbeiten (§ 14 Abs. 2 Satz 2 VOB/B) stattgefunden hat und auch die vertraglichen Vereinbarungen keine eindeutigen Regelungen (beispielsweise über den Nachweis des angelieferten/abgefahrenen Erdmaterials nach Wiegescheinen) enthalten, bieten sich für den Bauunternehmer Chancen, „seine Ertragssituation zu optimieren“, aber auch Risiken.
Ein aufgrund der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den Bundesgerichtshof vom Mai 2019 erst kürzlich veröffentlichtes Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken (vom 19. Januar 2017, Az. 4 U 15/14) beschäftigt sich mit der Abrechnung von Bodenaushub im Bereich von Gabenböschungen. Dort konnte der Auftragnehmer wegen der zu geringen Breite des Baufeldes die für die Bodenklassen 3-5 nach der (wohl damals gültigen) DIN 18300 vorgesehenen Böschungswinkel von 40° nicht herstellen, sondern musste Böschungswinkel von etwa 70° ausführen. Dennoch rechnete er die Erdarbeiten so ab, als hätte er die Böschungswinkel mit 40° ausgeführt. Dies mit der Begründung, dass nach Ziffer 5.2.3 der DIN 18300 für die Ermittlung der Aushubmengen bei Böschungen nicht das Ist-Maß, sondern das (fiktive) Soll-Maß gelten würde. Der Unterschied lag immerhin im Bereich von mehreren 100.000 €.
Das OLG Zweibrücken hat dem Auftragnehmer unter Verweis auf eine ähnliche Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 17.01.1992 – 22 U 135/91) eine Absage erteilt. Zwar läge den Aufmaßregeln in Abschnitt 5.2.3 der DIN 18300 tatsächlich das gemeinsame Leitmotiv zugrunde, dass für die Ermittlung der Aushubmengen auf das Soll-Maß abgestellt werden solle. Hiermit solle jedoch vermieden werden, dass der Auftragnehmer durch Ausdehnung der Profile, das heißt eine flachere Abböschung, als notwendig, seine Werklohnvergütung aufbessert. Und dies, ohne dass er über die Notwendigkeit der Ausdehnung dieser Leistung Rechenschaft ablegen müsste und berücksichtigt werden solle, dass die nach den Bodenklassen vorgesehenen Böschungswinkel nicht immer exakt hergestellt werden können.
Es kommt auf erbrachte Leistungen an
Dies bedeute aber nicht, dass der Auftragnehmer seiner Abrechnung Böschungswinkel zugrunde legen kann, die er nicht ausgeführt hat. Vielmehr gelte der Grundsatz, dass es bei einer Abrechnung nach Einheitspreisen auf die tatsächlich ausgeführten Leistungen (und nicht auf fiktiv erbrachte Arbeiten) ankommt.
Dem Verweis auf einen Abböschungswinkel von 40° bei den Bodenklassen 3 und 4 kann entnommen werden, dass wohl die DIN 18300 in der Fassung vom Oktober 2006 Gültigkeit hatte. In den folgenden Fassungen (April 2010 und September 2012) liegt dieser Winkel schon bei 45°. Ab der Ausgabe August 2015 wurde unter der (neuen) Ziffer 5.2.5 eine gänzlich andere Formulierung gewählt, welche wohl vergleichbaren Differenzen besser vorbeugen wollte.
Unser Tipp: Ehrlich währt am längsten. Wenn es nicht möglich ist, die vertraglich vereinbarten oder nach den anerkannten Regeln der Technik notwendigen Böschungen herzustellen, sollte der Gärtner vor Aus- oder Fortführung der Erdarbeiten mit seinem Auftraggeber klären, wie die Arbeiten erfolgen sollen und abzurechnen sind. Insbesondere die Notwendigkeit zusätzlicher Absicherungen (beispielsweise durch einen Verbau) und deren Vergütung müssen unbedingt vorher eindeutig (also schriftlich) festgelegt werden. Nachträglich lassen sich die Erforderlichkeit zusätzlicher Erdarbeiten und deren Umfang nur noch schwierig belegen.
Erschienen im Oktober 2019 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.