Werklieferungsvertrag: fehlende Unterlagen unverzüglich rügen!


Das Vorliegen von Zertifizierungen, Gebrauchstauglichkeitsnachweisen (z.B. durch CE- bzw. ÜHP-Kennzeichnung), etc., muss nach § 377 HGB unverzüglich nach Lieferung untersucht und gerügt werden.

LG Kleve, Urteil vom 22.02.2012 – 2 O 260/121 (nicht rechtskräftig)


Problem/Sachverhalt

Ein Metallbauunternehmen bestellt bei einer Lieferantin Glasscheiben für eine Fassade. Die Lieferantin lässt die Scheiben durch eine Nachunternehmerin zurechtschneiden und unmittelbar an die Baustelle liefern, wo sie von dem Metallbauer eingebaut werden. Rund 9 Monate später rügt der Bauherr gegenüber dem Metallbauunternehmen das Fehlen der ÜHP-Zeichen bzw. der Übereinstimmungsnachweise der eingebauten Scheiben. Dieses fordert seine Lieferantin zur Beibringung der Unterlagen auf. Als diese nicht zur Zufriedenheit des Metallbauers beigebracht werden, tauscht dieser die Scheiben aus und verlangt von seiner Lieferantin Schadensersatz für die neuen Scheiben und die Kosten des Aus- und Wiedereinbaus. Diese beruft sich auf § 377 HGB.

Entscheidung

Das Landgericht folgt der Argumentation der Lieferantin. Unter Bezugnahme auf das OLG München (Urteil vom 01.12.1999 – 7 U 3522/99) weist es darauf hin, dass sich die Pflicht des Käufers, nach § 377 HGB die Ware unverzüglich nach Lieferung auf Mängel zu untersuchen und erkennbare Mängel unverzüglich anzuzeigen, nicht nur auf die Ware selbst, sondern auch auf zugehörige Zertifizierungen und Gebrauchstauglichkeitsnachweise wie CE-oder ÜHP-Kennzeichnungen erstreckt.

Dementsprechend hätte das Metallbauunternehmen das Fehlen der ÜHP-Kennzeichnung bzw. der Übereinstimmungsnachweise der Scheiben unverzüglich nach deren Anlieferung und insbesondere vor deren Einbau rügen müssen und nicht erst rund neun Monate später.

Praxishinweis

Die formellen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kennzeichnung und Dokumentation der Eignung von Bauprodukten sind umfangreich und streng. Können diese Nachweise vom ausführenden Bauunternehmer nicht vorgelegt werden, liegt im Verhältnis zum Auftraggeber der Bauleistungen ein Mangel vor, welcher diesen nach Werkvertragsrecht dazu berechtigt, Nacherfüllung bis hin zum Austausch des entsprechenden Bauteils zu fordern.

Im Verhältnis des Werkunternehmers zu dem Lieferanten der Baustoffe, welchen als Zwischenhändler vielfach auch kein Verschulden trifft, gilt demgegenüber Kauf- bzw. Werklieferungsvertragsrecht und somit im kaufmännischen Geschäftsverkehr auch die Vorschrift des § 377 HGB. Die sich hieraus ergebenden Pflichten werden von Bauunternehmen in der Praxis häufig immer noch zu lasch gehandhabt.

Erschienen im Februar 2014 bei IMR 02/2014. IMR im Internet.

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