Man muss es sich so vorstellen: Sobald ein Verbraucher einen Vertrag abschließt, begibt er sich direkt von seinem Häuschen im Grünen in die rauhe Wildnis, in der die Unternehmer-Hyänen nur darauf lauern, ihn zu zerfleischen. Damit dem Verbraucher nichts geschieht, schenkt der Gesetzgeber ihm jedoch diverse Rüstungen und packt ihn mitunter zusätzlich in Watte.
So ist es dem Verbraucher beispielsweise erlaubt, einen Vertrag mit einem Unternehmer zu widerrufen, wenn dieser Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wurde. Während früher als zusätzliches Kriterium ein gewisser Überrumpelungseffekt hinzukam und der Unternehmer den Kontakt gesucht haben muss, spielt es mittlerweile bei den sogenannten Geschäften außerhalb der Geschäftsräume keine Rolle mehr, wer den anderen kontaktiert hat und ob der Verbraucher überrumpelt wurde.
Werden Sie also von einem Kunden gerufen, weil dieser einen neuen Garten wünscht, und schließen Sie mit diesem, nachdem Sie ihn nach bestem Wissen und Gewissen fair beraten und ein faires Angebot abgegeben haben, in dessen Wohnung (oder an anderer Stelle außerhalb Ihrer Geschäftsräume) einen Vertrag, hängen Sie am Fliegenfänger: Es treten besondere Wirkungen der EU-Verbraucherrechterichtlinie ein, die seit 2014 in das BGB übernommen wurde.
Die Härte des Gesetzes
Die härteste Konsequenz ist ein dem Verbraucher zustehendes Widerrufsrecht. Dieses kann der Verbraucher innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss ausüben, wenn er über sein Recht ordentlich belehrt wurde. Fehlt es an der Belehrung – wie so oft-, kann er ein Jahr und 14 Tage lang zurücktreten. Das gilt selbst dann, wenn die Bauleistung zwischenzeitlich fertiggestellt sein sollte.
Die ganze Härte dieses Rücktrittsrechts musste ein Werkunternehmer jüngst vor dem OLG München (Beschluss vom 24. März 2021 (28 U 7186/20 Bau) erkennen. Das Gericht sprach dem Verbraucher das Widerrufsrecht zu, obwohl die Bauleistung längst abgeschlossen war. Die Konsequenz war ernüchternd: Der Unternehmer erhielt nicht nur keine Restwerklohnforderung; er musste auch den bereits empfangenen Abschlag zurückzahlen.
TIPP
Reale Horrorgeschichten
Immer wieder denken Unternehmer, es handle sich nur um Horrorgeschichten, die ihnen nicht passieren können. Dem ist nicht so! Wie oft werden Verträge mündlich oder schriftlich im Hause des Kunden geschlossen, ohne dass über das Widerrufsrecht belehrt wurde? Antwort: Leider immer wieder! Meist schnappt die Falle nicht sofort zu. Erst wenn die Arbeiten beendet sind und der Kunde sich ärgert oder vielleicht nicht erreicht hat, was er wollte, erklärt er den Widerruf, der nicht einmal begründet werden muss. Schauen Sie sich daher bitte den § 312b BGB einmal sehr genau an und vermeiden Sie fortan solche Verträge oder belehren Sie den Kunden ordnungsgemäß nach Art. 264a § 1 Abs. 2 EG BGB unter Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 1 zum EG BGB. Dann ist die Widerrufsmöglichkeit wenigstens nach 14 Tagen abgelaufen.
Erschienen im Juli 2021 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.