Wer kennt das nicht? Man schuftet und schuftet an einer Baumaßnahme und schließlich möchte der Auftraggeber aus verschiedenen Gründen nicht bezahlen. Vielfach heißt es, ein Teil der ausgeführten Leistungen sei nicht beauftragt worden. Manchmal äußert der Auftraggeber auch, der Architekt, der die Leistungen vergeben hat, sei hierzu gar nicht bevollmächtigt gewesen. Wenn man nicht weiß, wie man mit derartigen Sprüchen umzugehen hat, verliert man unter Umständen viel Geld. Häufig ist es nämlich so, dass das Gesetz oder die VOB/B (wenn sie denn rechtswirksam in den Vertrag einbezogen wurde) hierfür sehr wohl Vergütungsgrundlagen vorsehen. Man muss nur wissen, wo sie zu finden sind.
Beispielfälle
Aus der Praxis kann man drei Fallgruppen heraus filtern, die immer wieder vorkommen. Wir möchten diese mit Beispielen illustrieren:
Die Firma Grünes Glück soll im Rahmen eines Bauauftrags unter anderem Erdarbeiten ausführen. Als sie bereits eine gewisse Tiefe erreicht hat, stellt sie einen vom Auftraggeber nicht prognostizierten Wassereinbruch durch hoch stehendes Grundwasser fest. Sie muss schnell reagieren, wenn die Baugrube nicht zum Einsturz kommen soll. Umgehend erbringt sie die dringend notwendigen Wasserhaltungsmaßnahmen (Fall 1).
Als die Firma Grünes Glück später das Gelände wieder auffüllt, stellt sie fest, dass der Auftraggeber vergessen hat, die Tragschicht der zu errichtenden Terrasse auszuschreiben. Sie führt diese mit einem geeigneten Material aus (Fall 2).
Als sie damit fertig ist, kommt der Architekt und beauftragt die Firma Grünes Glück mit der bislang nicht ausgeschriebenen Bepflanzung der Vegetationsstreifen. Der Architekt teilt hierzu mit, der Bauherr werde diese Leistungen später bezahlen. Auch dies führt die Firma Grünes Glück aus (Fall 3).
Als es schließlich zur Abrechnung kommt, verweigert der Auftraggeber die Bezahlung der jeweiligen Leistungen. In Bezug auf die Wasserhaltung und die Tragschicht meint er, derartige Arbeiten nicht beauftragt zu haben. In Bezug auf die Bepflanzung stellt er sich zudem auf den Standpunkt, sein Architekt sei nicht bevollmächtigt gewesen, derartige Leistungen zu beauftragen. Tatsächlich ergibt sich aus dem Architektenvertrag, dass eine derartige Vollmacht nicht vorliegt.
Viele Auftragsnehmer wissen nicht, dass es in diesen Fällen häufig Möglichkeiten gibt, trotz der auf den ersten Blick aussichtslosen Situation dennoch eine Vergütung zu erhalten. Wenden wir uns insofern zunächst dem BGB-Vertrag zu:
„Geschäftsführung ohne Auftrag“
Tatsächlich existieren im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Regelungen dazu, wann eine nicht bestellte bzw. nicht beauftragte Leistung dennoch zu vergüten ist. Es handelt sich hierbei um die so genannte „Geschäftsführung ohne Auftrag“. Die Vorschriften finden sich in den §§ 677 bis 687 BGB.
Voraussetzung eines hieraus abgeleiteten Vergütungsanspruchs ist zunächst das Fehlen eines entsprechenden Vertrages oder Auftrages. Weiterhin muss die Leistung, die erbracht wird, im Interesse des Geschäftsherrn (hier: des Auftraggebers) und mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfolgen. Ein wirklicher Wille ist höchst selten feststellbar. Läge ein solcher vor, hätte der Auftraggeber, der sich bereits mit dem Auftragsnehmer in einem Vertragsverhältnis befindet, diesen so zum Ausdruck gebracht, dass die Leistungen tatsächlich beauftragt worden wären. Ist der wirkliche Wille jedoch nicht feststellbar, kommt es auf den mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn an. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein solcher dann angenommen werden, wenn er bei objektiver Beurteilung aller gegebenen Umstände von einem verständigen Betrachter anzunehmen ist. Es ist mit anderen Worten zu entscheiden, wie der Geschäftsherr entschieden hätte, wenn er vor der Wahl gestanden hätte.
Hierzu müssen alle Umstände im Zeitpunkt der Leistungserbringung berücksichtigt werden. So entspricht eine eigentlich nicht notwendige Bauleistung regelmäßig dann nicht dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, wenn sie erkennbar nicht notwendig oder nicht finanzierbar war. Gerade bei eilbedürftigen Reaktionen ist der mutmaßliche Wille jedoch häufig leicht feststellbar. In unserem Beispielsfall 1 ist es beispielsweise so gewesen, dass der Wassereintritt die Maßnahme insgesamt gefährdet hat. Eine schnelle Reaktion war also dringend von Nöten, um weiteren Schaden abzuwenden. Hier wird einmal vorausgesetzt, dass die Reaktion der Firma Grünes Glück im Endeffekt zu geringeren Kosten geführt hat, als dies der Fall gewesen wäre, hätte sie zunächst die ausgehobene Vertiefung „volllaufen lassen“. In solchen Fällen wird es regelmäßig dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen, dass schnell und unbürokratisch gehandelt wird, um den Schaden nicht zu vergrößern.
Doch auch das zweite Beispiel, welches wir angeführt haben, wird man hierunter fassen können. Der Auftraggeber hatte sich entschieden, eine Terrasse errichten zu lassen. Wenn eine hierzu zwingend notwendige Leistung in der Leistungsbeschreibung fehlt, wird dadurch sicherlich nicht der Wunsch des Auftraggebers zunichte gemacht, eine funktionsfähige Terrasse zu erhalten. Man kann zumeist davon ausgehen, dass Zusatz- oder Änderungsleistungen dann dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen, wenn sie für die korrekte und mangelfreie Durchführung der Gesamtleistung erforderlich waren (und die Kosten nicht übermäßig groß sind). Allerdings darf man es nicht übertreiben. Sind beispielsweise mehrere Lösungen möglich, kommt ohne Zustimmung des Auftraggebers sicherlich keine Luxusvariante in Betracht, die preislich über den eigentlich notwendigen Arbeiten liegt. Den vorliegenden Fall der fehlenden Tragschicht wird man so allerdings wohl in den Griff bekommen.
Der letzte Fall ist sicherlich schwieriger. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass ein Architekt, selbst wenn er die Bauleitung hat, nicht automatisch befugt ist, Aufträge zu vergeben. Häufig ist es sogar so, dass im Architektenvertrag eine entsprechende Vollmacht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Fehlt es an einer Vollmacht des Architekten und kann diese auch nicht durch gewisse Fiktionen angenommen werden, so handelt es sich tatsächlich um ein Geschäft ohne wirksamen Auftrag. Ob hierzu jedoch der § 677 BGB Anwendung findet, ist im Einzelfall zu klären. Der mutmaßliche Wille des Auftraggebers ist in den Fällen deutlich schwerer zu ermitteln, in denen eine gewisse Leistung nicht zwingend erforderlich ist, um den Bauerfolg zu erreichen. So kann es hier sein, dass der Auftraggeber mit der Pflanzung noch etwas zuwarten wollte, bis er wieder über entsprechende Geldmittel verfügt. Auch kann es sein, dass er die Pflanzenauswahl noch nicht bis ins Detail getroffen hat und der Architekt hier lediglich vorgeprescht ist. Man wird im Einzelfall ermitteln müssen, was tatsächlich dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entspricht und was nicht. Hierzu kann es notwendig sein, den gesamten Schriftverkehr durchzusehen und auch den Architekten zu befragen. Nur dann, wenn der mutmaßliche Wille zu bejahen ist, kann überhaupt am Ende eine Vergütung nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag erfolgen.
Mit der Zuordnung des Willens allein ist es jedoch noch nicht getan. Die Leistungen müssen zudem im Interesse des Auftraggebers bzw. des Geschäftsherrn stehen. Dies wird fast immer dann der Fall sein, wenn die Leistungen in seinem mutmaßlichen Willen liegen. Ausnahmefälle sind zwar denkbar, jedoch höchst selten.
Die entscheidende Frage ist jedoch, was passiert, wenn die Voraussetzungen des Anspruchs aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben sind. In diesen Fällen kann der so genannte Geschäftsführer – hier also unsere Firma Grünes Glück – den Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (§ 683 BGB). Ersetzt wird nach den Grundsätzen des § 670 BGB dasjenige, was der Geschäftsführer für erforderlich halten durfte. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs macht es sich hier recht leicht. Dann nämlich, wenn der Ausführende im Rahmen seines Gewerbes tätigt wird, wird schlichtweg angenommen, der Aufwendungsersatzanspruch erfasse die übliche Vergütung. Vergleichsmaßstab ist dabei die erbrachte Leistung in Bezug auf Art, Güte und Umfang. Im Streitfall wird ein Sachverständiger die Höhe der üblichen Vergütung festlegen.
Gerade in jüngster Zeit wird diese Rechtsprechung mit beachtlichen Argumenten kritisiert. Da das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag keine echten Mängelrechte des Bauherrn beinhaltet bzw. diese nur schwer begründbar sind, müsste dies eigentlich auch in der Vergütung Berücksichtigung finden. Bislang ist der Bundesgerichtshof diesem Argument noch nicht gefolgt ist, weshalb es zunächst zu Gunsten des Auftragnehmers dabei verbleibt, dass er die übliche Vergütung verlangen kann. Diese wird jedoch wohl auf das Preisniveau der ursprünglichen Kalkulation im Hauptvertrag gedeckelt sein. Der Auftragnehmer soll nämlich keine höhere Vergütung fordern können, als ihm zustünde, wäre er ordnungsgemäß beauftragt worden. Man wird in diesen Fällen also die Urkalkulation des Unternehmers heranziehen müssen.
„Ungerechtfertigte Bereicherung“
Funktionieren diese Ansprüche nicht, so kann dennoch eine Zusatzvergütung durchsetzbar sein. Es ist nämlich möglich, dass eine erbrachte Bauleistung nicht im Interesse des Auftraggebers lag, er jedoch hierdurch bereichert wurde, nämlich einen Vorteil erlangt. Zumindest dann, wenn der Auftraggeber die Leistung entgegennimmt und nutzt, kann man über diese gesetzliche Konstruktion des § 812 BGB ebenfalls zu einem Vergütungsanspruch gelangen. Eine Ausnahme liegt nur im Fall der so genannten aufgedrängten Bereicherung vor, also wenn der Auftragnehmer einseitig nicht von Seiten des Auftraggebers gewünschte Leistungen erbringt, dieser die Leistungen nicht annehmen will und die Beseitigung fordert. Erfolgt eine solche Aufforderung jedoch nicht, ist die Leistung zu vergüten. Hier geht der Bundesgerichtshof jedoch nicht von der üblichen Vergütung aus. Es steht nämlich fest, dass die Leistung, soweit sie mangelhaft ist, keine Bereicherung auslösen kann. Da sich einzelne Mängel erst später zeigen, muss die Vergütung von vornherein so ausgerichtet sein, dass sie Mängelrisiken Rechnung trägt. Die Gerichte nehmen insofern von vornherein einen Abschlag auf die übliche Vergütung vor. Hierbei beurteilen sie, mit welcher Wahrscheinlichkeit in welchem Umfang Mängel zu erwarten sein werden.
§ 2 Nr. 8 VOB/B
Ist die Geltung der VOB/B vereinbart, kommt noch eine Sondervorschrift zum Zuge. Unter § 2 Nr. 8 ist zunächst einmal der Grundsatz geregelt, dass Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, nicht vergütet werden. Dies ist eigentlich selbstverständlich.
Etwas anderes gilt jedoch nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B dann, wenn der Auftraggeber diese Leistungen nachträglich anerkennt. Dann muss er für diese auch die entsprechende Vergütung leisten. Auch das leuchtet jedem ein.
Aber auch dann, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren, zumindest dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen und ihm unverzüglich angezeigt wurden, besteht auch nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B ein besonderer Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung. Anders als bei den Grundlagen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach BGB, richtet sich die Höhe dieser Vergütung stets nach der Urkalkulation. Es wird also dasjenige zu zahlen sein, was der Auftraggeber hätte zahlen müssen, wenn er die Leistung ursprünglich oder nachträglich beauftragt hätte. Dies gilt selbst dann, wenn die Kosten über den üblichen Aufwendungen liegen. Voraussetzung ist jedoch – und dies wird häufig missachtet – dass die Durchführung der Leistungen dem Auftraggeber unverzüglich, also so schnell wie möglich angezeigt werden. Fehlt es an der Anzeige, wird eine Vergütung im Sinne des § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B nicht geschuldet.
Auch im Rahmen des VOB/B-Vertrages ist dies jedoch nicht dramatisch. § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B bestimmt nämlich ausdrücklich, dass die Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag unberührt bleiben. Im Notfall kann der Auftragnehmer also auf diese ausweichen.
Fazit:
Auch dann, wenn es an ausdrücklichen Anweisungen durch den Auftraggeber fehlt, ist in Bezug auf die Vergütung noch nicht aller Tage Abend. Das Gesetz bzw. die VOB/B bietet dem Auftragnehmer mehrere Möglichkeiten, seine Leistungen dennoch vergütet zu erhalten.
Der Auftraggeber wird sich aber meistens mit Händen und Füßen wehren, eine von ihm nicht beauftragte Leistung zu bezahlen. Streit ist in diesen Fällen also vorprogrammiert. Wir können Ihnen deshalb nur nachdrücklich empfehlen, mit zusätzlichen Vergütungsforderungen von vornherein offen umzugehen. Sprechen Sie Ihren Auftraggeber hierauf an, bevor Sie Ihre Leistungen ausführen. Versuchen Sie stets, mit Ihrem Auftraggeber Vereinbarungen über den Umfang der Vergütung zu treffen, bevor es schließlich zum Streit kommt. Dies kann nur funktionieren, wenn Sie offen auf den Auftraggeber zugehen und ihn über Ihre Vergütungsansprüche ebenso offen informieren.
Das Vertrauen auf die gesetzlichen Ansprüche der Leistungsvergütung auch ohne Auftrag endet nicht selten in kostenintensiven Verfahren. Zudem stehen auch dem Auftraggeber in gewissem Umfange Abwehrmaßnahmen zur Verfügung, die wiederum ein Risiko des Auftragnehmers darstellen.
Erschienen im Dezember 2008 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.