Gerade bei öffentlichen oder gewerblichen Aufträgen wird nicht selten die VOB/B zum Vertragsinhalt gemacht. Bei der VOB/B handelt es sich nicht etwa um ein Gesetz, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Diese müssen, damit sie im Vertrag Geltung erlangen, wirksam vereinbart werden. Dann jedoch unterliegen sei einer gesetzlich geregelten Besonderheit.
Während normalerweise eine Wirksamkeitsüberprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach den §§ 307 ff. BGB stattfindet und dementsprechend Klauseln, die den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen, unwirksam sind, ist die VOB/B gemäß § 310 Abs. 1 S. 3 BGB privilegiert. Es findet dann keine Wirksamkeitskontrolle statt, wenn die VOB/B ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist. Bereits seit langem steht fest, dass nicht nur Eingriffe in den Kernbereich kritisch sind, sondern jegliche Abweichungen von der VOB/B.
Gerade die öffentliche Hand versucht seither, ein VOB-konformes Vertragswerk zu erstellen, welches dann im Vergabehandbuch des Bundes veröffentlicht wird. Dies scheint aktuell gelungen zu sein. Meist aber können sich gerade Kommunen nicht mit dem relativ engen Korsett des Vergabehandbuchs zufriedengeben und stellen weitere, selbst entwickelte Vertragsbedingungen auf, die die Gefahr von Eingriffen in die VOB/B in sich tragen.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte nun mit dem oben diskutierten Urteil vom 22. Oktober 2024 (10 U 34/24) über eine relativ alltägliche Abweichung zu entscheiden. Es war in dem dortigen Vertragswerk geregelt, dass eine Abnahme nur förmlich erfolgen könne. Dem OLG Stuttgart reichte dies aus, um einen Eingriff in die VOB/B anzunehmen, der dazu führte, dass die Privilegierung der VOB/B kippte. Hier mag man sich wundern: § 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B bezieht sich doch selbst auf die förmliche Abnahme und regelt, dass diese zu erfolgen habe, wenn eine Vertragspartei es verlange. Warum soll dieses bereits im Vertrag geäußerte Verlangen dann schädlich sein?
Die Antwort ist recht einfach: § 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B meint eigentlich ein Verlangen in dem Zeitraum, in dem die Abnahme auch tatsächlich durchgeführt werden soll, also nach Fertigstellung der Werkleistungen, auf jeden Fall aber nach Vertragsschluss. Wird hingegen bereits im Vertrag eine förmliche Abnahme verlangt, führt dies in der Konsequenz dazu, dass faktisch die fiktiven Abnahmeformen des § 12 Abs. 5 VOB/B ausgehebelt werden. Genau hier liegt der Eingriff in die VOB/B, der dann dazu führt, dass sich jede einzelne Klausel der VOB/B der Wirksamkeitskontrolle nach § 307 BGB unterziehen lassen muss.
DEGA-Tipp: Prüfen, ob Eingriffe in die VOB/B erfolgt sind
Wenn Ihr Auftraggeber gegen Sie VOB/B-Regelungen ins Feld führt, die besonders unfair erscheinen, prüfen Sie, ob im Vertrag Eingriffe in die VOB/B erfolgt sind. Wenn das – wie meist – der Fall ist, kann die als unfair empfundene VOB-Klausel durchaus unwirksam sein, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt. Festgestellt wurde dies beispielsweise bereits für den Anspruchsverlust bei vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung nach§ 16 Abs. 3 Nr. 2-5 VOB/B, wenn der Auftraggeber den Vertrag gestellt und dabei in die VOB/B eingegriffen hat (BGH, Urteil vom 10. Mai 2007 – VII ZR 226/05).
Erschienen im Dezember 2025 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.