Die aus Sicht des Auftragnehmers interessanteste Vorschrift der VOB/B ist sicherlich § 16 VOB/B. Inhaltlich dreht sich dort alles um Abschlags- und Schlusszahlungen sowie die damit verbundenen Modalitäten und Rechtswirkungen.
In der Neufassung des Jahres 2006 wurden nunmehr zahlreiche Änderungen vorgenommen, deren Auswirkungen auf den Baualltag jedoch überschaubar sein werden. Im Wesentlichen hat der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss Forderungen der Rechtsprechung und der Bauwirklichkeit umgesetzt und die bestehenden Formulierungen präzisiert.
Zahlungspläne
§ 16 Nr. 1 VOB/B regelt den Anspruch des Auftragnehmers auf Abschlagszahlungen. Anders als das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), welches dieses Recht nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen einräumt, formuliert die VOB/B, dass Abschlagszahlungen „auf Antrag in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen (…) in möglichst kurzen Zeitabständen“ zu gewähren sind.
In Abweichung hierzu wurden in der Vergangenheit in der Bauwirklichkeit immer häufiger feste Zahlungspläne vereinbart, nach denen dem Auftragnehmer bei Erreichen eines bestimmten Leistungsstandes ein fester Betrag zustehen soll. Hierauf reagiert die neue VOB/B 2006, indem sie klarstellt, dass Abschlagszahlungen auch „zu den vereinbarten Zeitpunkten“ verlangt werden können. War die Vereinbarung von Zahlungsplänen bereits nach der bisherigen Rechtslage wirksam, stellt die Neufassung klar, dass sich auch das System der VOB/B hiermit arrangiert hat.
Der neue Text mag für Auftraggeber Anlass sein, solche Vereinbarungen verstärkt zu treffen. Der Auftragnehmer, der mit einem entsprechenden Vorschlag konfrontiert wird, macht sich allerdings häufig über die Tragweite von Zahlungsplänen keine Gedanken.
Insoweit scheint beispielsweise eine vertragliche Regelung, wonach die Vergütung für eine Dachbegrünung zu 20 % bei Arbeitsbeginn, zu 70 % nach Aufbringung des gesamten Substrats und zu 10 % nach Abnahme gezahlt werden soll, zunächst durchaus fair zu sein. Tatsächlich birgt diese Regelung jedoch große Risiken für den Auftragnehmer:
Während der Arbeitsbeginn einfach festzustellen ist und die Fälligkeit der ersten Rate deshalb kaum Diskussionen auslösen wird, können sich bei den Voraussetzungen für die Fälligkeit der zweiten, „großen“ Zahlung erhebliche Probleme ergeben, z.B. dann, wenn das Substrat auf einem kleinen Teil der Gesamtfläche wegen noch fehlender Vorleistungen nicht aufgebracht werden kann. Obwohl der GaLaBauer vielleicht an anderer Stelle weitere kostenintensive Vorleistungen erbracht hat und auf die eingetretene Verzögerung bei der Erbringung der Restarbeiten keinen Einfluss nehmen kann, fehlt es an der notwendigen Voraussetzung für die Fälligkeit der weiteren Abschlagsforderung, so dass der Auftraggeber die Zahlung zunächst verweigern wird.
Dem Auftragnehmer kann daher nur zu besonderer Wachsamkeit geraten werden: Zahlungspläne sollten nur dann akzeptiert werden, wenn feststeht, dass er den Eintritt der Bedingungen, an die die Fälligkeit der Zahlungen geknüpft ist, selbst beeinflussen kann.
Fehlende Prüfbarkeit
Mit einer weiteren Neuerung wurde die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rüge der fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung umgesetzt.
Es ist allgemein bekannt, dass die VOB/B dem Auftraggeber – sehr zum Ärger der ausführenden Unternehmen – in § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B eine Frist von zwei Monaten zur Prüfung (und Zahlung) der Schlussrechnung einräumt. Auch wenn es in § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 VOB/B hierzu ausdrücklich heißt, dass die Prüfung der Schlussrechnung nach Möglichkeit zu beschleunigen ist, nutzen die meisten Auftraggeber diese zwei Monate weitestgehend aus.
§ 14 Nr. 1 VOB/B ordnet nun an, dass Rechnungen prüfbar auszustellen sind. Häufig wird von Auftraggeberseite hierbei übersehen, dass die Prüfbarkeit keinen Selbstzweck darstellt. Sie dient vielmehr den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftraggebers. Dementsprechend sind einer Rechnung auch nur die zur Prüfung tatsächlich erforderlichen Unterlagen beizufügen. Daraus folgt zugleich, dass nicht alle in § 14 Nr. 1 VOB/B aufgezählten Anlagen zwingend vorliegen müssen. Deren notwendiger Umfang richtet sich vielmehr nach dem jeweiligen Einzelfall: Ist der Auftraggeber selbst ausreichend sachkundig bzw. hat er einen sachkundigen Architekten mit der Objektüberwachung nach § 15 Abs. 2 Nr. 8 HOAI beauftragt, sind die Erfordernisse weit geringer als für den Fall, dass der Auftragnehmer die Planung selbst übernommen und es mit einem gänzlich fachunkundigen Bauherrn zu tun hat. Ausschlaggebender Beurteilungsmaßstab für die Frage der Prüfbarkeit ist also der Empfänger- und Erkenntnishorizont des Auftraggebers und sein fachtechnisches Abrechnungsverständnis.
Ausgehend von diesen Bedingungen des § 14 VOB/B sieht sich der Auftragnehmer häufig der Situation ausgesetzt, dass er auf seine Schlussrechnung zunächst gar keine Rückmeldung erhält und ihm sodann – nach mehrmaligem Nachfragen – die Rechnung mit der bloßen Bemerkung, sie sei nicht prüfbar, zurückgesandt wird. Stellt sich dieser Hinweis als richtig heraus, beginnt mit der Überarbeitung bzw. Neuerstellung der Schlussrechnung und deren Übersendung an den Auftraggeber die Zweimonatsfrist erneut, so dass der Auftraggeber seine Zahlungsverpflichtung in diesem Fall erheblich hinausschieben könnte.
Bereits mit Urteil vom 23.09.2004 – VII ZR 173/03 (siehe auch Campos-Rechtstipps 02/2005) hat der BGH dieser Taktik mancher Auftraggeber einen Riegel vorgeschoben und entschieden, dass der Auftraggeber sich dann nicht mehr auf die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung berufen kann, wenn seit deren Zugang mehr als zwei Monate vergangen sind und in dieser Zeit die fehlende Prüfbarkeit nicht gerügt wurde. Diese Rechtsprechung übernimmt die VOB/B 2006 in dem neu geschaffenen § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 VOB/B.
Die neue Vorschrift stellt aber noch etwas klar: Die bloße Monierung der mangelnden Prüffähigkeit durch den Auftraggeber reicht nicht aus. Vielmehr hat er Gründe dafür anzuführen, warum er sich zur Rechnungsprüfung außerstande sieht. Dies entspricht dem Grundsatz der Vereinfachung und Beschleunigung von Zahlungen: Der Auftraggeber soll dem Auftragnehmer seine Verständnisprobleme mitteilen, damit der Auftragnehmer sich hierauf einlassen und schnellstmöglich reagieren kann.
Kommt der Auftraggeber dieser Obliegenheit nicht oder in nicht ausreichender Weise nach, ist er mit der Einwendung der fehlenden Prüfbarkeit ausgeschlossen. Dies bedeutet aber nicht, dass die fragliche Rechnung als gänzlich anerkannt gilt. Aus der fehlenden Rückmeldung des Auftraggebers folgt nämlich nicht die Richtigkeit der Rechnung. Er kann also beispielsweise weiterhin die Korrektheit der angesetzten Massen anzweifeln. Nur die Berufung auf mangelnde Prüfbarkeit bleibt ausgeschlossen.
Vorbehaltsanmeldung
Die VOB/B kennt mit § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B eine für den Auftragnehmer sehr gefährliche Besonderheit: Nimmt er die unter entsprechender Belehrung erfolgte Schlusszahlung des Auftraggebers vorbehaltlos an, sind Nachforderungen ausgeschlossen. Eine vorbehaltlose Annahme liegt nach § 16 Nr. 3 Abs. 5 VOB/B dann vor, wenn der Auftragnehmer diesen Vorbehalt nicht binnen 24 Werktagen nach Zugang der durch den Auftraggeber versandten Schlusszahlungsmitteilung erklärt und binnen weiterer 24 Werktage nicht entweder eine prüfbare Schlussrechnung vorlegt oder seinen Vorbehalt begründet.
Bis zur Neufassung des Jahres 2006 war umstritten, wann die zweite Frist von 24 Werktagen beginnen sollte. Während die einen meinten, die Frist beginne erst nach Ablauf der ersten Frist zur Vorbehaltserklärung, also nach exakt 24 Werktagen, stellte sich die andere Ansicht auf den Standpunkt, die Frist sei bereits ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Vorbehaltserklärung bei dem Auftraggeber zu berechnen. Dies würde bedeuten, dass im schlechtesten Fall, nämlich wenn der Auftragnehmer den Vorbehalt bereits am Tag der Schlusszahlungsmitteilung erklärt, die Begründungsfrist 25 Werktage nach dem Zugang der Schlusszahlungsmitteilung abgelaufen wäre.
Diesen Streit löst die VOB/B 2006 glücklicherweise zugunsten des Auftragnehmers. Hiernach beginnt die Begründungsfrist stets erst nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Vorbehalts zu laufen. Der Auftragnehmer hat also insgesamt 48 Werktage Zeit, seinen Vorbehalt zu begründen.
Auf eines muss in diesem Zusammenhang hingewiesen werden: Der Bundesgerichtshof hat bereits vor langer Zeit entschieden, dass eine Vorbehaltsbegründung dann nicht mehr erforderlich ist, wenn der Vorbehalt sich auf Forderungen bezieht, die bereits in der vorangegangenen, prüfbaren Schlussrechnung enthalten waren (ständige Rechtsprechung des BGH seit dem Urteil vom 20. 12. 1976 – VII ZR 37/76). Ausschlaggebend ist jedoch, dass dem Auftraggeber bereits eine prüfbare Schlussrechnung vorliegt. Aus Sicherheitsgründen empfiehlt es sich deshalb, grundsätzlich eine entsprechende Begründung nachzuliefern.
Arbeitseinstellung
Nach § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B kann der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Nachfrist zur Zahlung setzen, wenn dieser nach Ablauf der Prüffristen und Eintritt der Fälligkeit nicht zahlt. Erst mit Ablauf dieser Nachfrist befindet sich der Auftraggeber in Zahlungsverzug.
Dieser Verzug ist für den Auftragnehmer von immenser Wichtigkeit. § 16 Nr. 5 Abs. 5 VOB/B bestimmt nämlich, dass er erst nach Fälligkeit der Forderung und Ablauf der genannten Nachfrist seine Arbeiten bis zur Zahlung einstellen kann.
Die bisherigen Fassungen der VOB/B ließen hierbei Raum für Spekulationen. Aus der alten Formulierung, dass der Auftragnehmer seine Arbeiten einstellen dürfe, sobald „eine“ dem Auftraggeber zuvor gesetzte angemessene Nachfrist erfolglos verstrichen war, konnte man schließen, dass es erforderlich war, dem Auftraggeber nach Ablauf der oben beschriebenen, den Verzug auslösenden Frist noch eine weitere Frist zu setzen.
Dass dies nicht der Fall ist, wird durch die neue Fassung der VOB/B klargestellt. Nach dem aktuellen Text kann der Auftragnehmer die Arbeiten einstellen, wenn „die“ Nachfrist abgelaufen ist. Damit bezieht sich die Vorschrift nunmehr zweifelsfrei auf die Nachfrist des § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B. Eine zweite Fristsetzung ist nicht erforderlich.
Zwei Dinge müssen jedoch stets beachtet werden:
Sowohl bei Abschlags- als auch bei Schlussrechnungen ist der Auftraggeber befugt, wegen existierender Mängel das Dreifache der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zurückzuhalten. Würde also beispielsweise mit einer Abschlagsrechnung die Zahlung von 10.000,00 EUR gefordert, lägen aber Mängel mit einem Beseitigungsaufwand von 3.500,00 EUR vor, könnte der Auftraggeber zu Recht die Erbringung von Zahlungen verweigern. Eine etwaige Arbeitseinstellung würde also zu Unrecht erfolgen, was im Ergebnis sogar die Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund zur Folge haben könnte.
Auf der anderen Seite ist jedoch festzuhalten, dass der Auftraggeber im Regelfall auch nicht mehr als das Dreifache der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zurückhalten darf. Wurde in unserem Beispiel also eine Abschlagsrechnung über 20.000,00 EUR gestellt, müsste der Auftraggeber 9.500,00 EUR auszahlen und dürfte 10.500,00 EUR zurückhalten. Weigert er sich, den Betrag von 9.500,00 EUR zu zahlen, können die Arbeiten nach Ablauf der Nachfrist eingestellt werden.
Da die Bewertung der tatsächlich erbrachten Leistungen und die Einschätzung der Höhe der Kosten der Beseitigung von Mängeln häufig schwierig ist, geht der Auftragnehmer stets ein Risiko ein, wenn er seine Arbeiten allein aufgrund nicht gezahlter Rechnungen einstellt. Will er dieses Risiko vermeiden, sollte er frühzeitig die Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB verlangen. Wird diese Sicherheit innerhalb einer angemessenen Frist nicht übergeben, steht dem Auftragnehmer völlig unabhängig von der Höhe seiner Zahlungsforderung oder eventuellen Mängeln ein Recht zur Arbeitseinstellung zu.
Erschienen im Januar 2007 bei Campos – Zeitschrift für den Garten- und Landschaftsbau. Campos im Internet.