Besteht die Besorgnis, dass sich in dem vom Landschaftsbau zu bearbeitenden Baufeld Kampfmittel befinden, steht der Schutz von Leib und Leben natürlich immer an erster Stelle. Wie ist aber damit umzugehen, wenn der Auftraggeber behauptet, der Kampfmittelverdacht sei ausgeräumt und es könne nun zügig angefangen oder weitergearbeitet werden, der Auftragnehmer sich aber nicht sicher ist, ob er sich auf diese Auskunft des Auftraggebers verlassen darf oder muss?
Die ungeliebte Antwort des Juristen lautet: Es kommt darauf an! Falsch verhalten hatte sich jedenfalls der Auftragnehmer in einem vom Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 25. Oktober 2023 (16 U 130/22) entschiedenen Fall. Dieser sollte die Außen-/Freianlagen um eine bereits errichtete Turnhalle eines Schul- und Sportparks herstellen und dort beispielsweise Wege, Stellplätze und Pflanzungen anlegen sowie eine Geländeaufschüttung mit Treppenanlage erstellen – alles also typische Leistungen eines Landschaftsgärtners.
Auftragnehmer bestand auf Musterformular
Der öffentliche Auftraggeber hatte in der Ausschreibung selbst auf einen eventuellen Kampfmittelverdacht hingewiesen. Im Anschluss an die Beauftragung kam es zu umfangreicher Korrespondenz darüber, ob wo und wie dieser Verdacht ordnungsgemäß oder vollständig ausgeräumt worden war. Dazu hatte der Auftraggeber unterschiedlichste Unterlagen und Pläne, beispielsweise auch ein Schreiben seines eigenen Ordnungsamtes, vorgelegt. Dem Auftragnehmer reichte dies alles nicht, und er bestand auf die Verwendung eines bestimmten Musterformulars zur Bestätigung der Kampfmittelfreiheit. Trotz mehrfacher Aufforderung zur Arbeitsaufnahme weigerte er sich, seine Leistungen auszuführen, woraufhin der Auftraggeber das Vertragsverhältnis außerordentlich gekündigt hat.
Mit dem Landgericht Bonn kommt auch das Oberlandesgericht Köln zu dem Ergebnis, dass die auftraggeberseitige Vertragskündigung zu Recht erfolgt ist, weil der Auftragnehmer seine Arbeiten hätte aufnehmen müssen. Dies deshalb, weil der Auftraggeber seiner Pflicht zur Klärung der Kampfmittelfreiheit des Baugeländes nahezu vollständig (nämlich für mindestens 85 % des zu bearbeitenden Bereichs) nachgekommen sei und es dem Auftragnehmer ohne Weiteres und insbesondere gefahrlos zumutbar gewesen wäre, dort schon Leistungen zu erbringen.
Regeln sind ausgearbeitet
Für die Rechtslage in Nordrhein- Westfalen hat das Oberlandesgericht Köln in ausführlicher und lesenswerter Art und Weise detailliert ausgearbeitet, wie und nach welchen Regeln und Maßstäben eine Kampfmittelerkundung im Streitfall zu erfolgen hat und dass es insoweit primär auf die Bewertung und Auskunft des jeweils für die Gefahrenabwehr zuständigen Ordnungsamtes ankommt. Dieses hatte in dem betreffenden Fall für einen großen Teil des Baufeldes die Kampfmittelfreiheit bestätigt.
Die vollständige Arbeitsverweigerung des Auftragnehmers und dessen Beharren auf die Verwendung eines bestimmten Formblatts stellte sich vor diesem Hintergrund auch als Verstoß gegen die bauvertraglichen Kooperationspflichten dar. Auch bei derart gravierenden Problemen wie dem Verdacht auf Kampfmittel ist eine vollständige Leistungsverweigerung und das Beharren auf Formalien für Auftragnehmer regelmäßig eine ganz schlechte Idee. Eine konstruktive, lösungsorientierte Kommunikation und nötigenfalls schon einmal eine zumindest teilweise Leistungsaufnahme sind immer dringend zu empfehlen.
Erschienen im August 2024 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.