Vertrag – Fehlende Unterschrift heißt nicht: Vertrag nicht geschlossen


Auftraggeber sind häufig darauf erpicht, dass sich die eigenen Vertragsbedingungen durchsetzen. Trotzdem zeigt sich immer wieder eine recht seltsame Vorgehensweise: Nicht selten sendet ein Auftraggeber zunächst einen vom ihm noch nicht unterschriebenen Vertragstext mit der Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung zu.

Folgt der Auftragnehmer dieser Bitte, kommt es durchaus häufiger vor, dass der Auftraggeber „vergisst“, die eigene Unterschrift zu leisten und den Vertrag zurückzusenden. Dennoch beginnen bald schon die Bauarbeiten.

Der konkrete Fall
Einen ähnlichen Fall hatte das OLG Dresden mit Urteil vom 02.07.2014 – 1 U 1915/13 – zu entscheiden. Dieses Urteil ist mittlerweile durch den Beschluss des BGH vom 15.06.2016 – VII ZR 177/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) – rechtskräftig. Dort hatte ein Auftragnehmer einem Auftraggeber auf dessen Anfrage hin ein schriftliches Angebot unterbreitet. Der Auftraggeber wollte nun mit dem Auftragnehmer ins Geschäft kommen und ließ seinen Bauleiter auf der Grundlage des Angebotes einen VOB-Vertrag fertigen, den dieser dem Auftragnehmer mit der Bitte um Unterzeichnung zuleitete. Also unterzeichnete der besagte Auftragnehmer den ihm zugesandten Vertrag und schickte ihn an den Auftraggeber, dessen Unterschrift noch fehlte. Eigentlich erwartete der Auftragnehmer, ein gegengezeichnetes Exemplar zurück zu erhalten. Dies geschah jedoch nicht. Dennoch begann der Auftragnehmer schließlich mit der Ausführung seiner Arbeiten und erstellte hierüber im Laufe der Zeit auch mehrere Abschlagsrechnungen, die der Auftraggeber auch bezahlte. Irgendwann jedoch begannen die Streitigkeiten zwischen den Parteien, wobei diese darin gipfelten, dass der Auftraggeber behauptete, ein Bauvertrag sei gar nicht geschlossen worden, da seine Unterschrift fehlte.

Inhalt des Vertrags entscheidend
Nun war sicherlich zu erwarten, dass das Oberlandesgericht Dresden einen Vertragsschluss nicht verneinen würde. Der Auftraggeber hatte den Auftragnehmer schließlich auf das Baugrundstück gelassen, seine Arbeiten nicht verhindert und zudem mehrere Abschlagszahlungen auch tatsächlich geleistet. Echte Zweifel an einem Vertragsschluss konnten daher nicht bestehen, da der Bauvertrag keiner besonderen Form unterliegt und insofern auch durch schlüssiges Handeln abgeschlossen werden kann. Die spannende Frage war aber, welchen Inhalt dieser Vertrag haben sollte. Musste man davon ausgehen, dass tatsächlich lediglich das ursprüngliche Angebot des Auftragnehmers ohne besondere Spezifikationen galt oder wurde sogar der Inhalt des schriftlichen, jedoch nicht gegengezeichneten Vertrages relevant? Das OLG Dresden entschied, dass sowohl das Angebot als auch der auf dieser Grundlage entwickelte Vertrag den Vertragsinhalt kennzeichne. Zwar fehlte die Unterschrift des Auftraggebers unter dem Vertragswerk, jedoch habe dieser spätestens durch die Zahlung der Abschlagsrechnungen zu verstehen gegeben, dass er den Vertrag auf Grundlage der von seinem Bauleiter entwickelten Vertragsunterlagen abschließen wolle. Auch wenn das OLG Dresden hierzu keine vertiefte Begründung abgegeben hat, ist sicherlich zu berücksichtigen, dass das Vertragswerk aus dem Hause des Auftraggebers stammte und dieser den Inhalt kannte oder zumindest hätte kennen müssen, als er die Leistungen des Auftragnehmers annahm.

DEGA-Tipp: Auch wenn ich dieses Urteil als richtig einschätze, darf es kein Freibrief sein. Eine vollständige Rechtssicherheit, was denn nun innerhalb eines Vertrages gelten soll, kann nur dadurch erzielt werden, dass ein von beiden Parteien unterschriebenes Vertragswerk vorliegt. Stehen Sie also vor der Situation, dass Ihr Vertragspartner Ihnen ein von ihm nicht unterschriebenes Vertragswerk zusendet, Sie dieses unterschreiben und ihm zurücksenden, achten Sie bitte darauf, ein gegengezeichnetes Schriftstück zurückzuerhalten. Nur dann ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass besagter Vertrag auch tatsächlich abgeschlossen wurde. Stellen Sie sich in unserem oben genannten Fall nur einmal vor, der Auftragnehmer hätte mit den Leistungen begonnen, ohne dass er hätte nachweisen können, dass der Auftraggeber vom Leistungsbeginn Kenntnis hatte. Wenn dann auch noch die Abschlagsrechnungen nicht bezahlt werden, kann es für den Unternehmer mitunter böse enden. Diese Situation gilt es zu vermeiden.

Bauausführung – Ist ein nicht sichtbarer Mangel dennoch ein Mangel?

Viele Unternehmer scheinen der Ansicht zu sein, dass dann, wenn man „nichts sieht“ ein Mangel dementsprechend auch nicht eingewandt werden könne. Nehmen wir z. B. eine Pflasterfläche, bei welcher gerügt wird, dass das Tragschichtmaterial nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspreche, was über kurz oder lang dazu führe, dass es zu Versackungen oder ähnlichen Erscheinungen komme. Im Termin mit dem Sachverständigen sieht man noch keinen direkten Schaden. So mancher Unternehmer meint nun, er sei fein raus. Ist das wirklich so?
Für die Beurteilung eines Mangels muss man streng zwischen Mangelursache und Mangelsymptom unterscheiden. Das Mangelsymptom ist dabei vor allem ein optisches Signal. Dies zeigt sich insbesondere innerhalb der Mängelbeseitigung: Doktert man allein an dem Mangelsymptom herum, ohne die Mangelursache an sich zu beseitigen, ist der erneute Auftritt des Mangelsymptoms quasi vorprogrammiert. Daher kann es stets nur darum gehen, das Übel an der Wurzel zu packen und von vornherein die Ursache zu beseitigen.

Gerichte bestätigen Urteil
Daraus folgt auch zugleich, dass ein Auftraggeber nicht gehalten ist abzuwarten, bis sich ein Mangelsymptom zeigt. Er kann auch aufgrund eines Umstandes Mängelansprüche geltend machen, bei denen lediglich ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist. In einem Nebensatz hat dies das OLG Koblenz mit Urteil vom 19.10.2015 – 12 U 591/13, zu dem der BGH nunmehr mit Beschluss vom 15.06.2016 – VII ZR 266/16 die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat, festgestellt. Tatsächlich entspricht dieses Urteil der zutreffenden und gängigen Rechtsansicht verschiedener Oberlandesgerichte, auch wenn in dem Fall des OLG Koblenz der Anspruch schlussendlich abgewiesen wurde, da es an der Wahrscheinlichkeit eines weiteren Schadenseintritts fehlte. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 29.11.2013 – 13 U 80/12 bereits festgestellt, dass es ausreiche, wenn eine Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs bestehe. Der Auftraggeber müsse den Schadenseintritt nicht abwarten. Auch dieses Urteil ist durch den Beschluss des BGH vom 26.03.2015 – VII ZR 15/14 rechtskräftig. Auch das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 04.10.2011 – 10 U 264/07 ausgesprochen, dass ein Auftraggeber bereits dann Mängelansprüche bezüglich einer fehlerhaft ausgeführten Kellerabdichtung geltend machen könne, wenn der Keller trocken sei, die Abdichtung jedoch tatsächlich vertragswidrig erstellt wurde.

DEGA-Tipp: Die Urteile sind noch aus einem anderen Aspekt interessant: Nicht selten teilen mir Unternehmen mit, dass beispielsweise eine vertraglich vereinbarte Drainage zwar nicht ordnungsgemäß hergestellt worden sei, dies aber ohnehin keine Bedeutung habe, da der Boden derartig durchlässig sei, dass die Drainage von vornherein gar nicht nötig gewesen wäre. Sie wäre quasi nur der Gürtel trotz vorhandener Hosenträger. Dies ist jedoch egal: Wurde eine Drainage vertraglich vereinbart, ist sie den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend zu erstellen. Geschieht das nicht, liegt allein hierin bereits der Mangel, was zu Mängelansprüchen des Auftraggebers führt.

Verstehe Deinen Anwalt: Der Freiberufler

Alle Menschen sind gefangen. Alle Menschen? Nein, ein kleiner Stamm wackerer Kämpfer ist frei – so frei wie der Wind! Es ist: Der Freiberufler. Nun könnte man darauf abzielen, dass der Freiberufler nur deswegen so heißt, weil er unabhängige Dienstleistungen erbringt. Das wäre aber zu kurz gesprungen. Schon im alten Rom gab es „freie Bürger“, warum also nicht auch einen freien Berufsstand? Uns Rechtsanwälte oder auch Ärzte, Steuerberater, etc. – also eigentlich mehr Götter als Bürger – als anerkannte Freiberufler im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommenssteuergesetz nur auf schnöde Definitionen zu reduzieren, wird dem Ideal der Freiheit nicht gerecht. Und das sind wir: Frei! Neben uns steht nur noch eine andere, ebenfalls der Freiheit verpflichtete Berufsgruppe, die vielen von uns Freiberuflern – das kann man wohl ohne Übertreibung sagen – im Geiste nahe steht und die in der heutigen Zeit viel zu wenig gewürdigt wird: Der Freibeuter!

Erschienen im Oktober 2016 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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