Ab wann verjährt der Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung?


1. Die Verjährung des Anspruchs auf Stellung einer Sicherheit nach § 650f BGB beginnt mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
2. Der Anspruch entsteht erst mit dem Verlangen der Sicherheit und nicht bereits mit Abschluss des Bauvertrags.

OLG Köln, Urteil vom 17.06.2020 – 11 U 186/19 (nicht rechtskräftig), Volltext: IBRRS 2020, 1775
BGB a.F. § 648a; BGB § 650f

Problem/Sachverhalt
Der Auftragnehmer (AN) wird im Jahr 2013 mit Rohbauarbeiten für ein Mehrfamilienhaus beauftragt. Der strittige Zeitpunkt des Abschlusses der Arbeiten liegt nach Vortrag des AN im Frühjahr 2013 und die Abnahme spätestens im Mai 2014. Am 28.07.2014 stellt der AN seine Schlussrechnung. Die sich hieraus ergebende Forderung klagt er im Jahr 2015 ein. Dieses Verfahren dauert an. Am 27.09.2018 fordert der AN den Auftraggeber (AG) zur Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB a.F. auf. Als diese nicht gestellt wird, klagt der AN. Das LG Köln (IBR 2019, 608) weist die Klage wegen Verjährung ab.

Entscheidung
Anders das OLG Köln im Berufungsverfahren. Dieses stellt zunächst fest, dass insoweit zwischen dem aktuell gültigen § 650f BGB und § 648a BGB in der auf den vorliegenden Vertrag anwendbaren Fassung keine Unterschiede bestehen und dass lediglich nach einer Mindermeinung (Schmitz, in Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 04.05.2020, § 650f RN 44f) der Anspruch auf Gewährung einer Bausicherheit bereits mit Abschluss des Bauvertrages fällig wird und daher auch die Verjährung zu laufen beginnt, weil der Anspruch ab diesem Zeitpunkt geltend gemacht und eingeklagt werden kann, während die heute herrschende Meinung (z.B. OLG Hamm, IBR 2016, 216; LG München I, Urteil vom 04.03.2016 – 2 O 8641/14) in § 650f BGB einen sog. verhaltenen Anspruch sieht, der zwar jederzeit, aber nur auf Verlangen des Berechtigten (also des Unternehmers) zu erfüllen ist, so dass die Verjährungsfrist erst mit dem Sicherungsverlangen zu laufen beginnt. Nach der Rechtsprechung des BGH (z.B. Urteil vom 03.11.2011 – III ZR 105/11, IBRRS 2011, 4672) sind auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung verhaltene Ansprüche möglich. Der Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung als Voraussetzung für den Beginn der Verjährung wird erst mit deren Anforderung fällig, weil der Besteller die Sicherheit nicht ohne eine entsprechende Aufforderung sofort erbringen darf. Anderenfalls könnte der Besteller dem Unternehmer eine von diesem nicht veranlasste Kostenlast aufdrängen. Dem Argument der Mindermeinung, es sei dem Unternehmer zumutbar, sich innerhalb von drei Jahren darüber klar zu werden, ob er die Sicherheit fordern wolle, steht entgegen, dass es häufig komplexe und langwierige Bauvorhaben gibt, bei denen sich erst zu einem späteren Zeitpunkt die Notwendigkeit einer Bausicherheit herausstellt. Eine frühzeitige, nur aus Verjährungsgründen geltend gemachte Sicherheitsforderung würde darüber hinaus auch unnötige Kosten verursachen (§ 650f Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Annahme eines verhaltenen Anspruchs dient demgegenüber dem schutzwürdigen Interesse beider Parteien, denn nur auf diese Weise werden das auf Kooperation ausgerichtete Miteinander der Vertragsparteien nicht gefährdet und die Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage, wann der Sicherungsanspruch für eventuelle Zusatzaufträge entstehen würde, vermieden bzw. erheblich reduziert.

Praxishinweis
Die sorgfältige und ausführliche Begründung des OLG Köln überzeugt. Dennoch hat es wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Verjährung eines Anspruchs auf eine Bauhandwerkersicherung die Revision zum BGH zugelassen, der bisher noch keine Gelegenheit hatte, sich hierzu zu äußern.

Erschienen im August 2020 bei IBR 08/2020. IBR im Internet.

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