Bauzeit – Vertragsklauseln I


Es dürfte niemanden verwundern, dass auch im extrem praxisrelevanten und wirtschaftlich mit gravierenden Folgen verbundenen Bereich der Bauzeit vertragliche Regelungen angestrebt werden,

welche die Rechte und Pflichten der am Bau Beteiligten konkretisieren bzw. ausweiten oder einengen sollen. Regelmäßig geschieht dies in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Da nach unserer Erfahrung diese Geschäftsbedingungen fast ausschließlich von der Auftraggeberseite gestellt werden, werden wir uns nachfolgend auch nur mit solchen Vertragsklauseln beschäftigen. Falls Sie im Einzelfall in der Lage sein sollten, den Inhalt der Verträge insoweit vorgeben und bestimmen zu können, können wir Ihnen nur dringend dazu raten, hierfür die Hilfe eines spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen. Angesichts der diffizilen Rechtslage ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich anderenfalls mit derartigen Vertragsklauseln nur selbst schaden, nämlich sehr hoch.

Ebenfalls einleitend möchten wir darauf hinweisen, dass eine Vielzahl der auftraggeberseitig verwendeten Klauseln zur Bauzeit unwirksam sind. Immer dann, wenn mit solchen Klauseln die gesetzlich oder nach der VOB/B vorgegebene Risikoverteilung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber deutlich zulasten des Auftragnehmers verschoben wird, ist eine Unwirksamkeit schon indiziert. Allerdings bleibt eine Überprüfung im Einzelfall leider unausweichlich.

Gestaltung der Bauzeit

Üblicherweise werden der Beginn der Bauausführung und der angestrebte Fertigstellungstermin vertraglich (mehr oder weniger konkret) festgelegt. Was gilt, wenn dies ausnahmsweise nicht erfolgt, hatten wir in den Ausgaben 3 und 4/2011 dargestellt.

Auftraggeber versuchen häufig, sich über entsprechende Vertragsklauseln das Recht einzuräumen, die eigentlich vereinbarten Termine einseitig zu verschieben oder dann, wenn solche Termine noch nicht fest stehen, die Fristen zum Abruf der Bauleistungen und deren Beendigung einseitig (und natürlich besonders knapp) vorzugeben. Solche Klauseln können wie folgt lauten: „Soweit im Bauvertrag die Ausführungsfristen noch nicht festgelegt werden, ist der Auftraggeber berechtigt, diese einseitig verbindlich festzulegen.“ „Ist eine Vereinbarung über Zwischenfristen nicht erfolgt, so gelten die dem Auftragnehmer später bekannt gegebenen Fristen als Vertragsfristen, soweit ihnen der Auftragnehmer nicht binnen 12 Werktagen widerspricht.“ „Wird vom Auftraggeber für die Baustelle ein Terminplan aufgestellt, welchem die Terminvereinbarung oder der Bauzeitenplan zu Grunde liegt, dann wird dieser Terminplan vom Auftragnehmer in seiner jetzigen sowie in seiner fortgeschrittenen Form auch zu einem späteren Zeitpunkt als bindend anerkannt.“ „Die Leistung ist fertig zu stellen nach Vorgabe des Bauherrn. Der Auftraggeber behält sich vor, im Auftragsschreiben den Beginn und das Ende der Ausführungsfrist und etwaige Einzelfristen datumsmäßig festzulegen.“

Sämtliche solcher Klauseln sind unwirksam, da sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen. Diesem muss stets die Möglichkeit eingeräumt bleiben, seine Arbeiten innerhalb einer angemessenen bzw. einvernehmlich vereinbarten Frist aufzunehmen und fertig stellen zu können. Klauseln, welche dem Auftraggeber die Möglichkeit einräumen, diese Fristen einseitig und ohne Berücksichtigung der Interessen des Auftragnehmers zu ändern, sind deshalb unwirksam.

Aus diesen Gründen sind auch Vertragsklauseln, welche die Abruffrist des § 5 Abs. Abs. 2 VOB/B spürbar verkürzen oder in das grundsätzlich bestehende, freie Dispositionsrecht des Auftraggebers, wie er seine Baustelle besetzt und organisiert, eingreifen, in der Regel unzulässig. Individualvertraglich kann hierzu natürlich etwas anderes geregelt werden.

Risikoverlagerungsklauseln

Manche Risiken der Verzögerung der Bauausführung liegen beim Auftragnehmer, andere in der Risikosphäre des Auftraggebers. Es gibt Vertragsklauseln, in welchen dieses Risiko verschoben werden soll.

Beispielsweise soll den Auftragnehmer dann, wenn eine (möglicherweise gar nicht aus seinem eigenen Verantwortungsbereich stammende) Überschreitung der Vertragsfristen droht, die Pflicht treffen, Material, Geräte und Personal zu verstärken, ohne hierfür eine gesonderte Vergütung verlangen zu können. Teilweise wird verlangt, der Auftragnehmer sei verpflichtet, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um den vorgesehenen Termin für seine Leistungen trotz eventueller Bauzeitverzögerungen einzuhalten.

Sind solche Vertragsklauseln derart allgemein formuliert, dass die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen den Auftragnehmer auch treffen, wenn die Bauzeitverzögerung aus der Verantwortungssphäre des Auftraggebers stammt, dann sind sie unwirksam.

In diesem Zusammenhang steht auch der Versuch, die bestehenden Grenzen der Schadensersatzpflichten des Auftragnehmers auszuweiten. Die Klausel „Hält der Auftragnehmer die vereinbarten Fristen nicht ein, so hat er dem Auftraggeber alle hieraus entstehenden Schäden zu bezahlen.“ kann deshalb nicht wirksam sein, weil der Auftragnehmer hiernach für sämtliche Verzögerungsschäden einzutreten hat, selbst wenn die Verzögerung gar nicht aus seinem, sondern eventuell sogar aus dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers stammt.

Verzögerungen des Auftragnehmers

Häufig wird versucht, die ohnehin bereits relativ strenge Haftung des Auftragnehmers für Verzögerungen aus seinem Einflussbereich noch mehr auszuweiten.

Bei fest vereinbarten Terminen zeigt sich die strenge Haftung des Auftragnehmers. Fest vereinbarte Termine liegen übrigens nicht nur dann vor, wenn ein konkreter Termin der Fertigstellung benannt wird sondern auch dann, wenn dieser sich berechnen lässt. Beispielsweise heißt es dann , „Der Auftragnehmer garantiert die Einhaltung der Termine.“ oder „Die Arbeiten sind (beispielsweise) drei Wochen nach Abruf fertig zu stellen. Bei Überschreitung dieses Termins gerät die Auftragnehmer ohne Mahnung in Verzug“.

Während dem Auftragnehmer nach der Gesetzeslage dann, wenn kein verbindlicher Fertigstellungstermin beispielsweise datumsmäßig festgelegt ist oder dieser Termin sich durch eine bauseitige Bauzeitverzögerung verschoben hat, zur Warnung vor den drohenden Verzugsfolgen durch den Auftraggeber noch eine Frist gesetzt werden muss, bevor diese eintretenein Verzug des Auftragenhmers erst durch eine Mahnung eintreten kann, würden solche Klauseln zu einer sofortigen Haftung führen, was schlichtweg an der konkreten Bestimmung eines Fertigstellungstermins liegt (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB). Eine Unwirksamkeit solcher Klauseln wird nach diesseitiger Bewertung nur dann vorliegen, wenn es sich bei der Frist um eine solche handelt, die ersichtlich nicht angemessen ist oder dem Auftragnehmer die Verantwortung für von ihm nicht zu vertretende Hierin liegt erneut eine erhebliche Benachteiligung des Auftragnehmers, weshalb solche Klauseln unwirksam sind.Verzögerungen auferlegt.

Auch wenn schlechtes Wetter nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B nur in Ausnahmefällen einen Anspruch des Auftragnehmers auf Bauzeitverlängerung auslösen kann, wird versucht, dieses ohnehin bereits nur äußerst selten bestehende Recht weiter einzuschränken. Man findet hierzu Klauseln wie „Schlechtwettertage beeinflussen den Fertigstellungstermin nicht.“ oder „Terminverlängerungen wegen Witterungseinflüssen oder sonstigen Behinderungen, Material- oder Arbeitskräftemangel, usw., sind ausgeschlossen.“

Da solche Klauseln auch extrem außergewöhnliche Witterungsereignisse, mit denen der Auftragnehmer bei Abschluss des Bauvertrages beim besten Willen nicht rechnen konnte oder musste, umfassen und in die Risikosphäre des Auftragnehmers gestellt werden, werden sie einhellig als unwirksam qualifiziert.

Kündigung des Auftraggebers

Wie wir in der Ausgabe 6/2011 festgestellt hatten, ist der Auftraggeber unter gewissen Umständen im Falle einer Bauzeitverzögerung dazu berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen.

Die relativ engen Voraussetzungen, welche an eine solche Kündigung zu stellen sind, werden im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen häufig erheblich ausgeweitet.

Mit der Klausel „Der Hauptunternehmer ist jederzeit berechtigt, vom Vertrag mit dem Nachunternehmer zurückzutreten, wenn die Arbeiten durch höhere Gewalt oder vom Auftraggeber des Hauptunternehmers eingestellt, gar nicht oder nur teilweise ausgeführt werden.“, räumt sich der Hauptunternehmer (= Auftraggeber) letztlich das Recht ein, bei jeglicher Unterbrechung oder dauerhaften Einstellung des Bauvorhabens den Vertrag einseitig kündigen zu dürfen. Dies wäre als so genannte freie Kündigung wirksam und zulässig; in Verbindung mit der üblicherweise erfolgenden Einschränkung der Rechte des Auftragnehmers nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B, § 649 BGB jedoch nicht.

Schon etwas schwieriger zu bewerten ist folgende Klausel: „Bei nicht vertragsgemäßem Beginn oder Fortgang der Arbeiten des Nachunternehmers kann der Hauptunternehmer den Vertrag nach einmaliger schriftlicher Mahnung kündigen und auf Kosten des Nachunternehmers ausführen lassen.“ Bei genauer Betrachtung stellt man fest, dass der Hauptunternehmer (= Auftraggeber) sein Recht zur außerordentlichen Kündigung nach dieser Klausel auch dann ausüben kann, wenn die Bauzeitverzögerung überhaupt nicht aus der Risikosphäre des Auftragnehmers stammt und/oder von diesem auch nicht verschuldet wurde. Hierin liegt eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers, welche zur Unwirksamkeit der Klausel führt.

Ein weiteres Beispiel: „Falls die übernommenen Leistungen und Lieferungen unterbrochen oder verzögert werden, sei es durch finanzielle Schwierigkeiten oder durch Schwierigkeiten bei der Beschaffung benötigter Materialien, durch Nachlässigkeit oder aus sonstigen vom Auftragnehmer zu vertretenden Gründen, ist der Auftraggeber berechtigt, dem Auftragnehmer den Auftrag zu entziehen.“ Auf den ersten Blick scheint die dortige Regelung gar nicht so unfair zu sein, denn das Kündigungsrecht des Auftraggebers knüpft hier an tatsächlich in der Risikosphäre oder sogar im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers liegende Probleme an. Bei einem Vergleich mit der Gesetzeslage und der VOB/B ist jedoch festzustellen, dass das Kündigungsrecht des Auftragnehmers nicht von einer vorherigen Abmahnung/Fristsetzung abhängig gemacht wird. Diese scheint aber als warnende Voraussetzung für die gravierende Sanktion der Vertragskündigung als zwingend notwendig. Erneut muss von einer Unwirksamkeit der Klausel ausgegangen werden.

Erschienen im Februar 2012 bei der DEGA Galabau, Das Magazin für den Garten- und Landschaftsbau. DEGA Galabau im Internet.

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